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Schneeflockenbaum (epub)

Schneeflockenbaum (epub)

Titel: Schneeflockenbaum (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marten t Hart
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liege ich dort eine halbe Stunde und blubbere wie ein Geysir in Island.«
    »Deine Frau ist wirklich zu bedauern ... Aber sei froh, dass ihr keine Kinder habt. Stell dir vor, da wär einer wie du dabei, so ein ›Winde wehen um die Felsen‹-Kerlchen, der den ganzen Tag zum Pott rennt und sämtliches Porzellan zerschmeißt und Blutegel mit nach Hause bringt. Was das angeht, war dein Bruder eine echte Erleichterung. Der kackte normal.«
    »Dann hast du sicher vergessen«, hielt ich ihr giftig entgegen, »dass er ständig Würmer hatte, Aftermaden.«
    »Erinnere mich nicht daran. Was wir damit durchgemacht haben!«
    »Selber schuld. Ihr habt das Ganze vollkommen falsch angepackt. Ich sehe es noch heute vor mir, wie du Pleun abends mit dem Bauch nach unten auf die Sitzfläche eines Stuhls gelegt hast. Und wie Vater dann seine Pobacken auseinanderzog. Und dann hast du mit einem nassen Waschlappen die Aftermaden zerquetscht, die sich nach draußen wanden. Als könnte man auf diese Weise die Zehntausende von Eiern einer solchen Made beseitigen. Die wurden dadurch erst recht ins Freie gepresst und landeten auf Pleuns Hintern und auf deinen Händen und sorgten anschließend für eine erneute Ansteckung. Auch ich hätte leicht befallen werden können, es ist ein Wunder, dass ich nie Probleme mit Würmern hatte.«
    »Oh, das ist nicht schwer zu verstehen, die Maden mochten dich nicht, die wollten von dir nichts wissen, die gingen vor dir auf die Flucht, vor so einem entsetzlichen Dreckschweinchen.«
    »So ein Quatsch, Maden stehen auf Schmutz.«
    »Ich bitte dich, sprich nicht weiter darüber, ich will an das ekelhafte Viehzeugs nicht erinnert werden.«
    »Ich denke noch oft daran. Ein Grund, weswegen ich später Parasitologie studiert habe, war zweifellos euer Gehannes mit dem Waschlappen. Es ist und bleibt etwas Wunderbares, diese Schöpfung, in der alle Lebewesen mit Parasiten verseucht sind.«
    »Darüber will ich nichts hören«, sagte meine Mutter, »und darum lege ich jetzt auf.«
    Da saß ich nun also, den Hörer noch in der Hand, und dachte an die bezaubernde, aber oft auch unheimliche Welt der Parasiten. Es gibt Organismen, die durch den Anus in den Menschen hineinkriechen, um anschließend, überall große Verwüstungen in Muskeln und Organen anrichtend, durch den ganzen Körper zu wandern. Am Ende verlassen sie ihn durch die zerstörten Augen. Ob sie wohl unterwegs, wenn sie sich an Milz, Leber, Herz und Nieren gütlich tun, leise Psalm 8 summen? »Wenn ich deiner Hände Werk betrachte, rühm’ ich den, der all dies machte.«

Die Werkstatt
    J ouris Vater hatte eine auf dem absteigenden Ast befindliche Fahrradwerkstatt übernommen. Das dazugehörige Wohnhaus lag in der Nähe der Kornmühle De Hoop am Zuiddijk. Die Werkstatt befand sich unten am Deich, hinter dem Wohnhaus. Über eine hölzerne Außentreppe konnte man vom Deich zur Werkstatt hinuntersteigen, und mit dem Fahrrad gelangte man von der Fenacoliuslaan aus über einen Trampelpfad dorthin.
    Hinter der Werkstatt erstreckte sich »ein weites Feld«, das in früheren Zeiten vielleicht als Blumengarten gedient hatte. Jetzt wuchsen dort im Sommer nur noch Brennnesseln, Holunder, Klettenlabkraut und schmerzhaft stechende Brombeersträucher, die Ende September süße hellblaue Früchte trugen. Ein rostiger Maschendrahtzaun trennte den ehemaligen Garten von der Brache dahinter. Gänsefuß gedieh dort üppig. Diese Fläche wiederum wurde von einem breiten am Gelände der Kistenfabrik De Neef & Co. entlangführenden Wassergraben begrenzt, in dem es von Wassersalamandern nur so wimmelte.
    Durch den rostigen Maschendraht schlängelten sich Zaunwinden so geschickt in die Höhe, dass der Zaun den Blicken, um die Zeit der Mittsommerwende, vollständig entzogen war. Sosehr ich heute, da ich selbst mein Gemüse züchte, die Zaunwinde hasse, so grenzenlos war damals meine Liebe zu diesen schneeweißen oder manchmal auch hellrosafarbenen zarten Pisspottblüten. Wenn sie in der Sommerbrise sanft hin und her schaukelten, konnte ich meinen Blick kaum davon abwenden. Nur wenige Insekten summten vor den Kelchen, aber ich liebte sie über alles, eigentlich bis heute. Was reicht an die Zartheit und Lieblichkeit dieser Blüten heran?
    Jo Kerkmeester sen. war vorerst nicht in der Lage, die dahinsiechende Fahrradwerkstatt zu einer Blüte zu bringen, die mit der der Zaunwinde vergleichbar gewesen wäre. Sein einziger Konkurrent auf dem Markt, Vlielander, war zwar ein übellauniger

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