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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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Bett ausgestreckt hatte, sprang erschrocken auf. Zum Glück hatte der Butler sie nicht gesehen. Er war bereits dabei, die nächste Tür zu öffnen: »Und das ist Ihr Zimmer, Sir. Ich hoffe, sie finden alles zu Ihrer Zufriedenheit. Kommen Sie mit, Mädchen.« Dieser Befehl war an Kitty gerichtet, die Mary Ann einen entsprechenden Blick zuwarf und sich mit keckem Lächeln anschickte, dem Butler zu folgen. »Ich zeige Ihnen die Küche. Sie können heißes Wasser heraufbringen.«
    »O nein!« rief Mary Ann erschrocken. »Ich meine, ich möchte, daß meine Zofe bei mir bleibt. Sie muß mir beim Auskleiden helfen. Sagen Sie meinem Burschen, er soll das Wasser heraufbringen.«
    Der Buder verbeugte sich und wandte sich zum Gehen. »Und wo ist mein Zimmer?« wollte Kitty wissen. Der Rücken des würdigen Dieners versteifte sich merklich. »Im Dienergeschoß unter dem Dach«, sagte er würdevoll. »Betty wird es Ihnen zeigen, wenn die Arbeit getan ist.«
    »Unter dem Dach?« wiederholte Mary Ann. »Gibt es denn keinen Raum hier in meiner Nähe? Ich möchte Ihnen keine Umstände machen, aber ich bin es gewohnt, meine Zofe in meiner Nähe zu wissen.«
    »Bedaure, das ist in diesem Haus nicht möglich, Madam.« Der Butler verbeugte sich angemessen und schritt den langen Gang hinunter.
    Der Earl wollte soeben in seinem Zimmer verschwinden, als Kittys Stimme ihn zurückhielt: »Wenn ihr wüßtet, was für eine seltsame Begegnung ich hatte«, begann sie und ließ sich auf dem weichen Fauteuil nieder. Ohne zu zögern, betrat der Earl das Zimmer seiner vermeintlichen Schwester und zog die Tür hinter sich zu.
    Kitty genoß es, daß ihr die ungeteilte Aufmerksamkeit Seiner Lordschaft und ihrer Freundin zuteil wurde, und schilderte das Gespräch mit dem fremden Kind in allen Einzelheiten.
    »Und das Hausmädchen sagte wirklich, es gäbe kein Kind im Haus?« vergewisserte sich Mary Ann. »Das ist seltsam.«
    »Barbara«, murmelte der Earl. »Silvies Schwester heißt Barbara. Sie ist Klosterfrau und nicht ganz richtig im Kopf, wie mir schien.«
    »Sie meinen, diese Barbara ist vielleicht gestorben und spukt jetzt durch die kalte, unfreundliche Burg?« fragte Kitty fasziniert.
    »Als ich sie das letzte Mal sah, war sie am Leben«, entgegnete der Earl gelassen. »Und das war vor drei Wochen. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muß mich umziehen. Wahrscheinlich war das Mädchen das ledige Kind einer Angestellten des Hauses. Was mich wieder zum Thema bringt…« Er wandte sich Mary Ann zu, doch seine Stimme hatte viel von ihrer ursprünglichen Schärfe verloren… »Ich habe noch ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen, Miss Mary Ann.«
    »Man rupft keine Hühnchen mit Frauen aus dem Volke«, entgegnete Mary Ann frech. Der Earl blickte sie einen Augenblick lang verdutzt an, dann lachte er laut auf und verschwand in seinem Zimmer.
    Das Abendessen dauerte nicht einmal eine Stunde. Seit Viscount Bakerfield von Gicht arg gepeinigt wurde, hatte ihm sein Arzt geraten, auf Fleisch und fette Saucen ganz zu verzichten. So war es ein karges Mahl, das den vier Personen an dem großen Eßtisch vorgesetzt wurde. Die Fischsuppe wurde von einer Fischpastete abgelöst. Zum Hauptgang gab es wieder Fisch mit verschiedenen Arten von Gemüsen. Der Hausherr bevorzugte Karoffeln und nahm sich reichlich Kohl aus der großen Schüssel. Den Abschluß dieses eintönigen Mahles bildete Käse, der von den Pächtern des Landgutes hergestelltwurde. Da der Arzt dem Viscount auch vom Genuß von Rotwein abgeraten hatte, wurde dunkles Bier serviert, das der Earl mit kaum verhohlener Abscheu ablehnte. Statt dessen ließ auch er sich von der Limonade einschenken, die für Mary Ann gebracht worden war. Er verzog beim ersten Schluck derart angewidert das Gesicht, daß Mary Ann lächeln mußte. Wie zufällig sah sie zum Viscount hinüber, und ihre Blicke trafen sich. Der Hausherr lächelte ebenfalls: »Nicht gerade das, was Sie gewohnt sind, Mr. Rivingston, nicht wahr?« erkundigte er sich höflich und legte die Betonung auf den Familiennamen seines Gastes. War da Spott bei seinen Worten mitgeklungen? »Wir leben hier etwas abgeschieden«, fuhr er fort, und seine Stimme war wieder freundlich. »Sie müssen verzeihen. Dafür haben wir einen sehr guten Portwein. Shedwell, bringen Sie eine Flasche herauf. Sie haben Grüße von Bernard mitgebracht, Miss Rivingston? Wie geht es meinem Enkel?«
    »Master Bernard?« erkundigte sich der Kaplan interessiert und wandte seine dick bebrillten

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