Schneegestöber (German Edition)
aus Ihren Worten Bedauern darüber, daß ich nicht wirklich ein Stallbursche bin?«
»Aber nein!« entgegnete Mary Ann entschieden. »Natürlich ist mir lieber, daß Sie ein Viscount sind, Mylord. Ich freue mich darüber, daß eure Ehe standesgemäß sein wird. Glauben Sie mir, obwohl auch Kitty ihre Rolle als Kammerzofe fantastisch spielt, so ist sie doch viel besser für ein Leben als Viscountess geeignet als zur Brau eines Stallknechts.« Sie stand auf, um Kitty herzlich zu umarmen. »Ach, meine Liebe, ich freue mich ja so für dich. Meine allerbesten Glückwünsche! Ich bin sicher, daß ihr großartig zusammenpaßt. Und auch an Sie, Viscount Lornerly…« Al ergriff ihre Hand, um sich galant darüber zu verbeugen: »Bitte, Miss Mary Ann, wir kennen uns jetzt schon so gut«, sagte er mit treuherzigem Blick. »Wir wollen doch nicht auf einmal förmlich miteinander werden. Ich heiße Al, und ich möchte, daß sie mich weiter so nennen. Schließlich bin ich bald der Mann Ihrer besten Freundin.«
»Gerne«, erklärte Mary Ann lächelnd. »Und ihr wollt wirklich hier heiraten? In diesem unfreundlichen Gemäuer? Das ist doch keine richtige Hochzeit! Ohne jeden Verwandten. Wo willst du so schnell ein weißes Brautkleid herbekommen? Und du brauchst doch auch einen Schleier!«
»Ich brauche kein Brautkleid«, erklärte Kitty entschieden. »Das wichtigste ist doch, daß ich Al zum Mann bekomme. Dafür verzichte ich sogar auf einen Schleier. Und auf die große, prächtige Feier, die ich mir als Kind immer ausgemalt habe. Und Verwandte? Mein spanischer Großpapa ist zu alt, um zu reisen. Und Tante Jane? Nein danke, auf die kann ich sehr gut verzichten. Und Onkel St. James wird ja ohnehin anwesend sein. Willst du ihn in die Neuigkeit einweihen, daß ich sein Mündel bin, Annie?«
Mary Ann erwog diese Idee. »Das muß ich mir überlegen«, sagte sie schließlich vage, »St. James und ich verstehen uns zur Zeit nicht besonders gut. Doch als ich von Verwandten sprach, da dachte ich eigentlich auch an die Familie des Bräutigams, Kitty.«
Diese schlug sich erschrocken die Hand auf den Mund. »Aber natürlich!« rief sie aus. »Natürlich, Al, wie konnte ich das nur vergessen? Du mußt Seine Gnaden den Herzog einladen, und deine Mutter, deinen Bruder Freddy und deine Schwägerin, die Kinder der beiden, von denen du mir erzählt hast. Sicher kommt für dich nur eine glanzvolleTrauung in Frage. Im Kreise deiner ganzen Familie, vor den Augen des Bischofs…«
»Was Gott verhüten möge«, erklärte Al und rollte die Augen. »Freddy und seiner Sippschaft stehe ich noch bald genug gegenüber. Meine Eltern respektieren meine Meinung. Sie werden uns verstehen, wenn ich ihnen erkläre, wie die Hochzeit zustande kam. Doch die große Feier, von der du träumtest, werden wir nachholen, meine Süße. Wir werden eine große Soiree geben und alles einladen, was Rang und Namen hat. Natürlich erst, sobald wir von unseren Flitterwochen zurück sind.«
Kitty schenke ihm ein strahlendes Lächeln.
Ich bin neugierig, was St. James dazu sagt, dachte Al. Wie wird er wohl darauf reagieren, wenn er erfährt, daß Kitty in Wirklichkeit sein Mündel ist? Er freute sich schon darauf, das Gesicht seines Freundes zu sehen. Doch noch viel mehr freute er sich auf das Gesicht seines dünkelhaften Bruders. Freddy hatte die Tochter eines Barons geheiratet. Er, Alexander, das schwarze Schaf der Familie, würde die Tochter eines Herzogs zum Altar führen. Nicht, daß das für ihn auch nur im geringsten wichtig war oder gar den Ausschlag für seinen Entschluß zu heiraten gegeben hatte. Aber erfreulich war es schon.
XXIII.
St. James war außer sich. Gut, Lornerly hatte ihm bereite einmal heldenhaft erklärt, er wolle diese Kitty heiraten. Aber zwischen einem frommen Vorsatz und der tatsächlichen Ausführung lag ein himmelweiter Unterschied. Es konnte doch nicht sein, daß sich Al tatsächlich mit einer Weibsperson zweifelhafter Herkunft vermählte. Er war ein Viscount, Sohn eines Herzogs. Sie eine Detektivin, ein Mädchen der unteren Klasse. Seine Gnaden, Als Vater, würde ihm den Hals umdrehen, wenn er davon erfuhr, daß er bei dieser Vermählung anwesend war. Doch was in aller Welt hätte er dagegen unternehmen können? Der verdammte Pfaffe! Wußte nichts Besseres, als inscheinheiliger Entrüstung auf eine Hochzeit zu drängen, die nicht anders als fatal enden konnte.
Natürlich hatte er umgehend Al zu sich rufen lassen. Doch sosehr er auch auf seinen
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