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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sträh-nigen Pampe zusammengefallen.
    Meine verquere Argumentation brachte die beiden Spezialisten kurzzeitig aus der Fassung. Ich merkte, wie sie sich bemühten,
     aus dem Gestammel schlau zu werden.
    »Aber wir sind ja nun nicht später und Sie nicht früher gekommen«, erklärte der Dicke mir dann ganz langsam, als wäre ich
     schwer von Begriff. »Deshalb nehmen wir den Wagen jetzt mit.«
    Ich versuchte mir einzureden, dass kein Mensch in einem abgeschleppten Auto den Kofferraum aufbrechen und die Leiche finden
     würde. Abgeschleppte Wagen kamen auf einen Parkplatz, wo der Besitzer sie wieder abholen konnte. Niemand käme hinter mein
     Geheimnis. Die Stimme der Vernunft zitterte, die Panik war deutlich stärker und schrie: »Das glaubst du doch selbst nicht!
     Die haben auf so einem Parkplatz mindestens einen Hund, der so lange den Kofferraum anbellt, bis die Polizei ihn öffnet!«
    Ich akzeptierte meine Niederlage, schluckte die aufsteigendenTränen herunter und flüsterte schicksalsergeben »Okay«. Ich zitterte in meinem Kostüm und den inzwischen völlig durchnässten
     Schuhen. Die Nase lief, ich unterdrückte ein lautstarkes Niesen.
    »Aber dann muss ich noch schnell meine Akten herausholen, die brauche ich für die nächsten Termine.«
    Der Dicke nickte gnädig und ich öffnete die hintere Tür. Der Karton, in dem ich die Angebote und Akten aufbewahrte, die ich
     tagsüber brauchte, befand sich in der Mitte der Rückbank. Ich reckte mich also weit in das Auto hinein. Die Blicke der beiden
     Abschlepper spürte ich so deutlich, als wären es Schneebälle, die mir gegen die Rückseiten der Oberschenkel und auf den Po
     klatschten. Als ich wieder auftauchte, war mein Kopf vermutlich hochrot, wegen der Glotzerei, der Anstrengung und der Erkältung.
    »Arbeiten Sie bei einer Bank?«, fragte der Jüngere. »Oder in einem dieser schicken Geschäfte?«
    »Nein«, erklärte ich, während ich umständlich versuchte, die Aktenordner in meiner Tasche zu verstauen. »Ich putze, koche
     und bügle für Männer, die keine Lust und keine Zeit dazu, aber genug Geld haben, dass sie jemanden wie mich damit beauftragen
     können.«
    »Wollen Sie sich einen von denen angeln?«, wollte der Dicke wissen.
    Ich stutzte. In welchem Mädchenroman lebte der denn? Frauen gingen doch heute nicht mehr arbeiten, um sich einen Mann zu angeln.
     Oder vielleicht doch?
    »Nein«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich mache das, weil ich meinen Job verloren und keinen neuen gefunden habe. Und weil
     ich von genau solchen Schnöseln als Chef die Nase voll hatte. Die bestellen zwanzig oder dreißig Bewerberinnen auf eine Stelle
     zum Vorstellungsgespräch und stellen nicht etwa die Cleverste ein, sondern die Hübscheste.Da kann ich nicht mithalten. Deshalb bin ich jetzt selbstständig, arbeite achtzig Stunden pro Woche, bin froh, dass ich inzwischen
     schon die Miete von meinem eigenen Einkommen zahlen kann, und muss jetzt wirklich los, sonst verliere ich wichtige Aufträge.«
    Dass ich vermutlich innerhalb der nächsten Stunden auch meine Freiheit verlieren würde, wenn im Zuge der Sicherstellung meines
     Autos ein kleines Missgeschick mit dem Abschlepphaken passieren und die Heckklappe aufschwingen würde, behielt ich lieber
     für mich. Allerdings war ich mir in diesem Moment hundertprozentig sicher, dass es genauso kommen würde. Die Entdeckung war
     nur noch eine Frage der Zeit, und noch heute, das wusste ich mit erschreckender Klarheit, würde ich die Stahlfesseln um meine
     Handgelenke schnappen hören.
    Der Dicke sah mich an, wie er wohl auch einen kleinen, flauschigen Welpen im Tierheim angesehen hätte. Mitleidig. Gerührt.
     Als wolle er mich gleich unterm Kinn kraulen und mir versichern, dass alles gut würde, denn jetzt wäre ja er da.
    »Mach den Wagen mal los«, sagte er zu seinem Kollegen, der meine Erklärung stumm und mit offenem Mund angehört hatte. »Wir
     wollen die arme Frau ja nicht ruinieren. Da hat ja keiner was von.«
    Ich beobachtete so fasziniert das vorsichtige Lösen der Seilsperre, dass ich die herannahende Gefahr ebenso wenig wahrnahm
     wie die beiden Abschlepper. Wir wurden alle drei von der befehlsgewohnten Stimme überrascht.
    »Was, bitte schön, soll das jetzt werden?«
    Die Person, die zu der Stimme gehörte, war etwa einen Meter sechzig groß, so schwer wie der Dicke und so blond wie der Jüngere.
     Ansonsten weiblich und äußerst verärgert.
    »Stellen Sie sofort die Winde wieder fest und bringen den

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