Schnabel, Andreas
Geräte um ein Vielfaches verstärkt, höllisch in ihren Augen.
»Dann gibt es dort wohl doch noch Strom«, kommentierte der Comisario das Geschehen vom Einsatzleitbus aus, in dem er neben Ramirez Platz genommen hatte.
»Ich habe im Katasterplan keinen Eintrag darüber«, schimpfte der Capitán.
»Darin steht auch nichts von der Rohrpost. Habt ihr denn schon eure Richtmikrofone aufgestellt?«
»Ja, eben, aber die scheinen sich auf Schwedisch oder Norwegisch zu unterhalten.«
»Lassen Sie doch mal hören.«
Ramirez zog den Regler der Soundanlage auf, und eine fast fröhlich anmutende Unterhaltung war zu hören, jedoch in einer Sprache, die niemand im Bus verstand.
»Solange die Stimmung im Stall so gut ist, müssen wir nicht überstürzt eingreifen, das spielt uns in die Karten.«
Schon wieder fuhr ein Auto an dem Stall vorbei, und das Prozedere ging erneut los. Licht aus, Licht an und wieder die Unterhaltung.
»Wir sollten ständig jemanden am Stall vorbeifahren lassen, dadurch lullen wir die beiden ein und können sie vielleicht im Schlaf überraschen.«
García Vidal wirkte angespannt und unsicher. »Egal, in welcher Sprache die sich da unterhalten, es hört sich wie ein Kaffeeplausch ohne Tassen an. Da stimmt doch was nicht.«
Die Wagentür des Busses öffnete sich, und Berger und die Gräfin kamen herein.
»Wer unterhält sich denn da?«, entfuhr es Berger.
»Das vermeintliche Opfer und ihr Folterknecht«, antwortete Ramirez. »Wollen Sie ein wenig lauschen?«
»Nein.« Berger dachte nach. »Nach den ersten beiden Autos, die vorbeifuhren, ging nach einem ziemlich identischen Zeitraum das Licht wieder an. Beim letzten Auto habe ich die Zeit gestoppt. Es war genau eine Minute. Ihr zeichnet doch alles auf. Könnt ihr die Zeiten mal genau ausstoppen?«
Der Techniker machte sich sofort ans Werk. »Stimmt«, teilte er ihnen kurz darauf mit. »Die letzte Lichtpause dauerte bis auf das Hundertstel genau eine Minute.« Die Spannung im Bus stieg. Alles sah dem Techniker gebannt bei der Arbeit zu. »Auch die anderen beiden Lichtpausen dauerten exakt eine Minute.«
»Es kann eine Schaltung sein«, schlussfolgerte García Vidal.
»Und das Gebrabbel?«, fragte Gräfin Rosa ungläubig. »Ist das nichts weiter als eine Tonbandschleife? Wozu?«
Berger kniff die Augen zusammen. »Vielleicht will hier jemand auf diese Weise Kräfte binden, die momentan woanders viel dringender gebraucht werden.«
*
Annmarie erwachte wie aus einem bösen Traum. Ihr Körper, ihre Gliedmaßen und vor allem ihr Hirn waren wie aus Blei. Selbst ihre Augenlider schienen ein Gewicht von je einer Tonne zu haben. Sie erkannte den Mann, der vor ihr stand, sofort wieder.
»Ist das Seminar zu Ende?«
»Ja, Madame, setzen Sie sich bitte.«
Annmarie schaute sich erstaunt um. Sie befand sich in einer Art Büro. Die Schreibtische waren penibel aufgeräumt, und alle Plakate, Kalender und sonstige Beschriftungen waren auf Catalan. »Wo sind wir hier?«
»Im Hotel.«
Jede kleine Bewegung fiel ihr unendlich schwer. »Das hier ist kein Hotel. Das ist ein Büro in einer Behörde, wie es aussieht.«
Obwohl sie den Schlag mit dem Handrücken wie in Zeitlupe auf sich zukommen sah, konnte sie keinerlei Abwehrhaltung annehmen. Krause traf sie hart am Mundwinkel. Sie taumelte etwas zurück und konnte sich irgendwie halten, sodass sie nicht lang hinschlug. Ein zweiter Schlag traf sie ins Gesicht. Ihr wurde klar, dass sie sich zwar bewegen konnte, es aber aus irgendeinem Grund nicht schaffte, eine Abwehrhaltung ihrem Peiniger gegenüber einzunehmen, geschweige denn ihn auszuschalten, wie sie es eigentlich bei der Armee gelernt hatte. »Was haben Sie mit mir gemacht?«
»Ich habe dafür gesorgt, dass du meine Behandlung genießen kannst.«
Sie begriff mit einem Mal, mit wem sie es hier zu tun hatte. ***
Carmen koordinierte die inselweite Suche nach dem Padrón so professionell und effizient wie immer, doch ohne die Hilfe von Zacarias Hidalgo, dem Chef der Policía Local von Santanyí, wäre sie an der Aufgabe gescheitert. Camila hatte ihn gebeten, ihr zu helfen. So seltsam der Mann manches Mal wirkte, er genoss auf der gesamten Insel ein hohes Ansehen bei seinen Polizeichefkollegen, und es gab niemanden, der ihm nicht helfen wollte. Über Polizeifunk verfolgten sie nebenher die Aktionen auf der Finca »Amapola« und am Schafstall. Als seine Hilfe nicht mehr benötigt wurde, ging Hidalgo wieder zu seiner Dienststelle, um von dort aus die Suche in
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