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Schmetterlinge im Gepaeck

Schmetterlinge im Gepaeck

Titel: Schmetterlinge im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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Meine Vorhänge sind dick und darauf muss ich jetzt vertrauen. Ich hole tief Luft und mache einen Schritt vom Fenster weg, stolpere aber über mein Projekt und zerreiße ein Schnittmuster. Ich fluche. Von nebenan schallt Gelächter herüber und für einen panischen Moment denke ich, sie haben meine ungeschickte Bewegung mitbekommen. Aber das ist nur mein Verfolgungswahn. Worüber auch immer sie gelacht haben, es hat nichts mit mir zu tun. Es ärgert mich, dass sie mir immer noch so zu schaffen machen können.
    Ich weiß, was ich jetzt brauche. Ich rufe ihn an und er geht kurz vor der Mailbox ran.
    Â» HEY «, sagt Max.
    Â»Hi! Wie läuft’s heute Abend? Wann seid ihr dran?« Es ist laut in dem Club und ich kann seine Antwort nicht verstehen. »Was?«
    Â» [RAUSCH RAUSCH] NACH ELF [RAUSCH]. «
    Â»Oh. Okay.« Sonst fällt mir nichts ein. »Ich vermisse dich.«
    Â» [RAUSCH RAUSCH RAUSCH. RAUSCH.] «
    Â»Was? Tut mir leid, ich kann dich nicht verstehen!«
    Â» [RAUSCH RAUSCH] SCHLECHTER ZEITPUNKT [RAUSCH]. «
    Ich nehme an, er will mir sagen, dass er jetzt auflegen muss. »Okay! Wir sehen uns morgen! Bye!« Ein Klicken am anderen Ende der Leitung und er ist weg. Ich hätte ihm lieber eine SMS schreiben sollen. Aber jetzt nicht mehr, denn ich will ihn nicht stören. Er redet nicht gern vor einem Auftritt.
    Nach dem Anruf fühle ich mich eher geschwächt als getröstet. Nebenan wird immer noch gelacht, und ich widerstehe dem Drang, meine Schneiderschere an Crickets Fenster zu werfen, damit sie aufhören. Mein Handy klingelt und ich gehe erwartungsvoll ran. »Max!«
    Â»Du musst Nathan sagen, dass er mich abholen soll.«
    Nicht Max.
    Â»Wo bist du?« Ich eile bereits ins Wohnzimmer hinunter. Nathan hängt mit halb geschlossenen Augen vor dem Fernseher und guckt mit Heavens to Betsy die Antiques Roadshow . »Warum kannst du ihm das nicht selber sagen?«
    Â»Weil er sauer sein wird, und das kann ich im Moment nicht gebrauchen.« Die Stimme klingt gereizt und erschöpft.
    Ich bleibe wie angewurzelt stehen. »Nicht schon wieder.«
    Â»Der Vermieter hat mein Schloss ausgetauscht, deshalb musste ich in meine Wohnung einbrechen. In meine eigene Wohnung. Sie sprechen von einem Vorfall.«
    Â»Vorfall?«, frage ich und Dads Augen öffnen sich schlagartig. Ich halte ihm angewidert mein Handy hin, ohne eine Antwort abzuwarten. »Du musst Norah gegen Kaution rausholen.«
    Nathan nimmt fluchend das Handy entgegen. »Wo bist du? Was ist passiert?« Er zieht ihr die Antworten aus der Nase, während er seine Autoschlüssel holt und sich die Schuhe überstreift. »Ich nehme dein Handy mit, ja?«, sagt er zu mir. »Sag Andy Bescheid, wo ich bin.« Und damit ist er zur Tür hinaus.
    Das ist nicht das erste Mal, dass uns meine leibliche Mutter von einer Polizeiwache anruft. Norah hat ein dickes Vorstrafenregister, das nur aus dämlichen Vergehen besteht. Zum Beispiel hat sie tiefgekühlte Bio-Enchiladas in einem Supermarkt geklaut oder sich geweigert, Bußgelder der Verkehrbetriebe zu bezahlen. Als ich noch jünger war, wurde sie häufig des Trinkens in der Öffentlichkeit oder ordnungswidrigen Verhaltens beschuldigt. Und eins ist sicher: In dieser Stadt muss man schon ziemlich betrunken sein oder sich grob ordnungswidrig verhalten, um verhaftet zu werden.
    Andy nimmt die Nachricht schweigend auf. Unsere Beziehung zu Norah ist für uns alle hart, aber für ihn vielleicht am härtesten. Sie ist weder seine Schwester noch seine Mutter. Ich weiß, dass sich ein Teil von ihm wünscht, wir könnten ihr ganz den Laufpass geben. Und ein Teil von mir wünscht sich das auch.
    Als ich klein war, fragten mich die Bell-Zwillinge mal, warum ich keine Mama hätte. Ich erzählte ihnen, sie sei die Prinzessin von Pakistan – diesen Namen hatte ich in den Nachrichten gehört und fand ihn hübsch – und habe mich an meine Eltern abgegeben, weil ich ihr heimliches Baby mit dem Palastgärtner sei, und ihr Mann, der böse Prinz, würde uns umbringen, wenn er von meiner Existenz erführe.
    Â»Dann bist du also eine Prinzessin?«, fragte Calliope.
    Â»Nein. Meine Mom ist eine Prinzessin.«
    Â»Das bedeutet, dass du auch eine Prinzessin bist«, sagte Cricket ehrfürchtig.
    Calliope kniff die Augen zusammen. »Sie ist keine Prinzessin. Es gibt keine bösen Prinzen oder

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