Schmerzlos: Thriller (German Edition)
Mom.«
»Denk bloß mal drüber nach. Warum braucht man für ein Forschungsprojekt, bei dem es um Treibstoff geht, deine Krankenblätter? Sie hat doch gelogen wie gedruckt.«
Sie ging zur Spüle. »Und du sagst, Phil hat sich damals mit ihr gestritten?«
»Ja. Warum?«
»Er hat rauszufinden versucht, was im Renegade Canyon passiert ist, doch dann ist er zurückgekommen und hat gesagt, das sei alles geheim. Swayze sei außerhalb seiner Reichweite, weil ihre Arbeitsgruppe gar nicht zur Navy gehörte. Er hatte keinerlei Zugang zu den Informationen.«
»Hatte er denn nicht Kontakte zu allen Labors auf dem Stützpunkt? Hätte er denn nicht …?«
»Swayze hat streng geheime Forschungsprojekte durchgeführt.« Ihre Stimme wurde schärfer. »Sie stand außerhalb der Befehlskette. Phil steckte in einer Sackgasse.«
Wir steuerten schnurstracks auf einen alten Konflikt zu. Ich spürte, wie sich mein Magen verkrampfte.
»Und du hast ihm geglaubt, stimmt’s?«
»Natürlich habe ich ihm geglaubt. Es ging schließlich um dich. Aber ich …«
Sie drehte mir den Rücken zu und starrte aus dem Küchenfenster. »Ich wollte, dass er weiterfragte. Und er war der Meinung, dass das nicht ging.«
»Du dachtest, er hätte Zugang zu Informationen über ihr Projekt, weil er …«
Ich musste an Tommy Changs Andeutungen denken. An Jax Riveras versteckte Hinweise. An Jesses Witze über Doppelleben. Ich knirschte innerlich mit den Zähnen. Jesse Blackburn, musst du denn jedes Mal recht haben?«
»War Dad bei irgendeinem Geheimdienst?«
»Wahrscheinlich.«
Ein paar Sekunden lang lehnte sie sich gegen die Spüle.
»Wenn er heimkam, hat er das Kleingeld aus seinen Taschen immer in eine Schale auf der Kommode im Schlafzimmer geworfen. Eines Tages habe ich türkische Münzen darunter gefunden.« Sie sah nachdenklich aus. »Mir hatte er gesagt, dass er einen Termin in Washington, D.C. hätte.«
»Oh.«
»Und in seinem Schreibtisch hatte er einen kanadischen Reisepass. In einer abgeschlossenen Schublade.«
Aus irgendeinem Grund berührte mich das nicht sonderlich. Ich griff nach meinem Glas, aber es war leer. Ich stand auf und ging zum Kühlschrank, um mir Eistee nachzuschenken.
»Er hat es dir nie erzählt?«, fragte ich.
»Nein. Und ich habe ihn nie gefragt. Er war und ist bei NAVAIR, und wenn er tatsächlich für einen Geheimdienst gearbeitet hat, hatte es mit Sicherheit etwas damit zu tun.«
Plötzlich wurde ich traurig. Es war nicht schön, von dieser Mauer in ihrer Ehe zu erfahren.
»Mehr haben wir über South Star nicht in Erfahrung bringen können. Wir Eltern, meine ich. Wir haben Druck ausgeübt, wann und wo immer das möglich war. Bei der Navy. Bei jedem neuen Arzt in der Stadt. Vor allem bei Dr. Cantwell – kannst du dich noch an ihn erinnern?«
»Dr. C? Aber ja. Ich hab ihn beim Klassentreffen getroffen.«
Sie nickte und warf mir einen schwer zu deutenden Blick zu. In der Küche war es still. Die Postkarten um uns herum lächelten und winkten uns zu. Ich spürte, wie sich etwas regte, als würde ein Raubtier aus dem Winterschlaf erwachen.
»Kelly Colfax und Ceci Lezak waren auch bei der Exkursion dabei, oder?«, fragte ich schließlich.
»Ja.« Jetzt war mir klar, warum sie mich so merkwürdig gemustert hatte.
Ich holte meinen Rucksack und zog die Klassentreffen-Zeitung heraus. Dann schlug ich die Seite mit den Nachrufen auf.
»Sag mir, wer noch dabei war.«
Das Licht draußen änderte sich. Der heiße Tag ging in einen warmen Abend über. Sie blätterte in der Zeitung und sah sich die Fotos meiner toten Klassenkameraden an.
Ihr Finger zeigte auf einen Namen. »Teddy Horowitz.«
Flugzeugunfall an Bord der USS Nimitz.
Sie schlug die nächste Seite auf. Shannon Gruber. Lungenentzündung nach schwerer Krankheit. Meine Mutter schüttelte den Kopf.
»Brustkrebs lag bei ihnen in der Familie.«
Sie blätterte wieder um. »Linda Garcia.«
Ich legte meine Hand auf die Seite. »Schwere Krankheit. Was soll das heißen?«
»Ich weiß es nicht.«
Ich versuchte, mich an Linda zu erinnern. Eine Flut von braunen Haaren, dickes Make-up, breite Hüften. Das Sonnenlicht, das durch das Fenster hereinströmte, fühlte sich sonderbar kalt an. Meine Mutter blätterte weiter.
Wir hatten das Foto von Sharlayne Jackson vor uns.
»Sie war auch dabei«, murmelte ich. »Daran kann ich mich noch ganz genau erinnern.«
Komplikationen bei der Entbindung.
Meine Mutter schüttelte den Kopf. »So viele Tragödien. Aber sie hängen
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