Schnabel, Andreas
und Frauen. Er selbst muss den Kopf dafür nicht hinhalten, denn er hat sich umgebracht, um einer Verhaftung zu entgehen. Aber auf Ihren Yussuf sind nun möglicherweise gleich zwei Parteien sauer, einmal die Waffenschmuggler, die zufällige Mitwisser nicht dulden können, und die Frauenhändler, denen er ins Handwerk gepfuscht hat.«
Annmarie sah ihn ängstlich an. »Und wie kann man ihn schützen?«
Henriquez überlegte. »Die algerische Armee hängt, wie auch die ägyptische, total am Tropf der Amerikaner. Mit den Amis wollen und können sie es sich nicht verscherzen. Kennen Sie vielleicht einen von den US -Oberindianern in Brüssel? Die SAR -Fliegerstaffeln der Mittelmeeranrainerstaaten haben doch einen internationalen Sonderstatus.«
Annmarie zuckte mit den Schultern. »Was heißt kennen? Ein Zwei-Sterne-General vom US Medical Corps hat mich im vergangenen Jahr auf einer Tagung fürchterlich angebaggert. Der war auch Anästhesist. Ein Major General Mike van Cleeven.«
»Dann auf, Madame. Kommen Sie mit in den Funkraum, und wir versuchen unser Glück. Was anderes fällt mir nicht ein, um Ihrem Retter etwas Gutes tun zu können.«
*
Die Warterei brachte Yussuf beinahe um den Verstand. Es gab keine Minute, in der er nicht an Annmarie dachte. Selbst in der Nacht hatte er kein Auge zumachen können. Inzwischen war er sich sicher, dass ihr etwas passiert sein musste, da sie sich sonst schon längst bei ihm gemeldet hätte. Es klopfte an seiner Appartementtür.
»Herein«, brüllte er in der Erwartung, dass Hakim eintreten würde.
Ein Leutnant der Militärpolizei stürmte in Begleitung von vier Militärpolizisten in die kleine Wohnung. »Major Yussuf Hussein Ibn Draghi al Madgier?«
Yussuf war völlig verwirrt. »Der bin ich. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Gegen Sie liegt ein Haftbefehl der Militärgerichtsbarkeit vor.«
Yussuf verschlug es fast die Sprache. »Und wessen beschuldigt man mich?«
»Ich verhafte Sie wegen Mordes an Ihrer Ehefrau.«
Er sprang entsetzt auf. »Aber ich habe sie nicht ermordet.«
Der Leutnant hielt eine Plastiktüte mit Annmaries blutiger Kleidung in die Höhe. »Und was ist das hier?«
»Das ist das Blut von Frau Annmarie Momperen. Das gebe ich ja gern zu, aber sie lebt noch.«
»Reden Sie keinen Blödsinn. Wer so viel Blut verloren hat, kann nicht mehr leben.« Er gab seinen Gehilfen ein Zeichen, dass sie Yussuf Handschellen anlegen sollten. Als das geschehen war, zog einer von ihnen breites Klebeband aus seiner Uniformtasche und verklebte Yussuf damit den Mund. Sie nahmen kaum Rücksicht darauf, dass sie ihm beinahe eine Schulter auskugelten, als sie ihn an den Armen aus seinem Appartement schleiften.
Yussuf verstand die Welt nicht mehr. Dass die Militärpolizei genau wusste, wo er die blutgetränkten Kleider versteckt hatte, konnte nur zwei Dinge bedeuten: Entweder war das Telefonat mit seinem Vater vom Militärischen Abschirmdienst abgehört worden, oder sein eigener Vater lieferte ihn ans Messer.
Er wurde, als handelte es sich bei seinem Körper um einen Kartoffelsack, auf einen mit laufenden Motoren wartenden Militärlaster gewuchtet. Auf der Ladefläche zerrte man ihn erneut an den Armen hoch und drückte ihn auf eine Holzbank. Mit Entsetzen stellte er fest, dass ihm Hakim, einer ihrer Bordmechaniker, und Nathan Belouschi gegenübersaßen, ebenfalls mit Handschellen gefesselt und mit verklebten Mündern. Weswegen hatte es sie erwischt?
Als Marinepiloten hatten sie natürlich das Morsealphabet gelernt. Über das Klimpern mit den Augenlidern konnten sie sich auch jetzt noch verständigen.
»Was ist los?«, fragte Hakim.
»Ich soll Annmarie umgebracht haben. Und was werfen sie dir vor?«
»Waffenschmuggel und Homosexualität.«
Yussuf war bestürzt. »Denkst du, dass wir unsere Väter irgendwie erreichen können?«
»Ich fürchte«, antworteten ihm zwei von Tränen nasse Augen, »dass wir sie bald wiedersehen werden. Soweit ich gehört habe, sind sie in der vergangenen Nacht exekutiert worden, und ich denke, dass wir ihnen heute noch folgen werden.«
Eine Minute lang wusste Yussuf vor Schreck und Bestürzung nichts darauf zu erwidern. »Aber warum denn?«, fragte er dann.
»Unsere Väter waren der Dreh-und Angelpunkt, was die Waffengeschäfte betrifft.«
»Was denn für Waffengeschäfte?«, fragte Yussuf verzweifelt. »Warum weiß ich nichts davon?«
»Sie hielten dich für ungeeignet. Du bist zu weich für so etwas. Das habe ich ihnen gesagt, und meine
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