Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
gekriegt«, stammelte Eisenring.
Von dem
Großmaul, wie ihn Rainer Metzler beschrieben hatte, schien nicht viel übrig zu sein.
Und plötzlich kam John eine Idee – nur dass er mal wieder keine Ahnung hatte, ob
sie gut oder schlecht war. »Wann wirst du zahlen?«, hörte er sich fragen.
»Mensch,
meine Mutter gibt mir Geld. Echt! Versprochen! Ich erzähl keinen Scheiß!«
»Du weißt
ja, wie viel es ist.«
»Na klar,
na klar, na klar!« Eifriges Nicken, während das Gesicht noch immer geschützt wurde.
»Dann lass
uns mal über was anderes sprechen.« John achtete darauf, dass seine Stimme so fest
klang, als wüsste er ganz genau, worauf er hinauswollte.
Ȇber was
du möchtest«, keuchte Eisenring, offenbar recht froh angesichts des Themenwechsels.
John warf
einen Blick über seine Schultern. Niemand zu sehen. Hecken und das Schrebergartenareal
schirmten sie ab. »Komm erst mal auf die Beine«, forderte er Eisenring auf.
»Nicht nötig,
kein Problem, Mann. Ist schon okay so.«
»Wie du
willst.« Er stellte sich näher an den Mann. »Du erinnerst dich doch an Lady Butterfly?«
Verwirrt
sah Eisenring nach oben, dann gleich wieder auf die Erde. »Hä?«
»Ja, Lady
Butterfly.« Welche Frage war die richtige? So lange hatte sich John Gedanken darüber
machen können und jetzt schien sein Kopf völlig leer zu sein. Noch ein bisschen
dichter rückte er dem Mann zu Leibe – sein Knie berührte kurz dessen Rücken. »Du
weißt, was mit ihr passiert ist?«
»Mit Lady
Butterfly?«
»Sicher.
Du weißt es.«
»Mann, ich
hab keine Ahnung.«
»Red keinen
Scheiß, Junge.«
»Okay, okay.
Aber ich weiß nur, dass sie im Weg war.« Er schnaufte tief. »Dass sie verschwinden
musste … Mann, was fragst du mich überhaupt? Das musst du doch selbst alles besser
wissen! Oder frag deinen Boss. Was weiß denn ich schon?«
»Hast ziemlichen
Schiss vor meinem Boss, stimmt’s?« ›Verschwinden musste‹, pochte es hinter Johns
Stirn. ›Verschwinden musste‹!
»Kennst
du einen, der keinen Schiss vor ihm hat?«
»Wann hast
du Lady Butterfly zuletzt gesehen?«
»Das ist
ewig her. An einem Abend in Zähringen. In dem Haus, in dem ihr manchmal eure Abendveranstaltungen
durchgezogen habt. Ich bin ihr sowieso nur zwei- oder dreimal begegnet. Ich hab
nie mit ihr gesprochen. Die hätte sich doch nicht mit einem armen Schlucker wie
mir abgegeben.«
Die immer
abgegriffenere Fotografie erschien vor Eisenrings gesenkten Augen. »Wir sprechen
über diese Frau, oder?«
»Hä?«
»Das ist
sie doch. Oder etwa nicht?«
»Da sieht
sie noch ein bisschen unschuldiger aus.«
»Aber sie
ist es.«
»Ja. Ja.
Ja.«
»Lady Butterfly.
Ich fand den Namen immer ziemlich bescheuert.«
»Es gibt
Originelleres. Aber wenn man schon so ein Tattoo hat, braucht man sich nicht zu
wundern.«
»Ich hab
das Tattoo nie gesehen«, erwiderte John.
»Denkst
du, ich etwa?« Ein nervöses Auflachen. »Mir hat sie ihren hübschen Bauch leider
nicht präsentiert.«
»Ihren Bauch?«
John war irgendwie enttäuscht. Er hatte lange über den Spitznamen gerätselt – dass
dann eine derart naheliegende Begründung dahintersteckte, hatte etwas Ernüchterndes.
»Klar, unter
ihrem Bauchnabel, da flog doch der blöde Schmetterling. Das hat sich irgendwie rumgesprochen.
Dein Boss hat ihn bestimmt oft genug gesehen.«
»Ich soll
dir schöne Grüße von ihm bestellen.«
»Bitte,
keine Scherze mit mir. Ich tue, was ich kann für Mojtovian.«
Einen verwirrenden
Moment lang hatte John das Gefühl, der fremdartig klingende Namen würde wie greifbar
in der Luft schweben. Moj-to-vi-an.
»Eisenring,
du weißt, dass er sauer auf dich ist.«
»Ja, und
ich tue …«
»Bist abgetaucht,
was?«
»Nein, nein.«
Erneut das nervöse Lachen. »Ich musste nur die Werkstatt dichtmachen. Und dann …
Mein Gott, ich hab mich immer gut um eure Schlitten gekümmert. Sorry, das mit den
Schulden krieg ich schon in den Griff. Mojtovian bekommt sein Geld.«
»Du weißt,
warum du es ihm schuldig bist?«
»Na klar,
sein Stoff ist der beste. Sein Stoff und seine Mädels. Auch wenn ich Lady Butterfly
nicht kennenlernen durfte. Aber ich zahl meine Schulden.«
Mit einer
Mischung aus Erleichterung und Verblüffung stellte John fest, wie einfach es war,
jemanden zum Reden zu bringen, der Angst hatte. Man musste nicht einmal Fragen stellen
– bloß Stichworte liefern. Und er hoffte, niemals selbst in eine Lage wie Piet Eisenring
zu geraten. »Noch einmal zu Lady Butterfly. Sie musste ja
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