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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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Kamin völlig unmöbliert. Kitty war müde und beschloß, sich darauf niederzulassen. Sie kehrte der Truhe den Rücken, holte Schwung und plumpste mit einem mächtigen Satz auf den Truhendeckel. Nun saß sie da und ließ die Beine baumeln. Ihr Blick war auf die unfreundlichen Gesichter gerichtet, die aus den Gemälden der gegenüberliegenden Wand ernst und teilnahmslos auf sie herniederblickten. Über dem Kamin unter den Bildern führte eine Balustrade die Wand entlang, über die man von der Treppe aus die Zimmer des ersten Stockwerks erreichen konnte. Gelangweilt musterte Kitty das Schnitzwerk des Geländers. Es war geradlinig und einfach. Keinerlei zierliche Schnitzereien verfälschten den plumpen Eindruck. Wie lange man sie wohl hier in dieser kalten Halle warten lassen würde? War es denn nicht üblich, daß die Diener des Hauses kamen, um die Diener fremder Gäste willkommen zu heißen? Ihr Blick, der noch eben achtlos durch den Raum geschweift war, hielt mit einem Schlag inne. Bewegte sich dort nicht etwas hinter dem Geländer? Schimmerte da nicht Farbe zwischen zwei Holzlatten hindurch? Waren das nicht Haare, blonde Haare, die sich zwischen den dunklen Hölzern abzeichneten? Hatte sich da etwa ein Kind hinter dem Geländer versteckt, um durch dessen Ritzen das Ankommen der unerwarteten Gäst? zu beboachteni Kittys Müdigkeit war schlagartig verschwunden. Neugierig richtete sie sich auf: »He du, ich habe dich gesehen!« rief sie zu der versteckten Gestalt hinauf. »Du kannst aufstehen.« Nichts rührte sich. »Ich bin Kitty, eine Zofe.« Vielleicht würde diese Erklärung das Kind dazu veranlassen, aus seinem Versteck hervorzukommen. Doch nichts rührte sich. »Vor mir brauchst du dich nicht zu fürchten. Sagst du mir, wie du heißt?«
    Der blonde Schopf kam langsam höher, und zwei Augen lugten über das Geländer.
    »Wie alt bist du denn?« wollte Kitty wissen. Es schien ein sehr kleinesKind zu sein, wenn es kaum über das Geländer reichte. Fünf oder sechs Jahre vielleicht.
    »Wer war das?« erkundigte sich das Kind mit leiser, piepsender Stimme.
    »Na, fein!« rief Kitty aus. »Du hast ja tatsächlich eine Stimme. Du bist ein Mädchen, stimmt’s? Willst du mir nicht sagen, wie du heißte«
    »Pst«, tönte es hinter dem Geländer hervor. »Nicht so laut. Wer ist denn da gekommen? Wie heißen deine Leute?«
    Kitty rutschte von der Truhe hinunter. Sie stellte sich näher zu der Stelle, hinter der sich das Kind versteckte, und blickte nach oben. Die Augen des Mädchens verschwanden wieder in der Dunkelheit. Kitty grinste. Sie war selbst in diesem Alter zum Leidwesen ihrer Eltern oft recht störrisch gewesen. »Bist du noch da?« fragte sie in die plötzliche Stille.
    »Ja«, piepste es aus der Dunkelheit.
    »Ich mache dir einen Vorschlag«, flüsterte Kitty zurück. »Du sagst mir, wie du heißt, und ich sage dir den Namen meiner Herrschaften.«
    »Meinetwegen«, piepste das Mädchen, und es klang ungeduldig und wenig erfreut. »Ich heiße Barbara.«
    »Barbara«, wiederholte Kitty. »Das ist aber ein schöner Name. Und nun sage ich dir auch, mit wem ich gekommen bin. Mit Miss Rivingston und Mr. Rivingston, ihrem Bruder. Bist du jetzt zufrieden?«
    »Miss Kitty?« Eine weibliche Stimme ließ Kitty herumfahren. In der offenen Tapetentür stand ein Mädchen, die hellblonden, fast weißen Haare waren aufgesteckt und von einem korrekten Häubchen gehalten. Das schwarzweiß gestreifte Kleid wies sie ohne Zweifel als Dienerin aus. »Ich bin Betty, das Hausmädchen. Mrs. Bobington hat mich beauftragt, mich um Sie zu kümmern. Kommen Sie mit. Ich zeige Ihnen das Zimmer Ihrer Herrin.«
    Es hat geklappt! dachte Kitty erfreut. Mary Ann und der Earl dürften keinen Verdacht erregt haben. Wie sonst war zu erklären, daß ihnen Zimmer zumindest für die Nacht angeboten wurden.
    »Als ich hereinkam, hatte ich das Gefühl, Sie würden mit jemandem plaudern«, stellte das Hausmädchen fest und warf Kitty einen neugierigen Blick zu.
    »Ja, richtig, mit Barbara«, antwortete diese leichthin. Sie waren eben bei einem großen Spitzbogenfenster vorbeigekommen. Dichte Schneeflocken fielen auf das kalte Glas.
    »Barbara?« wiederholte Betty erstaunt. »Aber wir haben hier keine Barbara.«
    Kitty lachte auf: »So ein schlimmes kleines Mädchen!« rief sie aus. »Jetzt hat sie mich angeschwindelt und mir einen falschen Namen gesagt. Zu mir sagte sie, sie heiße Barbara. Wie heißt das Mädchen wirklich?«
    Betty war stehengeblieben.

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