Schneenockerleklat
einen Flug zu bekommen,
der sie möglichst weit weg und in Sicherheit brachte.
Sandy erinnerte sich, dass die Rückfahrt für 5 Uhr angesetzt
war. Dass ihnen also noch, sie griff nach Burschis Arm und warf einen Blick auf
seine Uhr, mehr als sechs Stunden bevorstanden, die es zu überstehen galt.
»Vielleicht wird es das Beste sein, ins ›Bellevue‹ zum
Gschnas zu gehen, da fallen wir am wenigsten auf«, stellte sie fest. Und
Burschi nickte heftig und ergänzte hoffnungsfroh: »Da gibt es sicher auch etwas
zu essen!«
*
Der Wettbewerb um die Schneenockerlnqueen, wie
der vor Kurzem in Begleitung der Wallners und Ministerialrat Schneckenburgers
erschienene Innenminister das fröhlich-chaotische Treiben da oben auf dem
Podium scherzhaft bezeichnete, wurde immer peinlicher.
Ja, nachdem Malatschew Peter Millfish offenbar mit einem
russischen Schimpfwort belegt und der Sir daraufhin wutentbrannt den Saal
verlassen hatte, drohte kurzzeitig sogar der Abbruch.
Abgesehen von den teilweisen Spannungen auf der Bühne,
herrschte auch organisatorisch ein unwahrscheinliches Chaos. Das zusätzlich
noch olfaktorisch belastet wurde durch den wirklich mörderischen Gifthauch, der
aus dem Maul von einem der beiden Ober stammte. Der noch dazu offenbar immer
dann, wenn er gerade einen Teller abstellte oder wegräumte, kräftig ausatmete,
statt die Luft anzuhalten. Wenn sich der Unglücksrabe schon nicht die Zähne
putzte, dann sollte er wenigstens an seiner Atemtechnik arbeiten.
Irgendwo in Palinskis Hinterkopf kratzte dieser Gestank an
einer Erinnerung. Ihm wollte aber nicht und nicht einfallen, wo ihm dieser
Schwalm Moder bereits untergekommen war.
Dann, als endlich sämtliche, natürlich anonymisierten Proben
verkostet worden waren und die Zeit für eine Entscheidung gekommen zu sein
schien, geschah etwas völlig Überraschendes.
Berta Weilhammer, die Palinski schon abgegangen war, kam
glückstrahlend, einen dampfenden Teller in der Hand, zum Jurytisch und baute
sich vor Juri auf.
»Ich glaube, ich weiß, was Sie sich wirklich wünschen!«,
kündigte sie stolz an und stellte den Teller vor dem Jurypräsidenten ab.
Palinski hatte zwar noch nicht erkennen können, um was es
sich da auf dem Teller handelte. Aber eines stand schon fest. Das
Was-immer-Auch roch köstlichst, umschmeichelte die nicht immer verwöhnten, ja
zuletzt sogar gefolterten Nasenschleimhäute auf das Verführerischste.
Der Geruch war himmlisch, Spitze, cool, wie immer man das
generations- und sprechkulturbedingt auch ausdrücken mochte, wunderbar.
Juri schien das auch so zu sehen, denn sein donnerndes »Da,
da, das ist es. Diese Speise chat gesiegt und damit Punktum!« kam aus tiefstem
Herzen. Und natürlich auch mit dem Brustton der Überzeugung.
Palinski kannte das von einigen ähnlichen Situationen in der
Vergangenheit. Wenn der alte Russe so reagierte, dann half nichts mehr. Dann
war das eben so. Da fuhr ganz einfach der Zug drüber, wie es so schön hieß.
Obwohl die Vorgangsweise ganz schön autoritär war und sicher
nicht den klassischen Regeln einer Juryentscheidung entsprach, konnte Palinski
mit dieser Entscheidung leben. Immerhin zählte ein Schneenockerln-Wettbewerb
nicht gerade zu den Top-Errungenschaften der Aufklärung, ohne die Freiheit und
Demokratie nicht vorstellbar waren.
Aber eines wollte Mario schon wissen. »Was ist denn das auf
dem Teller? Nach Schneenockerln schaut mir das nicht aus.«
»Das sind …«, wollte Berta erklären, aber der Präsident ließ
sie nicht zu Wort kommen.
»Das chier cheißt Dukatenbuchteln mit Vanillesoße
und ist chervorragend!« Mario hatte den alten Russen noch nie so schwärmerisch
blicken sehen. Na ja, einmal vielleicht, als er das erste Mal Kastanienreis
geschlemmt hatte.
»Und damit chat Berta mit dieser cherrlichen Spezialität den
Wettbewerb gewonnen. Und damit basta, charascho!«
»Aber du wolltest doch unbedingt Schneenockerln cha… haben,
Juri. Ich habe deswegen sogar einen eigenen Wettbewerb gestartet!«, wunderte
sich Palinski. »Wir können doch nicht vor die Leute treten und verkünden, dass
Berta Weilhammer den Schneenockerln-Wettbewerb mit Dukatenbuchteln mit
Vanillesauce gewonnen hat. Die halten uns doch für verrückt!«
»Und warum sollen die uns nicht für verrückt chalten!« Juri
grinste sein breitestes Grinsen. »Es ist ja wirklich verrückt. Aber es ist
chalt so. Ich chabe entschieden und basta.«
»Ja, du hast
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