Schnappschuss
fest, dass der Mazda verschwunden war. Er beachtete alle Tempolimits und Verkehrsregeln von Waterloo bis Myers Reserve, wo er dann mehrere Bagatelldelikte beging, angefangen bei dem Schloss am Tor mit dem Schild »Nur für Fahrzeuge von Parks Victoria«.
26
Von ihrem Bürotelefon im Gebäude des Progress gab Tessa Kane sich als Lebensversicherungsvertreterin aus. Nachdem sie so herausgefunden hatte, dass Charlie Mead in seinem Büro bei der Arbeit war, fuhr sie über die Peninsula nach Rosebud und klopfte an die Tür seines Hauses. »Mrs. Mead? Lottie Mead?«
Ein argwöhnisches »Ja?«
»Mein Name ist Tessa Kane, ich komme vom Progress .«
Tessa wartete und fragte sich, ob sie sie wiedererkannte. Lottie Mead war schlank und wenig herzlich, ihr Blick glitt ausdruckslos über Tessas Gesicht und kontrollierte die Straße. »Was wünschen Sie?«
»Ich will nicht lügen, Mrs. Mead. Meine Zeitung hat eine Reihe von kritischen Artikeln über Asylsuchende und die Arbeit Ihres Mannes im Internierungslager gebracht. Ich denke, es ist an der Zeit für eine ganz persönliche Sichtweise, und dazu würde ich Sie gern einmal interviewen. Vielleicht könnten wir mit Ihrer gemeinsamen Zeit in Südafrika beginnen und uns von dort vorarbeiten. Wäre das wohl möglich?«
Tessa wartete ab. Das Haus war eine grimmige graue Festung an einem Hang mit Blick auf die Bucht. Schließlich sagte Lottie Mead: »Ich habe Ihnen nichts zu sagen«, und wollte die Tür schließen.
»Warten Sie! Hat Ihr Gatte Ihnen gesagt, Sie sollen nicht mit Reportern sprechen? Hat er vielleicht etwas zu verbergen?«
»Vielleicht haben Sie mich nicht verstanden«, sagte die Frau sehr betont und schloss fest die Tür.
In Upper Penzance war Ellen halb erleichtert, halb enttäuscht, mit Scobie Sutton zusammenzuarbeiten und nicht mit Challis. Nachdem sie die Befragung von Connie Rinehart beendet hatte, setzte sie sich hinter das Lenkrad des Dienst-Falcon, klappte ihr Handy auf und meldete sich bei Challis. »Hal? Rinehart hat Janine McQuarrie nie kennen gelernt – das hatte alles ihr Arzt arrangiert.«
»Was gibt es sonst über die Rinehart?«
»Vierunddreißig, leidet an Agoraphobie, hat in den letzten fünf Jahren kaum noch ihr Haus verlassen. Als Janine nicht auftauchte, nahm Connie Rinehart an, sie hätte Datum oder Uhrzeit verwechselt, hat es aber nicht über sich gebracht, bei der Beratungsstelle oder ihrem Arzt anzurufen. Sie ist sehr schüchtern und zurückgezogen.«
»Wohnt sie in der Nähe von Mrs. Humphreys?«
»Ein paar Kilometer entfernt.«
»Kennt sie sie?«
»Nein.«
»Kennt sie Christina Traynor?«
»Nein.«
Nach kurzem Schweigen sagte Challis: »Bleibt uns noch Janine McQuarries Phobie, rechts abzubiegen. Gestern war sie gezwungen, Rinehart zu Hause aufzusuchen, also suchte sie sich eine Fahrtroute, bei der sie nicht rechts abbiegen musste, bis sie sich in einer fremden Gegend wiederfand und anhielt, um auf die Straßenkarte zu schauen. Ich habe mir die Karte angeschaut: Jemand, der von Mount Eliza nach Upper Penzance will, ohne rechts abzubiegen, kommt höchstwahrscheinlich durch Penzance North. Sie war die falsche Person am falschen Ort zur falschen Zeit und wurde erschossen.«
»Das wäre eine Möglichkeit«, sagte Ellen. »Also, bis nachher auf dem Revier.«
Sie machte den Motor an. Scobie geriet prompt in Erzähllaune. »Erinnerst du dich noch, dass ich gestern von Natalie Cobb erzählt habe?«
Ellen hatte nun schon Stunden mit ihm verbracht und zwang sich zu einem gemurmelten Ja.
»Also, Beth ist gestern nach der Arbeit zu den Cobbs gefahren. Sie hat mir was Interessantes erzählt. Beth traf dort ein, als Natalie ihrer Mutter gerade etwas Geld zusteckte. Sie sagte, Natalie sei ganz bestimmt den ganzen Tag nicht in der Schule gewesen. Ich habe gesehen, wie sie vor dem Gerichtsgebäude von ihrem Freund abgeholt wurde, und ich nehme an, die beiden haben den ganzen Tag miteinander verbracht.«
»Hmhm«, machte Ellen, fand dann aber, sie solle sich ein wenig anstrengen. »Und was hat sie mit ihrem Freund gemacht?«
»Gute Frage.«
»Kennen wir den Burschen?«
»Weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wer er ist.«
»Dann sollten wir das mal herausfinden.«
»Stimmt.«
Gnädiges Schweigen senkte sich über die beiden, bis Scobie wieder anfing: »Heute war der Verrückte-Haare-Tag.«
Ellen schwirrte der Kopf, aber nicht sehr lange. Er schwadroniert mal wieder über seine verfluchte Tochter.
»Am Verrückte-Haare-Tag oder
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