Schneegestöber (German Edition)
Detektivin, und ich bin bereit, gut zu bezahlen.« Mr. Goldsmith war umgehend von seinem eigentlichen Problem abgelenkt: »Wievie?« erkundigte er sich wie aus der Pistole geschossen.
Der Mann begann Seine Lordschaft zu langweilen. »Das Doppelte«, erklärte er leidenschaftslos.
Der Detektiv war weit davon entfernt, ihn zu verstehen: »Das Doppelte? Wovon?« erkundigte er sich ratlos. Seine Lordschaft seufzte ungeduldig: »Wovon denn wohl«, fuhr er auf. »Das Doppelte von dem Betrag, den Sie verlangen würden, wenn Sie einen Auftrag persönlich erledigen. Was würde mich das kosten?«
»Ein…zweihundert«, stammelte der Detektiv.
»Gut, dann zahle ich vierhundert«, entgegnete Seine Lordschaft, als sei damit alles klargestellt. Goldsmith schnappte nach Luft. War dieser Mann verrückt geworden? Vierhundert Pfund für einen Auftrag! Was für eine absurde Idee, eine Detektivin zu verlangen! Woher sollte er in der Eile eine auftreiben? Bisher hatte noch nie jemand danach gefragt. Aber vierhundert Pfund! Das war ein großer Batzen Geld: Da würde er schon ein passendes Weibsstück finden.
»Die Hälfte bei Arbeitsbeginn, die Hälfte bei Erledigung des Auftrags?« erkundigte er sich atemlos.
St. James nickte. Goldsmith verbiß sich mit Mühe ein spöttisches Grinsen. Es war nicht zu fassen. Auch wenn das Mädel es nicht schaffte, diese Lady Westbourne zu finden, und natürlich würde siees nicht schaffen, wären ihm zweihundert sicher. So ein Auftrag lohnte sich.
»Also, wie ist es, Goldsmith? Werden Sie mir eine passende Frau schicken, oder muß ich ein anderes Detektivbüro beauftragen?« unterbrach St. James ungeduldig dessen erfreulichen Gedanken.
»Ich werde Ihnen eine schicken, worauf Sie Gift nehmen – ich meine stets zu Diensten, Eure Lordschaft. Selbstverständlich.«
St. James nickte und erhob sich: »Gut. Ich erwarte Ihre Mitarbeiterin heute nachmittag. Wie ist der Name der Frau? Ich kann mich doch darauf verlassen, daß sie eine Meisterin ihres Faches ist?«
»Aber ja doch, Eure Lordschaft. Für mich arbeiten nur die allerbesten Leute.« Der Detektiv beeilte sich, sich ebenfalls zu erheben. »Heute nachmittag, äh, das… äh erscheint mir allerdings etwas zu früh.« Wie sollte er so rasch ein passendes Frauenzimmer auftreiben. Im Dury Lane Theater? »Mary, äh, also meine Mitarbeiterin, sie heißt Mary, Sir.« Mary war gut, so hieß heutzutage jede zweite Frau. »Sie ist gerade wegen eines anderen Auftrags außerhalb der Stadt. Ich werde ihr umgehend eine Nachricht zukommen lassen. In den nächsten Tagen steht sie Ihnen zur Verfügung, Mylord. Sie können sich auf mich verlassen.«
Widerwillig beugte sich der Earl diesem Vorschlag. »Gut«, bestätigte er schließlich. »Aber beeilen Sie sich. Und sagen Sie dieser Mary, sie soll sich über die Westbournes informieren. Ich will nicht noch weitere Zeit verlieren. Ist das klar?«
»Sonnenklar, Sir, Mylord.« Goldsmith nickte und verließ unter Bücklingen rückwärts das Zimmer. Er hätte Luftsprünge machen können. Er hatte soeben das Geschäft seines Lebens abgeschlossen.
XI.
Der Butler durchmaß mit großen Schritten die Eingangshalle. Mary Ann und Kitty hatten Mühe, ihm zu folgen.
»Mir ist so übel«, murmelte Kitty verzweifelt. »Ich halte es nicht aus. Ich glaube, jeden Moment werde ich ohnmächtig.« Mary Ann blickteerschrocken zu der blassen Gestalt an ihrer Seite. Auch das noch! Es war von größter Wichtigkeit für sie beide, daß sie einen guten Eindruck bei Kittys Vormund erweckten. Nicht auszudenken, was passierte, wenn ihre Freundin sich in Gegenwart des alten Herrn übergab! Nie würde er sich bereit erklären, sie bei sich aufzunehmen!
»Sir!« rief sie so bestimmt, daß der Butler erstaunt im Schritt verhielt. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er sie fragend an. »Meine Freundin fühlt sich nicht wohl. Es handelt sich um eine vorübergehende Schwäche, wie ich hoffe. Gibt es wohl im Hause ein Zimmer, in dem sie sich ein wenig ausruhen kann, bevor wir Seiner Lordschaft gegenübertreten?«
Higson fand dieses unverblümt vorgebrachte Ansinnen reichlich befremdlich. Ein Blick auf die kleine Gestalt mit den dunklen Locken und den blassen Wangen erweckte jedoch umgehend sein Mitleid.
»Nehmen Sie doch solange Platz, kleines Fräulein«, bot er Kitty an und rückte beflissen einen der Stühle neben dem hohen Marmorkamin zurecht. »Ich werde mich sofort um Sie kümmern. Zuerst muß ich jedoch Miss Mary zu Seiner Lordschaft
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