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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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katholisches Krankenhaus, damit sie dort abtreiben können?«
    »Warum jemand wie Professor Galinski ausgerechnet in so einer Bude arbeitet, weiß nur der Allmächtige selbst. Aber er ist ein angesehener Arzt. Kein Engelmacher.«
    »Immerhin.«
    »Setzen Sie Ihre schwarze Brille ab, Herr Kommissar. Kommen Sie mal im Sommer her. Abends. Da sitzen wir da hinten und machen Feuer und quatschen. Das sind schöne Jahre, wenn man jung ist.«
    Roland Colbert denkt an seine Tochter und daran, wie sehr sie sich auf die Reise nach Barcelona freut. In seinem Beruf kann man sich gar nicht dagegen wehren. Gegen diese Einteilung. Heile Familien. Kaputte Familien. Vielleicht ist das alles falsch … Sina, er und Juliet. Ist das eine heile Familie? Oder sind er und Juliet dabei, seine Tochter zu einer Spießerin zu erziehen, die später Pauschalreisen bucht?
    »Träumen Sie?«
    »Nein.«
    Roland Colbert schiebt sein Glas nach vorne, der König füllt es nach.
    »Prost!«
    Sie trinken.
    »Wie ist Thomas Baffour ins Krankenhaus gekommen?«
    »Er rief mich an und sagte, dass er am Feensee im Wald liegt. Ich bin hingefahren und hab ihn gesucht. Er war nur noch halb bei Bewusstsein, als ich ihn fand. Total unterkühlt war der. Also hab ich ihn ins Krankenhaus gebracht.«
    »Mit was für einem Auto sind Sie gefahren?«
    »Mit dem Kapitän. Opel Kapitän.«
    »Einige Zeugen haben ausgesagt, Max hätte an dem Abend einen Opel Admiral gefahren. Stammt der von hier?«
    »Ja. Max hat das schon ein paar Mal gemacht, sich Autos zu nehmen. Schwierig. Der Wagen gehört mir noch nicht mal. Ich hab ihn an einen Deutschen vermittelt. Der stand nur hier, weil der Kunde meinte, dass die Achse klappert.«
    »Ach so, deshalb …«
    »Was?«
    »Der Wagen ist nicht in Frankreich gemeldet.«
    »Nein, in Deutschland. Wurde Mittwoch umgemeldet.«
    »Und Max hat ihn sich ›geliehen‹.«
    »Er ist schüchtern und meint, er braucht das. Ein dickes Auto und seine coolen Sprüche.«
    »Als Sie Thomas gefunden haben, hat er was gesagt?«
    »Er hat gebrabbelt, dass da noch welche im Wald sind, die wir retten müssen. Ich hatte in der Aufregung mein Handy vergessen. Also habe ich Max gesagt, dass er die Polizei benachrichtigt, sobald er zu Hause ist.
    »Max war noch da, als Sie kamen?«
    »War noch da. Ja. Ziemlich verfroren. Hat tapfer ausgehalten, ich hab ihm dann gesagt, dass er nach Hause fahren soll und die Polizei informieren. Das hat er doch wohl gemacht, oder?«
    »Ja, das hat er gemacht. Anonym, aber er hat uns informiert.«
    »Ich musste ja Thomas ins Krankenhaus bringen. Der war nicht mehr weit vom Erfrieren. Ich hatte keine Zeit, noch nach den anderen zu suchen.«
    »Was genau hat Thomas gebrabbelt? Wer sollte da noch im Wald sein?«
    »Geneviève und Philippe.«
    »Von einem weiteren Mädchen hat er nicht gesprochen?«
    »Nein. Geneviève und Philippe.«
    »Können Sie sich vorstellen, dass Thomas einem Mädchen was antut?«
    »Im Suff ist alles möglich. Davon abgesehen … Nein. So wie ich ihn kenne, würde ich ganz klar sagen, nein.« Der König überlegt. »Geneviève ist oben an der Lichtung ermordet worden, nicht wahr …?« Der Kommissar nickt. »Als ich Thomas fand … Er hat die ganze Zeit … auch im Auto … er hat immerzu gebrabbelt … Zwei Sachen hat er gesagt: Wir müssen Bescheid sagen, Geneviève und Philippe sind noch im Wald … Und: Philippe, bau keinen Scheiß! Er hat nichts gesagt, dass auch nur im Entferntesten darauf hindeutet, dass er ihr etwas angetan hat. Wie gesagt: Er wusste nicht, was er da brabbelt. Ich würde sagen … Ich würde mit all meiner Kenntnis sagen: Nein, der war’s nicht.«
    Der Kommissar nickt. Er kann sich nicht dagegen wehren: Er sieht sich selbst als jungen Mann. Es ist nur ein Gefühl. Er überlässt sich der Betäubung.
    Ein sonderbares Wesen kommt in die Küche. Der Junge ist sechzehn, vielleicht siebzehn. Wie der geht! Er trägt eine gestreifte Hose und ein buntes Jackett. Lange Haare. Einen Moment lang ist der Kommissar sich nicht ganz sicher, ob der Junge real ist. So was gibt es ja! Dass man kurz meint, nichts wäre real.
    Der Junge kommt näher und der Kommissar denkt etwas, das unsinnig ist: Das ist mein Jackett!
    Er korrigiert sich. Blödsinn, du erinnerst dich nur an deine Zeit von damals!
    Aber auf seinen Schrottplätzen von damals wurde nicht gegrillt. Da gab es keinen König, der was mit einem beredete. Roland Colbert denkt an eine Frau, die er damals kannte, sie war zwanzig Jahre älter als

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