Schmerzlos: Thriller (German Edition)
sorgfältigen Planung, denn er hatte das Ende gesehen, in seiner Traumvision.
Und er dachte an Feuer.
Meine Mutter setzte sich neben mich an den Küchentisch. Ihr Gesicht mit den grünen Iris, die immer noch so strahlten wie früher, wirkte besorgt.
»Erinnerst du dich noch an die Exkursion in den Renegade Canyon, die du damals mit deiner Klasse gemacht hast? Es muss irgendwas damit zu tun haben«, sagte sie.
»Die Explosion.«
Wieder hatte ich den grellen Blitz vor Augen, spürte das Vibrieren in der Luft, beobachtete, wie die Gebäude aus Betonblöcken in Flammen aufgingen. Sah, wie der Jeep den Hügel hochraste, auf der Jagd nach mir und den anderen.
»Man hat uns Eltern nie darüber aufgeklärt. Aber ich würde meinen letzten Cent drauf verwetten, dass das South Star war.«
»Was ist passiert?«
»Ein Unfall? Ein Experiment, das schiefgelaufen ist?« Sie zuckte mit den Achseln. »Ich weiß nur, dass man euch fürchterlich behandelt hat.«
Noch jetzt konnte ich die Rotoren des Navy-Hubschraubers hören, deren dumpfes Dröhnen von den Wänden des Canyons widerhallte. Der Abwind fegte den Sand in alle Richtungen davon. Valerie saß auf dem Boden und hielt sich ihre blutende Nase. Sie war vor Schreck sprachlos. Ich auch. Miss Shepard kam angerannt, um nach ihr zu sehen.
Der Soldat stürmte auf mich zu.
Er roch nach Staub und Maschinenöl. Der dunkle Lauf seiner Waffe jagte mir einen Riesenschrecken ein. Er zerrte mich am Ellbogen in den Bus. Meine Klassenkameraden starrten mich verwirrt und verängstigt an.
Zornig fauchte der Soldat dem Fahrer zu: »Los!«
Mit einem Zischen schloss sich die Tür, und wir rumpelten auf der unbefestigten Straße zum Highway zurück. Niemand sagte was. Der Soldat stand neben dem Fahrer und schaukelte hin und her, während sich der Bus seinen Weg über den steinigen Boden suchte.
Jeeps und ein Transporter rasten in der Gegenrichtung an uns vorbei und bremsten neben dem Hubschrauber. Die hintere Tür des Transporters flog auf, Leute sprangen heraus.
»Die trugen ABC-Schutzanzüge«, sagte ich.
Olivgrün, mit Kapuzen und Gesichtsmasken. Der Pilotin des Hubschraubers reichten sie eine Gasmaske. Die medizinische Ausrüstung war in großen Koffern verstaut, wie bei Rettungssanitätern. Einer von ihnen kletterte auf die Ladefläche des Hubschraubers und machte sich an die Arbeit. Der Hubschrauber war dafür gedacht, Verletzte zu transportieren.
Meine Mutter sah wütend aus. »Später haben wir rausgefunden, dass sie den Schulbus außer Betrieb genommen haben. Die Navy hat ihn gekauft und irgendwo auf dem Stützpunkt verbrannt.«
Meine Stimme klang heiser. »Und was war mit uns?«
»Sie haben alle in die Sporthalle zum Duschen geschickt. Alle Kinder mussten sich waschen und ihre Sportsachen anziehen. Die Straßenkleidung haben sie einkassiert und in die Reinigung auf dem Stützpunkt gegeben.«
»Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern.«
»Weil sie dich nicht bei den anderen gelassen haben.«
Ich nickte. »Ich musste auf Dad warten. Sie haben mich in einen kleinen Raum in der Sporthalle gebracht … ich glaube, es war der Geräteraum.«
»Euch vier haben sie einzeln befragt.« Ihre Wangen glühten. »Weißt du, was mich daran schon immer am meisten in Rage versetzt hat? Sie haben euch dreizehnjährige Kinder, die nur ein bisschen herumgealbert hatten, für ein Verhör von ihrer Klasse getrennt. Und mich haben sie nicht zu dir gelassen. Du warst weiß Gott was ausgesetzt, und sie haben deine Mutter daran gehindert, dir beizustehen. Diese verdammten Arschlöcher!«
Mir stockte der Atem. Meine Mutter fluchte nie.
»Diese Scheißkerle. Ich will gar nicht dran denken, wie du dich damals gefühlt hast.«
»Mom, damals dachte ich, das würde alles nur passieren, weil ich Valerie geschlagen hatte.«
»Oh Evan, nein.«
Der Geräteraum war heiß und schmuddelig, ein klaustrophobischer Ort voller Regale, in denen die Sportgeräte aufbewahrt wurden. Auf meinem Gesicht und an meinen Knöcheln klebte getrocknetes Blut. Es war stickig hier drin, und ich hatte den Eindruck, als müsste ich schneller atmen, um genügend Sauerstoff zu kriegen.
Ich wusste, dass jeden Moment die Polizei kommen würde. Sie würden mich verhaften, weil ich Valerie geschlagen hatte. Sie würden eine Gegenüberstellung machen, und Valerie würde mit dem Finger auf mich zeigen. Sie würde weinen und ihnen sagen, dass ich danach nicht mal traurig ausgesehen hätte.
Und wenn sie mich in die
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