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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Als sie weg war, stocherte Hicks mit einer Gabel in seinem Omelett herum. Er hatte keinen großen Hunger. Sein Magen streikte. Er sah eine Panik kommen.
    »Bei religiösen Deutungen ist mir nie so recht wohl gewesen«, sagte er.
    »Müssen wir dies als eine religiöse Interpretation verstehen? Könnte es nicht ebenso leicht eine Alternative sein gegenüber Theorien von einander bekämpfenden Aliens oder zerstrittenen Invasoren?«
    »Ich bin mir nicht sicher, was Ihre Theorie ist.«
    »Der schreibende Finger an der Wand.«
    »Ah! ›Mene, mene, tekel upharsin‹ oder was immer.«
    »Genau. Wir sitzen in der Klemme. Besudelt, übermäßig bewaffnet. Das zwanzigste Jahrhundert ist ein schlimmes Durcheinander gewesen. Das blutigste Jahrhundert in der Geschichte der Menschheit. Mehr nutzlose Tote als irgendwann sonst.«
    »Dagegen kann ich nichts einwenden«, sagte Hicks.
    »Und jetzt bewegen wir uns nach draußen. Vielleicht haben wir nur so lange gelitten, wie wir auf der Erde geblieben sind. Jetzt…«
    »Das ist eine alte Idee«, unterbrach Hicks. Sein Unbehagen wandelte sich allmählich in Gereiztheit.
    »Soll das heißen, es stimmt nicht?«
    »Ich glaube, es gibt bessere Ideen«, sagte Hicks.
    »Ach«, sagte Crockerman. Sein Frühstück war noch unberührt. »Aber keine davon überzeugt mich. Ich bin der einzige Richter, auf den ich mich in dieser Situation wirklich verlassen kann, oder nicht?«
    »Nein, Sir. Es gibt Experten…«
    »In meiner politischen Laufbahn habe ich oft den Rat von Experten ausgeschlagen, und ich habe mich durchgesetzt. Das hat mich anders gemacht als andere, durchschnittlichere Anwärter auf ein hohes Amt. Freilich hat ein solches Spiel seine Risiken, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Ich komme wieder nicht mit. Was für ein Spiel?«
    »Das Ignorieren von Experten.« Der Präsident beugte sich vor und streckte seine Hände mit geballten Fäusten über den Tisch. Seine Augen waren feucht. Seine Miene zuckte gequält. »Ich habe den Gast eines gefragt und eine bedeutsame Antwort erhalten, wichtiger als auf alle anderen Fragen von uns… Ich habe ihn gefragt: ›Glauben Sie an Gott?‹ und er antwortete: ›Ich glaube an Strafe.‹«
    Crockerman lehnte sich zurück, blickte auf seine Fäuste und entspannte sie dann. Er rieb sich die Handflächen, in die sich die Fingernägel tief eingegraben hatten. »Das muß bedeutungsvoll sein. Vielleicht stammt der Gast von einer anderen Welt, in der Vergehen oft streng geahndet worden sind. Das Ding da draußen in dem ›Furnace‹, ausgerechnet im Death Valley… Wir haben gehört, daß es die Erde in Schlacke verwandeln wird. Totale Zerstörung. Man hat uns gesagt, daß wir das Ding nicht vernichten können. Ich glaube, daß wir das tatsächlich nicht können.«
    Hicks wollte gerade etwas sagen, aber Crockerman fuhr mit leiser Stimme fort.
    »Gott, eine höhere Intelligenz, formt uns alle, befindet uns für mangelhaft und schickt unser Material zurück in die Schmiede zwecks Neugestaltung. Jenes Ding da draußen. Der Schmelzofen. Das ist die Schmiede Gottes. Damit haben wir es zu tun – wahrscheinlich.«
    »Und das australische Artefakt, die Roboter, die Botschaften?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Crockerman. »Es würde sicher verrückt klingen zu behaupten, daß die Australier mit einem Gegner zusammenarbeiten… Aber vielleicht doch.«
    »Einem Gegner, einer Art Teufel?«
    »Etwas, das dem Schöpfer entgegengesetzt ist. Eine Macht, die hofft, daß man uns gestatten wird, unsere Übertretungen fortzusetzen, um die ganze Schöpfung aus dem Gleichgewicht zu bringen.«
    »Ich glaube, es gibt da bessere Erklärungen, Mr. President«, sagte Hicks ruhig.
    Crockerman bat ihn: »Dann sagen Sie mir, was für welche.«
    »Ich bin nicht qualifiziert«, sagte Hicks. »Ich weiß fast nichts von dem, was geschehen ist. Nur das, was Sie mir erzählt haben.«
    »Wie können Sie dann meine Theorie kritisieren?«
    Die Art, wie Crockerman sprach, wie ein Kind, das sich der Worte Erwachsener bedient, ließ Hicks bis ins Gebein frösteln. 1959 hatte in London einmal eine Freundin in ähnlichem Ton zu ihm gesprochen. Sie war einen Monat danach von eigener Hand gestorben.
    »Es ist nicht realistisch«, sagte er.
    »Ist denn überhaupt etwas in dieser Situation realistisch?« fragte Crockerman. Bisher hatte jeder eigentlich nur sein Essen auf dem Teller herumgeschoben.
    Hicks nahm einen Happen. Das Omelett war kalt. Er aß es trotzdem, und Crockerman begann, seines zu

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