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Schnee in Venedig

Schnee in Venedig

Titel: Schnee in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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geschickt?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Ich bin von der zivilen venezianischen Polizei. Ich habe mit Oberst Pergen nichts zu tun.»
    «Dann verstehe ich nicht, was Sie von mir wollen.»
    «Ich bin hier, um Ihnen eine Fotografie zu bringen, die Sie noch nicht bei Pater Tommaseo abgeholt haben.» Tron zog die Fotografie aus dem Umschlag und reichte sie Ballani. «Der Pater sagte mir, sie sei vor etwa vier Wochen in seinem Atelier in San Trovaso aufgenommen worden. HofratHummelhauser hatte sie unter dem Namen Ballani bestellt. Die Adresse, die der Hofrat angegeben hat, war Campo Santa Margherita 28.»
    «Und weshalb bringen Sie mir diese Fotografie?»
    «Weil ich Ihnen bei dieser Gelegenheit ein paar Fragen stellen wollte, Signor Ballani.»
    «Worüber?»
    «Vielleicht erst mal über den Besuch von Oberst Pergen», sagte Tron.
    Ballanis Augenbrauen rückten irritiert nach oben. «Falls Ihr Besuch mit dem Mord auf der
Erzherzog Sigmund
zusammenhängt – ich dachte, da würde die Militärpolizei ermitteln.»
    Tron nickte. «Das tut sie inzwischen auch. Oberst Pergen hat den Fall an sich gezogen. Aber es gibt trotzdem noch ein paar offene Fragen. Deshalb bin ich hier.»
    «Obwohl es nicht mehr Ihr Fall ist?»
    «Ja», sagte Tron schlicht.
    Ballani warf einen kurzen Blick auf die Fotografie in seiner Hand, dann blickte er einen Augenblick lang Tron prüfend an. Schließlich seufzte er und sagte: «Gehen wir ins Wohnzimmer. Aber es sieht bei mir überall so aus», setzte er hinzu.
    Ballani hatte untertrieben, denn das Zimmer, in das Tron kam, war in einem noch schlimmeren Zustand als der Flur. Der Fußboden war fast vollständig mit Papieren bedeckt, wobei es sich zum größten Teil um Noten handelte, die aus zwei großen Notenschränken stammten, deren Türen mit so viel Gewalt geöffnet worden waren, dass eine von ihnen schief in den Angeln hing. Ein Teil der Wandvertäfelung war heruntergerissen, vielleicht in der Annahme, dahinter könne sich ein Versteck befinden. Ballanis Sofa war der Länge nach aufgeschlitzt worden, sodass sich die zerfleddertenNoten auf dem Fußboden mit Wolle und Rosshaar aus der Polsterung mischten.
    Das Schlimmste aber waren die kläglichen Reste eines Cellos, das mitten im Raum lag. Die Decke war eingetreten worden, aus der linken Seite der Zarge war ein großes Stück herausgesplittert. Tron hatte nie ein Streichinstrument gespielt, aber der Glanz des Holzes und seine Patina sagten ihm, dass es sich um ein wertvolles Cello gehandelt haben musste.
    Tron spürte auf einmal, wie er wütend wurde. Es war eine völlig unangemessene Wut – unangemessen, weil sie in einem krassen Missverhältnis zu den Gefühlen stand, die der Anblick der beiden Leichen auf der
Erzherzog Sigmund
bei ihm ausgelöst hatte. An Bord hatte er angesichts der Toten nicht mehr als ein professionelles Interesse empfunden – jetzt stieg eine Welle kochender Empörung in ihm auf.
    Ballani war Trons Reaktion nicht entgangen. Er brachte ein schwaches Lächeln zustande. Mit der geschwollenen Oberlippe und dem Lappen, den er immer noch auf sein Auge gepresst hielt, sah sein Gesicht aus wie eine groteske Maske. «Oberst Pergen hat versprochen, mir den Verlust zu ersetzen», sagte er. «Aber ich glaube nicht, dass er weiß, was dieses Cello wert ist.»
    Offenbar hatte sich Ballani auf Trons Klingeln hin von einer Art Diwan erhoben, der vor einem der beiden Fenster stand. Ob das Polster ebenfalls aufgeschlitzt worden war, konnte Tron nicht erkennen, denn über den Diwan war eine Decke gebreitet. Ballani legte sich wieder hin und bat Tron mit einer Handbewegung, auf einem Stuhl neben dem Diwan Platz zu nehmen. Dann nahm er den Lappen von seinem linken Auge, tauchte ihn in eine Schüssel, die auf dem Fensterbrett stand, und legte ihn wieder auf sein Auge zurück.
    «Was ist hier passiert, Signor Ballani?», fragte Tron.
    «Oberst Pergen hat mir gegen zwölf einen Besuch abgestattet. Er wollte wissen, ob der Hofrat Unterlagen bei mir aufbewahrt hatte. Als ich verneinte, hat er mich darauf hingewiesen, dass es schlimme Folgen für mich haben könnte, wenn ich nicht die Wahrheit sagte. Aber da der Hofrat nie irgendwelche Unterlagen bei mir aufbewahrt hatte, konnte ich dem Oberst nicht behilflich sein. Dann kamen eine Stunde später ein paar Rabauken, die meine Wohnung durchsucht haben, und als die wieder verschwunden waren, ist Pergen zum zweiten Mal gekommen. Er hat mich gebeten, ihn zu benachrichtigen, falls doch noch Unterlagen des

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