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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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für
gewöhnlich an den Tag legte, Anne um ihr Leben beneidete? Nein, nicht um dieses
blasse, langweilige Dasein, wie Anne es bisher geführt hatte, davon hatte Katie
ja keine Ahnung. Sondern jenes sorglose Schwelgen in Luxus, welches sie, Anne,
Katie während der vergangenen Tage vorgeführt hatte: Die Nobelhotels, die
teuren Restaurants, die exquisiten Bars, die edlen Klamotten, das lässige
Zücken der Kreditkarte mal hier und mal da.
    Eine ganze Zeitlang kauerte sie
regungslos da. Die Tränen schossen ihr in die Augen, quälende Selbstvorwürfe
jagten einander wie die Wolkenfetzen am texanischen Himmel: Wie grenzenlos
unsensibel war es von ihr gewesen, Katie jenes Trugbild vorzugaukeln, das für
sie völlig unerreichbar war und immer unerreichbar bleiben würde. Konnte man es
Katie verdenken, wenn sie sich nun einfach ein Stück von dem fetten Braten
nahm, welcher ihr seit Tagen unter die Nase gehalten wurde? Davon mußte eine
wie sie doch unweigerlich angezogen werden, ähnlich einer Raubkatze vom Geruch
frischen Blutes... Anne wurde schlecht, ihre Eingeweide begannen zu
rebellieren.
    Wie lange wird es wohl dauern? Ob ich
die Nacht hier verbringen muß? Vielleicht schnitten sie ihr ein Ohr ab, oder
einen Finger, um zu beweisen, daß sie es ernst meinten?
    Werd nicht hysterisch, rief Anne sich
zur Ordnung, und reiß dich endlich zusammen! Guck dich lieber in dieser Garage
um, vielleicht liegt da was rum, womit man die Tür aufbrechen oder dem nächstbesten,
der hier reinkommt, den Schädel einschlagen kann.
    Eine Plastikgießkanne, ein
Gartenschlauch, ölige Lappen, ein Plastikeimer, ein löcheriges Fliegengitter...
    »Verdammt nochmal«, fluchte Anne laut.
Was sie eigentlich suchte, wußte sie selbst nicht so genau, aber es war
immerhin besser, als grübelnd herumzusitzen. Auch das Autowrack gab nichts her.
Keine Stoßstange, die man abmontieren und zur Waffe Umrüsten konnte, keine
Felgen mehr, nicht einmal ein Schaltknüppel, geschweige denn so ein traumhafter
Gegenstand wie ein Wagenheber. Nichts. Wenn ich Jeff oder diesem Miststück
Patricia den Plastikeimer an den Kopf schleudere, ob das ausreicht?
    Die Seitentür wurde aufgeschlossen und
ein Kerl betrat die Garage. Es war nicht Jeff. Der hier war ein gutes Stück
kleiner und glich eher einem eingelaufenen Bodybuilder. Sein Kopf schien winzig
im Verhältnis zu seinen Muskelbergen, vermutlich war er gerade dabei, dieses
überflüssige Körperteil ganz wegzutrainieren. Sein Gesicht hatte etwas
Rattenhaftes.
    »Hinsetzen«, sagte er leise. In der
Stimme schwang eine unangenehm hohe Kopfnote. Ob das von den Pillen kam?
    Anne gehorchte. Sie wollte keinesfalls
riskieren, wie ein Hund angebunden zu werden. Hinter Mr. Anabolika erschien
Patricia mit einer Pistole in der Hand.
    Katie? Wo war Katie?
    Patricia sah Anne prüfend an und blieb
in der Tür stehen. Zumindest funktionierte der Zimmerservice so einigermaßen,
denn Rattengesicht stellte ein Tablett mit einer frischen Dose Cola und einem
Hamburger neben Anne ab.
    »Wie lange soll ich hier festgehalten
werden?« erkundigte sich Anne giftig.
    »Gefällt’s dir bei uns nicht, Honey?«,
antwortete der Kerl und grinste, was sein Gesicht noch mehr entstellte.
    »Halt die Klappe!« kam Patricias
Stimme wie ein Peitschenhieb von der Tür. »Und du auch.« Anne beschränkte sich
darauf, Patricia herablassend anzusehen. Gib dir ja keine Blöße vor diesem
Pack, ermahnte sie sich.
    Mit ihrer Waffe wirkte Patricia
autoritär und entschlossen. Ganz anders als gestern auf der Veranda, mit den
bunten Papierfetzen im Haar. Jeff ließ sich nicht blicken. Schade, speziell für
ihn hatte sich Anne schon ein paar deutliche Worte überlegt. Was sie allerdings
Katie sagen würde, falls...
    »Beeilung, Rich! Oder willst du hier
übernachten?« fuhr Patricia das Kraftpaket an.
    »Das ist ‘ne prima Idee.« Er griff mit
seinen sabbernden Blicken nach Annes nackten Beinen. »Bis später, Honey, ich
werde mich nachher ein wenig um dich kümmern.«
    »Einen Scheißdreck wirst du«, knurrte
Patricia, und die beiden verschwanden, wobei Rich, hinter Patricias Rücken,
seine Absichten mit einer ebenso unmißverständlichen wie obszönen Geste
durchblicken ließ.
    Kaum waren sie weg, sprang Anne wie
elektrisiert auf. Sie dachte keine Sekunde länger über Katie nach. »Ich muß was
finden, irgendwas«, flüsterte sie beschwörend zu sich selber, »bis dieser Kerl
wiederkommt...« Ein paar unerträglich widerwärtige Vorstellungen drängten

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