Schneenockerleklat
seine Liege in einem kleinen, fensterlosen Raum hinter der Rezeption
angeboten und er das Angebot mangels Alternativen angenommen hatte.
Das Problem war, dass Geneva Post noch immer kein eigenes
Zimmer bekommen hatte und daher nach wie vor in Palinskis schöner Suite
logierte. Das hatte man davon, wenn man meinte, aus reinem Spaß, als Jux oder
missverstandener Jugendförderung unbedingt einen exaltierten 25-jährigen
weiblichen Überraschungsstar engagieren zu müssen.
Obwohl, irgendwie süß war die Kleine schon.
Ja, und das zweite Bett in Florians Zimmer, das, in dem
Palinski die vergangene Nacht verbracht hatte, wurde jetzt von Major Fink
Brandtner schlafenderweise benutzt.
Aber für morgen, also für heute, hatte ihm der Herr der
Schlüssel ein hübsches Zimmer für Geneva versprochen. Das musste auch klappen,
denn morgen, also heute, würde ja endlich auch Wilma kommen. Und die konnte ja
schlecht mit ihm die knapp einen Meter breite Liege teilen.
Mario war kaum eingeschlafen, als ihn der Nachtportier auch
schon wieder weckte. »Tut ma leid, Herr Palinski. Ich habe aber einen Anruf für
Sie.«
»Keine Anrufe jetzt, bitte!«, murmelte dieser leise. »Ich
kann nicht mehr!«
»Aber die Dame, eine Frau Bachler, hat mir extra
aufgetragen, dass die Sache uuunheimlich wichtig ist! Und dass Wilma Ihre Hilfe
braucht, soll ich sagen. Hat sie gsagt!«
Dem Nachtportier war das alles recht unangenehm.
Ob Wilma das u wirklich so lang gezogen hatte, wie der nette
Mann vorgegeben hatte? Wahrscheinlich, Wilma wars zuzutrauen, komisch, dass er
von ihr träumte.
»Wilma, haben Sie Wilma gesagt?«, Palinski war aufgeschossen
wie einer dieser Juxköpfe, die an einer Sprungfeder fixiert waren und aus der
Schachtel sprangen, sobald der vermeintlich Beschenkte sein Geschenk näher
unter die Lupe nahm.
Der Engel in der Rezeption nickte nur und deutete auf den
Apparat am Tresen. »Ich kann Ihnen das Gespräch aber auch auf Ihr …, in eine
Zelle legen!«
»Das ist nicht notwendig, nicht um …«, Palinski lugte
vorsichtig auf seine Armbanduhr. »Nicht um 4.22 Uhr.« Da gab es keine
vertraulichen Mitteilungen oder intimes Geflüster, da konnte es sich wirklich
nur um einen Notfall handeln.
»Hallo Schatz«, meldete sich Palinski, »schön, dass du dich
meldest. Was gibt es Wichtiges?«
Wilma konnte nicht verbergen, dass sie gerade geweint hatte,
und sie versuchte es auch gar nicht. »Ich weiß nicht, wie lange ich das noch
schaffe«, jammerte sie. »Dieser ständige Wechsel von kalt zu warm und dann
wieder kalt!« Sie schluchzte leise.
»Wieso, bist du in einer Sauna?«, wunderte sich Mario, der um
diese Tageszeit nun einmal nicht zu den Hellsten zählte.
Das Missverständnis hatte aber auch sein Gutes. Wilma hatte
den Sager für einen Scherz gehalten und gelacht. Ein bisserl nur, aber besser
als gar nicht.
»Was muss nur passieren, dass du nicht einen deiner dummen
Witze machst?«, kritisierte sie, aber irgendwie klang das auch wie ein
Kompliment. Wie auch immer, Palinski konnte das nur recht sein.
»Also was ist
jetzt los?«, meinte er ganz geschäftsmäßig.
Und so berichtete ihm Wilma von der Geldübergabe, die sich
unbemerkt unter den Augen der beiden Privatdetektive abgespielt haben musste,
und davon, dass sie etwas später den Aufenthaltsort Alberts erfahren hatte.
Wider Willen zog Palinski seinen Hut vor den Entführern, ein
wenig zumindest. Die beiden waren offenbar besser, als er angenommen hatte.
Oder Helmbach und dieser Jo Stümper. Vollkoffer, um den Bürgermeister der
Bundeshauptstadt zu zitieren. Nun ja, man würde sehen.
Aber egal, Hauptsache, Ende gut, alles gut.
»Na, das ist doch wunderbar, dann ist die Sache doch endlich
ausgestanden!«, freute er sich, hatte aber kein wirklich gutes Gefühl dabei.
Wilmas Tränen hatten nicht nach solchen der Freude angemutet. »Und wie gehts
Albert? Ihr habt ihn doch schon abgeholt?«
»Das ist es ja«, Wilma schluchzte nochmals ein wenig. »Albert
ist verschwunden. Er ist zwar eindeutig in dieser ›Casa Blu‹ gewesen, aber als
Helmbach und Fossler ihn abholen wollten, war kein Mensch mehr in dem Haus. Ich
habe keine Ahnung, was ich Tante Anita sagen soll.«
Jetzt hatte sein Schatz begonnen, richtig zu
weinen, und das war etwas, was Palinkis hasste wie nur etwas. Weinende Frauen
waren ihm ein Gräuel, und das schloss Wilma durchaus mit ein. Im Gegenteil,
wenn sie weinte, fühlte er sich besonders
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