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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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»Chris« unterschrieben.
    Ellen ging gründlich vor, war sich dabei aber die ganze Zeit bewusst, dass Challis in der Nähe war. Sie schienen eine Art Tanz zu vollführen, berührten sich fast, stießen aneinander und sahen weg, nur um wieder voneinander angezogen zu werden. Beiden war diese Situation bewusst, doch keiner sagte etwas. Das konnte nicht so bleiben. Ellen bemühte sich, diese Gefühle abzuschütteln, obwohl sie sie genoss. »Was gefunden?«, fragte Challis zwischendrin mit rauer Stimme. Ellen traute ihrer eigenen Stimme nicht und antwortete kurz: »Nein.«
    Dann trennten sie sich wieder, und Ellen suchte noch intensiver, schaute unter Wandbildern nach Safes, trat auf Dielenbretter auf der Suche nach Verstecken, sah in Küchenschränken und Schubläden, Fotoalben, Kleiderschränken und Wäschekorb nach. Ergebnislos. Keinerlei Hinweise darauf, wo das Patenkind der alten Frau sich im Augenblick aufhielt, dass sie das eigentliche Opfer sein sollte oder dass sie überhaupt jemals hier gewesen war.
    In der Küche trafen sie sich wieder. Ellen bedrückte dieses Haus mit seiner modrigen Atmosphäre und dem leichten Schmuddel einer alten Frau, deren Augenlicht nachlässt. Ellen drehte sich zu Challis um. »Hal –«
    »Ach herrje«, murmelte Hal und sah über ihre Schulter hinweg zum Fenster hinaus.
    Ellen folgte seinem Blick. Superintendent McQuarries Mercedes stand am Absperrband. Der Super stieg zusammen mit Georgia McQuarrie aus, die einen kleinen Blumenstrauß in den Händen hielt. Beide tauchten unter dem Absperrband hindurch und näherten sich der mit Kreide markierten Stelle, an der Janine McQuarrie gestorben war. Ellen schaute neugierig zu. Der für die Spurensicherung zuständige Officer schien mit McQuarrie zu debattieren, zuckte dann mit den Schultern und machte Georgia Platz, die die Blumen auf den Boden legte. Dann tauchten McQuarrie und seine Enkelin wieder unter dem Band hindurch, standen eine Weile da und schauten zu. Georgia war ganz fasziniert von dem Mann, der eine Skizze anfertigte.
    Plötzlich stürmte Challis aus der Küche. Ellen schaute zu, wie er rief: »Einen Augenblick, bitte, Sir.«
    »Jetzt nicht, Inspector«, erwiderte McQuarrie, packte Georgia in den großen Mercedes und fuhr davon.
    Ellen schloss das Haus wieder ab und ging zu Challis und dem Dienstwagen. Die Stimmung war verflogen, der Zauber unwiederbringlich vorbei, und die beiden fuhren schweigend davon. Dann klingelte Challis’ Handy. Er lauschte aufmerksam, legte auf und warf Ellen einen Blick zu. »Das war Scobie. Eine Frau namens Connie Rinehart aus Upper Penzance hat gerade auf dem Revier angerufen. Sie hatte gestern Morgen um halb zehn eine Verabredung mit Janine McQuarrie, also etwa zu der Zeit, als Janine erschossen wurde.«

25
    Auf der anderen Seite der Halbinsel sagte gerade John Tankard: »Hör mal, Pam, wegen gestern, es tut mir wirklich leid, dass ich dich angegrapscht habe.«
    Pam Murphy, die das alles zutiefst langweilte, meinte nur: »Vergiss es.«
    Die beiden saßen in dem kleinen Mazda und patrouillierten die Gegend zwischen Mount Martha und Rosebud. Es war die zweite Woche der Kampagne »Sichere Fahrt« und das war zwei Wochen zu lang. Pam hatte schon längst alle gemeinsamen Themen mit Tankard durchgehechelt. Der kleine moderne Sportwagen bot keineswegs sonderlich viel Fahrvergnügen, und sichere, höfliche Fahrer gab es nur selten. Sie wäre viel lieber losgezogen und hätte böse Jungs einkassiert. Und nach dem, was gestern geschehen war, musste sie stets wachsam bleiben, falls Tank sie wieder begrapschen oder, noch schlimmer, umarmen und um Verzeihung betteln wollte. Purzelte ihm gerade eine Tasse aus dem Schrank? Konnte sie sich noch auf ihn verlassen, falls sie auf einen bösen Buben stießen? Sie beobachtete aus dem Augenwinkel, wie er seinen massigen Oberkörper und die fleischigen Beine verrenkte, um es sich auf dem Beifahrersitz bequem zu machen. Er war einfach zu groß für das Spielzeugauto, und die steifen Glieder und der Muskelkater vom Footballtraining machten die Sache nur noch schlimmer.
    Tank gab nicht auf. »Das war völlig daneben. Es tut mir wirklich leid.«
    »Tank? Halt endlich den Mund«, knurrte sie.
    »Ich wollte doch nur sagen …«
    »Lass gut sein.«
    Glücklicherweise kamen sie kurz darauf an einer Baustelle vorbei, einer neuen Siedlung mit Blick aufs Meer. Eine Hand voll Männer bildeten dort eine Kette gegen Streikbrecher. Tankard schien seine Trübseligkeit abzuschütteln,

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