Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern
die Conrey mitgebracht hat und die jetzt weg ist, und Ohayon erzählt Resnais von diesem Film, in dem es auch immer schneit, und keiner denkt sich was, und …
»Könnt ihr dann mal aufhören zu quatschen? … Danke. Der Fall Geneviève Mortier. Obwohl jeder von euch am Tatort war, fasse ich kurz zusammen, was wir wissen. Vielleicht haben wir irgendwas übersehen.«
»Ich war nicht mit am Tatort!« Resnais ist neu und bewacht die meiste Zeit das Telefon. Er hatte sich das irgendwie aufregender vorgestellt bei der Polizei. Andererseits gefällt ihm auch einiges. Zum Beispiel die entspannte Atmosphäre.
»Na schön, Resnais, wenn du jetzt deinen Kaffee hast, dann spitz die Ohren! Das Opfer wurde um fünf Uhr morgens von Marie Darlan gefunden, als sie vor die Tür ging.«
»Ja, die wachen früh auf, die Alten. Stimmt doch, oder?«
»Mit Aufwachen hast du ja so deine Probleme.«
Eine kleine Anmerkung von Conrey. Belohnt von einem Lächeln. Resnais nämlich findet das meiste, was Conrey sagt oder macht, ziemlich richtig, ziemlich korrekt und insgesamt ziemlich gut. Grenier überhört solchen Quatsch grundsätzlich, der Kommissar geht auch nicht darauf ein.
»Madame Darlan konnte nicht schlafen, weil ein Junge im Wald rumgrölte. Um sieben Uhr fand die Suchmannschaft zwei Kilometer vom Fundort des Mädchens entfernt die Leiche eines Jungen. Wir wissen inzwischen, dass er Philippe Nimier heißt. Die Jugendlichen aus dem
Chaise Longue
beschreiben ihn als aggressiv und gewaltbereit. Vor allem Frauen gegenüber. Fragen?« Keine Fragen. Resnais trinkt einen Schluck Kaffee. »Philippe Nimier war am Freitagabend zusammen mit Thomas Baffour, Max Steiner und Geneviève Mortier im
Chaise Longue
. Dafür gibt es dreißig Zeugen. Kurz nach eins sind die vier zum Parkplatz am Feensee gefahren. Dafür gibt es acht Zeugen, alles Besucher der Discothek.«
Ohayon unterbricht den Kommissar. »Eine Zeugin hat ausgesagt, dass ein weiterer Junge mitgefahren ist. Wollte dich nur dran erinnern.«
»Danke. Die anderen haben das zwar nicht bestätigt, sollten wir aber im Auge behalten. Das Auto, mit dem die Jugendlichen weggefahren sind, war auffällig und sehr alt.«
Conrey mischt sich ein: »Ein Junge meint, es sei ein Opel Admiral gewesen. Das passt doch auch zu den Spuren, die Grenier am Parkplatz sicherstellen konnte.«
»Grenier?«
»Wie schon gesagt, Roland … Ich fand Spuren von zwei sehr großen Fahrzeugen mit schmalen Reifen. Oldtimer. Ein Opel Admiral kommt auch hin, was den Wendekreis angeht. Das andere Auto muss etwa zwei Stunden später dort eingetroffen sein. Sie sind höchstens eine halbe Stunde lang gemeinsam dort gewesen und dann abgefahren. Das habe ich aus der Dicke der Schneedecke über den Spuren beim Ausrangieren geschlossen. Wie gesagt, das sind alles Schätzungen.«
»Gute Arbeit, Grenier. Gute Arbeit.«
»Danke.«
»Tja, und Thomas Baffour liegt im Krankenhaus Zur Heiligen Mutter und schläft den Schlaf des Gerechten und konnte bisher nicht vernommen werden. Damit ist der Verbleib von Geneviève, Phillip und Thomas geklärt. Wo Max Steiner sich aufhält, wissen wir nicht. Angeblich ist er in Deutschland. Warum er und Thomas ihre Freunde bei minus sechs Grad am Feensee zurückgelassen haben, wissen wir auch nicht.«
»Die waren selbst halb erfroren, oder? Vielleicht waren sie einfach in Panik und haben es vergessen.«
»Immerhin bekamen wir den anonymen Hinweis, dass da Jugendliche im Wald sind. Vielleicht war das der Versuch, die Freunde zu retten. Sag mal, Resnais, wie war das mit dem Anruf? Ohayon meinte, es wäre zwei Mal angerufen worden. Was war da genau los?«
»Na, jemand ruft an, fängt an zu erklären und … legtplötzlich auf. Zehn Minuten später hat er dann noch mal angerufen.«
»Hm. Unklar ist bis jetzt auch noch, wer Thomas Baffour ins Krankenhaus gebracht hat. Die Schwester sagte, er wurde von einem Mann eingeliefert, den sie den ›König‹ nennen. Ich werde heute mit dem Chefarzt sprechen, und …«
Ohayon unterbricht ihn. »Entschuldige, dass ich so langsam bin, aber … Sag mal, Conrey: Wenn dieser Wagen tatsächlich ein Opel Admiral war … Gibt ja nicht viele davon, oder? Was hat denn der Junge gesagt? Was war das für ein Nummernschild?«
»Wusste er nicht. Nicht mal, ob der aus Deutschland kam, konnte er sagen. Er war so begeistert von dem Wagen … Na, wie diese Autofreaks eben so sind. Bei uns in Fleurville ist der Wagen jedenfalls nicht gemeldet«, erklärt Conrey. »Aber
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