Schmutzengel
Warmwasserpufferspeichers funktionierte
auf ähnliche Weise, das Garagentor hatte nicht einmal einen Notöffnungsgriff und die Alarmanlage umfasste neben den üblichen
Fensterkontakten auch Bewegungsmelder und Wärmesensoren und versagte bei Problemen mit der Stromversorgung vollständig den
Dienst.
Der Kühlschrank hatte eine Internetverbindung, die es ihm erlaubte, Rezepte aus dem Netz herunterzuladen, die sich mit dem
Inhalt des Kühlschranks herstellen ließen, außerdem erstellte er automatisch eine Einkaufsliste, wenn die Bestände in seinem
Inneren zur Neige gingen oder das Verfallsdatum überschritten wurde. Alle Uhren im Haus waren miteinander gekoppelt und mit
Weckfunktionen ausgestattet, damit Herr Weber jederzeit einen der elektronisch erzeugten Gongschläge hören konnte, die ihn
auf Termine aufmerksam machten. Kam ein Telefonanruf an, wurde das Gespräch automatisch auf den Apparat gelegt, der Herrn
Weber am nächsten war. Wo der Hausherr sich befand, kontrollierte ein Bewegungsmelder rund um die Uhr. Auf diese Weise wurden
auch die jeweils benutzten Vorder- oder Hintertüren automatisch beleuchtet und – nach einem Iris-Scan – selbsttätig geöffnet.
Kurzum: Wenn in diesemHaus ein Problem mit der Elektrik auftrat, musste sofort gehandelt werden.
Das war die erste Schwierigkeit. Und sie passte mir jetzt wirklich überhaupt nicht in den Kram, denn ich hatte vorgehabt,
so lange mit meinem Problem in der Gegend herumzufahren, bis ich eine Lösung gefunden hatte. Und die musste her – sofort.
Eine Entdeckung war nur noch eine Frage der Zeit. Die Temperaturen stiegen. Noch lagen sie unter Null, aber schon für das
Ende dieser Woche war ein erstes Nachlassen der polaren Strömung angekündigt. Die Leiche musste weg.
Die zweite Schwierigkeit mit Herrn Webers Haus war, dass bisher noch jeder normale Elektriker an dieser Haustechnik gescheitert
war. Und die dritte: Herr Weber hatte heute Abend eine Party, für die Lisbeth gerade mit zwei Aushilfen aus ihrem Hauswirtschaftskurs
in den Vorbereitungen steckte. Wenn der Ofen, dessen Betriebsanleitung einem Mittelalterroman im Umfang in nichts nachstand,
nicht innerhalb der nächsten Stunde wieder in Betrieb genommen würde, wäre der Braten dahin und die Versorgung der Partygäste
nicht mehr gewährleistet.
Ich hatte schon bei Abschluss des Vertrags mit Herrn Weber befürchtet, dass es eines Tages so weit kommen würde. Wir hatten
uns ganz auf die Putzdienste konzentriert und dabei vergessen, dass Kunden wie Herr Weber einen Passus in ihren Verträgen
hatten, der uns nicht nur berechtigte sondern auch verpflichtete, bei auftretenden Problemen sofort einen Handwerker mit der
Lösung zu beauftragen. Und zwar ohne Rücksprache mit dem Kunden. Man hätte auch sagen können, ohne den Kunden mit einer Rückfrage
zu belästigen. In solchen Fällen spielte Geld keine Rolle. Das einzig Wichtige und Richtige war das reibungslose Funktionieren
des Haushalts.
Um diesen Handwerker hätte ich mich schon lang kümmern müssen, es aber aus Zeitmangel und anderweitigen Problemen bisher versäumt.
Ich musste mir schnell etwas einfallen lassen und sagte Lisbeth, dass ich sie gleich zurückrufen würde.
Aus Verzweiflung und in Ermangelung besserer Ideen ging ich das Adressverzeichnis meines Handys durch. Kunden, Ärzte, Lisbeths
Nummer, die Nummer meiner Oma, Gregs Nummer, die ich seit Monaten wählen wollte, mich aber nicht traute, und der Hausmeister.
Hausmeister? Wer verbarg sich denn hinter diesem Eintrag? Ich überlegte einen Moment, dann dämmerte es mir. Das musste mein
Nachbar sein, der mir damals die Wohnung gezeigt hatte. Er erledigte auch Reparaturen am Haus, letzten Monat hatte er die
Gegensprechanlage ausgetauscht. Ob der nicht …?
Als ich endlich bei meinem Haus ankam, war ich unter meiner Steppjacke nass geschwitzt.
Ich klingelte direkt an der Tür meines Nachbarn.
»Guten Tag, Frau Leyendecker«, sagte Herr Metzenrath.
»Ich habe ein Problem«, sagte ich nach einem kurzen Hallo. »Sie kennen nicht zufällig einen guten Elektriker?«
»Natürlich«, entgegnete er leicht entrüstet. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
Ich war verwirrt. Was meinte das Pantoffeltierchen damit?
Anscheinend hatte Herr Metzenrath meine Irritation bemerkt und setzte nach: »Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass ich hier als
Hausmeister fungiere?«
Ach so, das meinte er. Eilig erklärte ich: »Nein, nicht
ich
habe ein
Weitere Kostenlose Bücher