Schnabel, Andreas
Wir haben sämtliche Telefon-und Internetleitungen angezapft. Jedes Handy wird abgehört. Es kommen nur Anfragen von außen. Mails werden beantwortet, aber es geht nichts anderes raus. Auch bei den Handys ist das so. Für einen Schuppen voller junger Leute ist das nicht normal. Es muss so eine Art Schweigeanweisung des Chefs geben, aber wieso, wenn da nichts Unrechtes geschieht? Und vor allem: Wer ist der Boss?«
»Haben die Kundendaten der Finca etwas ergeben? Davon habt ihr euch doch so viel erhofft.«
»Bisher noch nicht. Auch deswegen warten wir ja so händeringend auf Freaky. Ramirez hat mit dem jungen Elektronikspezialisten, den wir bei dem Schmugglerkrieg auf Cabrera kennengelernt haben, einen Top-Fachmann für Observationen, er ist aber kein Hacker.«
Sie übersäte seinen Rücken mit zarten Küssen, und er begann, genießerisch zu schnurren.
»Aber wir hoffen, jetzt mit Camila und ihrer Schwester eine neue und endlich auch heiße Spur zu haben.«
Sie küsste ihn aufs Ohr und begann, an seinem Ohrläppchen zu knabbern. »Und ich hoffe, jemanden gefunden zu haben, den ich nun mit in mein Bett nehmen kann.«
»Ich muss morgen aber früh raus«, protestierte er. »Außerdem ist meine Verspannung dank Ihrer Behandlung wie weggezaubert.«
Filou ahnte, dass es nun keinen Platz mehr in der Nähe seiner Menschen für ihn gab, und trollte sich beleidigt ins Haus.
»Dann sollten wir möglichst früh reingehen.«
Sie erhoben und küssten sich. »Erst fast in den Schlaf gestreichelt werden und dann so etwas«, murmelte Berger. Er sah sie mit großen Augen an, als er ihre Hand auf seiner Hose spürte.
»Ich kenne da aber eine Stelle, die scheint mir gerade wieder aufgewacht zu sein.«
*
Anatol, der Butler der Großherzogin, hatte schon Frühstück gemacht, als Gräfin Rosa und ihr Residente gut gelaunt die Wohnküche betraten. Sie gaben der Großherzogin, die ihre Zeitung weglegte, jeder einen Kuss auf die Wange und setzen sich zu ihr an den langen Holztisch.
Tante Auguste sah die beiden lächelnd an. »Na, Kinder, alle verhärteten Stellen wieder weich bekommen?«
Gräfin Rosa und Berger waren beide verlegen.
Rosa räusperte sich. »Waren wir zu laut?«
»Nein. Filou kam nur wieder tödlich beleidigt zu mir und rollte sich am Fußende meines Bettes zusammen.«
»Tantchen, ich bitte dich! Ein Schwein gehört nicht ins Bett.«
»Stell dich doch nicht so an. Er kommt ja auch nur dann zu mir, wenn sein Frauchen in ihrem Bett die Sau rauslässt.« Sie lächelte zuckersüß. »Allerdings war das sehr oft in letzter Zeit.«
»Vorgestern« bemerkte Berger, »hat er auf seinem Kissen im Wohnzimmer geschlafen.«
»Mein Sohn, selbst alte Leute erfreuen sich hin und wieder behandlungswürdiger Verspannungen.«
Berger rührte lächelnd Zucker in seinen Cortado. »Demnach haben Sie gestern Abend jedes Wort, das wir wechselten, verstanden.«
Die Großherzogin nickte ihm huldvoll zu. »Was deine Ermittlungen betrifft, bin ich dankenswerterweise im Bilde.« Sie nahm einen Schluck Tee. »Hat denn der zukünftige Blaublüter neben dem Tagesgeschäft seinerseits noch Interesse zu erfahren, was wir im Detail für die anstehende Verlobungsfeier geplant haben?«
Berger genoss den frischen Cortado, den nur Anatol annähernd so gut zubereiten konnte wie der Wirt in der Bar Sa Plaça. »Liebste Mama in spe, ich erbitte mir lediglich ein Einspruchsrecht bei der Wahl der Braut, ansonsten füge ich mich in mein Schicksal.«
»Gut, mein Sohn. Wann geht’s also zum Chippen?«
Berger glaubte, nicht richtig gehört zu haben. »Ich soll zum Chippen? Damit man weiß, wie ich heiße, wenn ich entlaufen bin? Sperrt mich am besten gleich zu den Kälbern, dann kann mich der Tierarzt in einem Rutsch mit den anderen Viechern gegen Staupe impfen.«
Gräfin Rosa winkte genervt ab. »Siehst du, Tantchen, ich habe dir gesagt, dass es Ärger gibt.«
»Junge, du hast einer Adoption zugestimmt. Das gehört nun mal dazu, wenn du in die Welt des betuchten Hochadels aufsteigst. Als Herzog von Schleswig-Holstein Gottorf bist du Multimillionär, und die Versicherungen bestehen darauf, wenn sich das Millionenvermögen der dritten Stelle nähert. So gut wie alle königlichen Hoheiten sind für den Fall einer Entführung ebenfalls gechippt, selbst Prinz Charles.«
Berger fügte sich. »Dann will ich die Chips aber nicht in den Ohren haben und so aussehen wie Charles«, erwiderte er beleidigt. »Vielleicht fährt Camilla auf solche Lauscher ab,
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