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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Auftragsmord, nicht um das Resultat impulsiven oder verwirrten Handelns. Sie schweifte in Gedanken ab. Frauen, die die Kraft finden, sich aus einer unglücklichen Ehe zu lösen, dachte sie. Brauche ich selbst eine Beratung?
    Scobie Sutton übernahm. »Wir müssten Janine McQuarries Schreibtischkalender sehen und mit jedem in Ihrem Zentrum sprechen, bevor es die Presse tut.«
    O’Brien rollte die Augen. »Mal sehen, was ich tun kann.«
    Er führte sie ins Konferenzzimmer, und im Laufe der nächsten Stunde befragten sie die Angestellten: O’Brien, drei weitere Therapeuten, die Büroleiterin und die Empfangsdame. Sie alle hatten solide Alibis für den Vormittag. Die Büroleiterin, eine energische, nicht zu Späßen aufgelegte Frau namens Iris, war am hilfreichsten, aber sie bestätigte nur in klareren Worten, was alle anderen schon gesagt hatten. Janine McQuarrie war ein harter Brocken gewesen, und alle hielten sie nicht nur für eine schlechte Therapeutin, sondern schimpften auch über sie. Sie sei eine Frau gewesen, deren Verbitterung das ganze Gebäude durchdrungen hatte. Sie hatte Speichellecker um sich geschart, keine Freunde. Sie manipulierte und verbreitete Gerüchte, vor allem gegen jene, von denen sie sich ungerecht behandelt fühlte. Bei den Fallbesprechungen kicherte sie über die traurigen Geheimnisse und Phobien ihrer Klienten. Janine war, so Iris, gar nicht motiviert gewesen zu helfen, sondern nur, Leute und Institutionen niederzumachen, und sie war von Geld besessen gewesen, das sie hatte anhäufen, aber nicht ausgeben wollen.
    Scobie Sutton rührte sich, so als sei Geld, als sei all der Schmutz, der über Janine ausgekübelt wurde, ihm zuwider. »War sie spielsüchtig?«
    »Nein«, antwortete Iris. »Spielen, Zitat, ist ein Zeichen von Schwäche, Zitat Ende.«
    »Irgendwelche Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung?«
    Iris wurde zornig. »Ich führe die Bücher.«
    Scobie machte einen Rückzieher. »Entschuldigung, hatte Mrs. McQuarrie Zugang zu den Büchern? Hielt sie Einnahmen vor der Firma verborgen? So etwas in der Art?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Ihre Klienten«, fragte Ellen, »Gab es unter ihnen welche, die instabil genug waren, um sie zu ermorden? Hat sie irgendjemanden von ihnen gegen sich aufgebracht?«
    »Keine Ahnung. Sie scheuchte sie rein und wieder raus oder traf sich anderswo mit ihnen«, antwortete Iris.
    »Und ihr Privatleben? Gibt es irgendjemanden im Hintergrund? Freunde? Feinde?«
    »Hören Sie«, erklärte Iris. »Vor allen Dingen haben wir sie bedauert. Wir haben sie gemieden. Höchstwahrscheinlich war sie einsam, aber alles an ihr schrie geradezu: ›Lasst mich in Ruhe.‹ Offen gesagt, wundere ich mich, wie sie um alles in der Welt an Mann und Kind gekommen ist.«
    »Wissen Sie, mit wem sie sich heute Morgen treffen wollte?« Ellen hatte sich Janine McQuarries Tischkalender angeschaut; der Tageseintrag war völlig rätselhaft: Penzance North 9 : 30 .
    »Nein.«
    Mehr war nicht herauszubekommen. Ellen rief Challis’ Handynummer an. »Wir sind auf der Rückfahrt nach Waterloo.«
    »Gut. Ich möchte eine kurze Besprechung durchführen, bevor wir mit der Enkelin vom Superintendent sprechen.«
    »Wir sind in zwanzig Minuten da«, sagte Ellen.

9
    Scobie saß hinterm Steuer, und Ellen saß voller Anspannung auf dem Beifahrersitz, stützte sich mit der Hand am Armaturenbrett ab und trat mit dem Fuß auf eine Phantombremse. Suttons Fahrstil war erratisch, ständig sah er sich um und gestikulierte, und ab und zu nahm er einen Schluck aus einer Flasche Mineralwasser.
    »Kennst du die Familie Cobb?«, fragte Scobie. »Aus einer der Sozialsiedlungen?«
    »Eines der Kinder hat eine Marihuanapflanze mit in die Schule gebracht«, sagte Ellen schnaufend.
    »Genau.«
    »Was ist mit denen?«
    »Meine Frau hat mit ihnen zu tun.«
    Ellen wusste, dass Scobie irgendwann auf den Punkt kommen würde. Sie hatte Beth Sutton schon ein paarmal getroffen, bei Polizeipicknicks und Weihnachtsfeiern. Eine unscheinbare anständige Kirchgängerin, die im kommunalen Gesundheitswesen arbeitete und dem Wunsch nachhing, allen Mühseligen und Beladenen der Peninsula zu helfen. Daran war ja nichts Falsches, außer dass die Leute, die solch gute Arbeit leisteten, häufig eine Aura der Frömmigkeit und Selbstzufriedenheit um sich trugen, die Ellen auf die Nerven ging. Sie wartete und sagte dann: »Wirklich?«, um Scobie das Stichwort zu geben, weiterzureden.
    »Als ich heute Morgen bei Gericht war, habe ich

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