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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Nachricht ein persönliches Eigentum von Harry zu sein, über das man nur mit seiner Erlaubnis verfügen konnte. Aber diese Einschränkung war töricht, und Arthur hatte ihr nicht viel Widerstand entgegenzusetzen.
    Am nächsten Morgen würde er nach Vandenberg fliegen und in das ›Beweismaterial‹ eingeweiht werden. Das müßte der größte Augenblick seines Lebens werden, ohne jede Ausnahme; und doch war er den Tränen nahe.
    Sein bester Freund könnte binnen Jahresfrist tot sein.
    »Mist!« sagte er leise.
    »Na schön«, sagte Francine, legte ihr Buch hin und rollte sich hinüber, um ihm den Kopf auf die Schulter zu legen. Er klappte das Notizbuch zu und streichelte ihr die Stirn. Sie wühlte mit ihren Fingern in dem dichten, pfeffer- und salzfarbenen Haarbüschel auf seiner Brust. »Wirst du es mir sagen? Oder ist es weiterer Geheimkram?«
    »Nicht geheim«, sagte er. Er spürte ein schmerzhaftes Verlangen, es ihr zu erzählen. Vielleicht würde er das in ein paar Wochen können. Die Neuigkeit sickerte rasch nach außen. Er fürchtete, daß bald sogar Death Valley an die Öffentlichkeit dringen könnte. Alle Leute waren so aufgeregt.
    »Was ist es denn also?«
    »Harry.«
    »Was ist mit ihm?«
    Die Tränen wollten kommen.
    »Was ist los mit Harry?« fragte Francine.
    »Er hat Krebs. Leukämie. Er arbeitet mit mir zusammen an diesem… Projekt; könnte aber vielleicht nicht bis zum Ende mitmachen.«
    »Jesus!« sagte Francine und legte ihm die flache Hand auf die Brust. »Wird er nicht behandelt?«
    »Doch, natürlich. Er glaubt aber einfach nicht, daß sie ihn werden retten können.«
    »Nur noch fünf Jahre. Wir hören immer, daß nach weiteren fünf Jahren der Krebs nicht mehr tödlich sein wird.«
    »Er hat aber keine fünf Jahre. Vielleicht nicht einmal ein einziges.«
    Francine kuschelte sich dichter an, und sie lagen einen Augenblick lang schweigend da. Schließlich fragte sie: »Wie fühlst du dich?«
    »Wegen Harry? Ich fühle mich…« Er dachte mit gerunzelter Stirn kurz nach. »Ich weiß nicht.«
    »Verraten?« fragte sie leise.
    »Nein. Wir sind immer sehr unabhängige Freunde gewesen. Harry schuldet mir nichts, und ich schulde ihm auch nichts. Außer der Freundschaft und…«
    »Daß es ihn gibt.«
    »Ja. Jetzt wird es ihn nicht mehr geben.«
    »Das kannst du nicht wissen.«
    »Er weiß es aber. Du hättest ihn sehen sollen.«
    »Sieht er schlecht aus?«
    »Nein. Er sieht sogar recht gut aus.« Arthur versuchte sich vorzustellen, wenn der ganze Körper ein Schlachtfeld war, in dem sich der Krebs immer weiter ausbreitet von Punkt zu Punkt oder durch das Blut, ungehindert, eine Art biologischer Raserei, ein genetischer Selbstmord, gefördert durch gedankenlose, leblose Klumpen aus Protein und Nucleinsäure. Er haßte alle vagabundierenden mikroskopischen Dinge mit jäher Leidenschaft. Warum konnte Gott nicht menschliche Körper geplant haben mit nahtloser Leistungsfähigkeit, die sich der Herausforderung des alltäglichen Lebens stellen konnten und sich dabei zumindest innerlich sicher fühlten?
    Francine fragte: »Wie war der Besuch?«
    »Wir haben ein paar schöne Tage zusammen verbracht. Wir werden uns auch morgen treffen. Das ist alles, was ich dir sagen kann.«
    »Eine Woche oder zwei Wochen?«
    »Ich werde anrufen, falls es länger als eine Woche dauert.«
    »Klingt nach einer großen Sache.«
    »Ich werde dir nur noch eines erzählen«, sagte er. Es schmerzte ihn noch heftiger, daß er alles offenbaren wollte, um diese unglaubliche Neuigkeit mit der Person zu teilen, die er am meisten auf Erden liebte. (Oder liebte er Francine weniger als Harry? Das war eine andere Art von Liebe. Unterschiedliche Bereiche.)
    »Laß nur nicht die Katze ganz aus dem Sack!« warnte sie ihn mit leichtem Lächeln.
    »Keine Katze und kein Sack, nur dieses: Ginge es nicht um Harry, wäre ich jetzt der glücklichste Mensch auf Erden.«
    »Jesus!« sagte sie noch einmal. »Muß schon was dran sein.«
    Er wischte sich die Augen mit einem Bettzipfel. »Und ob!«

 
5
     
    Edward Shaw rührte mit dem Löffel in der Kaffeetasse und starrte auf das Glasfenster, welches in Augenhöhe in der Tür der hermetisch verschlossenen Kammer angebracht war. Er hatte in der Nacht gut geschlafen. In dem Raum war es still wie in der Wüste. Die sauberen weißen Wände und die hotelmäßige Ausstattung machten ihn leidlich komfortabel. Er konnte Bücher anfordern und alles, was er wollte, in dem Fernseher in der einen Ecke anschauen. Es

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