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Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall

Titel: Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P Gibert
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nicht mit den Kindern gelebt.«
    »Wenn das auch sicher
ist, wurden die Kinder mit allergrößter Wahrscheinlichkeit zur Adoption
freigegeben. Dann wird es mit großen Schwierigkeiten verbunden sein, ihre
Identitäten festzustellen.«
    »Warum?«
    »Weil wir in Deutschland
nur die sogenannte Inkognitoadoption kennen. Die leiblichen Eltern des
adoptierten Kindes erfahren nicht, von welcher Familie ihr Kind adoptiert
wurde. Das hat der Gesetzgeber aus guten Gründen so gewollt.«
    »Ja?«, wollte Hain mehr
darüber erfahren.
    »Ganz wichtig ist, dass
die Beziehung des Kindes zu den Adoptionseltern nicht gestört werden soll. Außerdem
will man vermeiden, dass die leiblichen Eltern sich in die Erziehung des Kindes
einmischen können.«
    »Wer ist mit der
Betreuung einer Adoption betraut?«
    »Grundsätzlich immer die
Jugendämter.«
    »Diese Sache ist schon
sehr lange her, Frau von Bissingen. Könnte es sein, dass die Unterlagen
mittlerweile gar nicht mehr existieren?«
    Sie überlegte. »Nach
meinem Kenntnisstand werden die Unterlagen über Adoptionen 50 oder 60 Jahre
aufbewahrt, nageln Sie mich bitte nicht fest. Wann soll sich diese Geschichte
abgespielt haben?«
    »Mitte der 70er-Jahre.«
    »Dann sind die Papiere
garantiert noch einsehbar«, entschied sie nach kurzem Rechnen.
    »Und wo sind sie
einsehbar?«
    »Das dürfte das größte
Problem sein. Sie brauchen natürlich den Namen der Mutter, und am besten noch den
Herkunftsort oder -kreis. Der ist deshalb wichtig, weil viele Dinge, die mit
den Heimbewohnern zu tun haben, über die für sie zuständigen Jugendämter
abgewickelt wurden und werden.«
    »Es gibt also keine
zentrale Stelle, bei der die Daten verwaltet werden?«
    »Nein, das ganz sicher
nicht. Wissen Sie, woher das Mädchen stammte?«
    »Nein, leider nicht.«
    »Schade.«
    »Und wo würden die Daten
liegen, wenn die Adoption hier abgewickelt worden wäre?«
    »Im Kreishaus in
Homberg.«
    »Und dort können wir
frühestens Montag Morgen jemanden erreichen, nehme ich an.«
    »Damit gehen die
Schwierigkeiten erst los, denn der zuständige Mitarbeiter würde Ihnen nur dann
Auskunft erteilen, wenn Sie eine richterliche Verfügung vorlegen können, die
Ihren Einsichtsanspruch ausreichend begründet.«
    »Die würden wir mit
Sicherheit bekommen«, erklärte Hain der Pädagogin.
    »Ja, vermutlich. Aber
selbst wenn Sie diese Verfügung haben, muss das Jugendamt die Akteneinsicht
noch immer nicht gewähren. Dagegen kann von Amts wegen Einspruch erhoben
werden.«
    »Warum das?«
    »Weil das Jugendamt nach
Aktenlage zu dem Schluss kommen kann, dass es dem Wohl aller Beteiligten
Schaden zufügen könnte, wenn die Vermittlungsakte den Ermittlungsbehörden
zugänglich gemacht werden würde.«
    »Mist«, murmelte der
Oberkommissar.
    »Ja, da stimme ich Ihnen
in diesem konkreten Fall durchaus zu, aber der stellt doch die berühmte
Ausnahme dar. In der Regel sind diese hohen Hürden durchaus sinnvoll, glauben
Sie mir.«
    »Mag sein«, stimmte Lenz
ihr zu. »Aber ein Trost ist das nicht. Wir ermitteln immerhin in einem Fall mit
mehreren Toten.«
    Die Pädagogin nickte
ernst. »Das sehe ich genauso, aber so sind die Bestimmungen nun mal.« Sie stand
auf, ging zum Fenster und betrachtete eine Weile die Szenerie der Jugendlichen
auf der Bank unter dem Baum. Mittlerweile hatte einer einen Ghettoblaster
angeschleppt und Musik hämmerte über den Platz.
    »Wie hieß das Mädchen?«,
fragte Vera von Bissingen, ohne die Beamten anzuschauen.
    »Soffron. Petra Soffron.«
    »Aha.«
    »Warum fragen Sie? Das
hat sich alles zu einer Zeit abgespielt, als Sie noch nicht hier gearbeitet
haben.«
    Sie drehte sich um. »Aber
ich habe mit Dieter Bauer zusammengearbeitet. Das ist eine gute Erklärung.«
    Lenz und Hain sahen sich
verwundert an.
    »Was heißt das?«, fragte
der Oberkommissar.
    »Das heißt, dass dieser
Arsch sich auch noch kurz vor der Pensionsgrenze für den unwiderstehlichsten
Typen der Welt gehalten hat. Wenn ich für jedes Mal, für das er mich in meinem
ersten Jahr hier an den Hintern oder den Busen gefasst hat, einen Euro bekommen
würde, bräuchte ich vermutlich einen Monat lang nicht zu arbeiten. Und immer
wieder hat er nur mal so
nachgefragt,
ob ich nicht mit ihm eine Runde drehen
wollte. Der Kerl war einfach ekelhaft.«
    »Haben Sie sich nie
beschwert?«
    »Am Anfang schon, aber
ich konnte es ja nicht beweisen. Und glauben Sie mir, das Netzwerk, das Bauer

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