Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
Zeit mit einem anderen verbrachte. Hieß es nicht so in den alten Geschichten, dass wer die Feenwelt betrat, sie nie mehr vergessen konnte und sich sein Leben lang danach verzehren müsse? Nein, das würde ihr nicht passieren. Sie war ein aufgeklärter Mensch, sie ließ sich nicht beeindrucken von Vorgaben und eingefahrenen Mechanismen, die absolut keinen Sinn machten. Nur weil etwas „eben so war“ und das „schon immer so gemacht wurde“, musste es noch lange nicht sinnvoll oder gut sein. Das weckte ihren Kämpfergeist, und sie entschied für sich, dass sie dieser Melancholie nicht zum Opfer fallen würde. Sie würde sich gern daran erinnern, aber vorbei war vorbei. Mit diesem Gedanken schlief sie endlich ein.
Kapitel 14: Ring of Kerry
Natürlich war Ethan pünktlich, und er schien sich auch sehr zu freuen, sie zu sehen, doch Sabrìanna ertappte sich dabei, dass sie nicht so begeistert war, sich nicht so motiviert fühlte, wie sie es erwartet hatte. Trotz aller Entschiedenheit vom Abend zuvor, ein Rest schlechtes Gewissen schlummerte noch in ihr und wollte sich nicht verdrängen lassen. Es war sonnig, sein Cabrio kam ihnen also zugute, doch er versicherte ihr vorsorglich, man könne das Dach sehr schnell schließen, wenn nötig auch während der Fahrt. Immer sinnvoll, wenn man die plötzlichen Wetterumschwünge in ihrer Heimat bedachte. Sie stieg ein und lächelte, als sie bemerkte, dass bei ihm der gleiche Radiosender lief, den sie in ihrem Auto auch eingestellt hatte. Er war wirklich ziemlich perfekt. Sogar fast zu sehr. Zu gut, um wahr zu sein, hatte sie das nicht schon einmal befürchtet? Jetzt musste sie sich eingestehen, dass er ein absolut toller Mann war, und doch... und doch fehlte ihm etwas. Was, das konnte sie absolut nicht sagen. Wusste es selbst nicht. Aber so wohl sie sich in seiner Gegenwart fühlte, so gern sie seine Musik mochte, sie hatte irgendwie das Gefühl, dass es nicht vollständig war, eben irgendwas fehlte. Nachdenklich schüttelte sie den Kopf und versuchte damit das Gefühl abzuschütteln, lächelte Ethan extra freundlich an, wie um sich zu entschuldigen, dass sie ihn so stiefmütterlich behandelte. Da der ihre Gedanken ja nicht kannte, überraschte ihn das Lächeln ein wenig, er gab es aber ebenso zurück. Wieder kam ihr in den Sinn, wie gutaussehend er war, besonders wenn er sie so anschaute, wenn er lächelte und die Sonne sein Haar geradezu aufleuchten ließ. Er trug ein lindgrünes Hemd heute, die ersten drei Knöpfe offen, und man konnte sehen, dass er sehr viel Sonne abbekam, oder zumindest leicht bräunte. Sie war anders, bei ihr bestand rasch die Gefahr von Sonnenbrand, und sie wurde statt braun normalerweise rot – und dann direkt wieder blass. Dafür explodierten in ihrem Gesicht durch Sonneneinstrahlung die Sommersprossen, was ihr jedoch gut gefiel. Danika hatte ihr schon ein paar Mal geraten, diese zu überschminken oder etwas Permanentes dagegen zu unternehmen, aber sie sah keinen Grund dafür, sie mochte sie genau so, wie sie waren.
„Man sieht geradezu, wie die Sonne sie herauskitzelt!“ schmunzelte Ethan, während er das Auto anließ. Auf ihren verwirrten Blick hin, erklärte er: „Deine Sommersprossen!“ in einem Tonfall, als wäre es doch offensichtlich, von was er sprach. Sabrìanna betrachtete ihn unbehaglich von der Seite, ohne sich von seiner gebräunten Brust ablenken zu lassen. Das war jetzt eben fast gewesen, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Aber so etwas war doch nicht möglich, oder? Ebenso unmöglich wie auf dem Rücken eines Drachen zu fliegen oder einen sprechenden Hund durch einen lebenden Wald zu tragen… Sie schauderte leicht. Das wäre wirklich gruselig, wenn jemand all ihre Gedanken lesen könnte. Ihm war nicht anzumerken, ob er ihren Blick bemerkte hatte, konzentrierte er sich doch ganz aufs Autofahren. Doch vorsichtshalber dachte sie ihm streng entgegen: „Raus aus meinen Gedanken! Die sind privat und darin herum zu stöbern gehört sich nicht!“ Im gleichen Moment musste sie schon über sich selbst lachen. Sie wurde wirklich langsam verrückt. Anders konnte sie es sich nicht erklären. Schmunzelnd wendete sie sich nach vorn und genoss das Panorama statt sich ihrer Paranoia zu ergeben.
Die zerklüftete Landschaft, die ins schäumende graue Meer hineinragte, die tiefgrünen Hügel, die Schafe und Kühe, die friedlich am Straßenrand grasten, die freundlichen bunten Häuser im Sonnenschein, all das wirkte
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