Schneespuren gibt es nicht (German Edition)
Sie betraten das Grundstück. Der point of no return war überschritten. Der lebende Baumstamm hatte sie längst im Visier. Mit heruntergezogenen Mundwinkeln wurden die beiden Neuen gemustert. „Guten Tag.“ Berti war besonders höflich. Stellte man sich Schleimen auf einer Skala bei Punkt zehn vor, so hatte Bertis Gruß bereits den Punkt elf überschritten. „Nur für Mitglieder!“, warf ihnen der Typ an der Tür schroff entgegen. Es war bereits jetzt schon klar, dass sie nicht willkommen waren. Berti wollte sofort kehrt machen. „Ja dann“, lächelte er, doch Konny übernahm das Gespräch. „Und wenn ich Mitglied werden möchte?“ „Unser Club ist kein normaler Tennis-Club. Das hier ist ein privater Tennis-Club. Unsere Mitglieder gehören einer ausgewählten sozialen Schicht an. Zu uns kommt man nicht einfach so und wird Mitglied.“ Seine Aussprache war hart. Osteuropäischer Einschlag. Der Satz wirkte wie auswendig gelernt. Mit Verhandeln war da nichts zu machen. Konny hatte gute Menschenkenntnis. Wenn er jetzt keine Argumente auftischen konnte, waren sie verloren. Er kramte in seinem Wortschatz. So leicht wollte er sich nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen. Bereits beim ersten nur für Mitglieder , war Konnys verbaler Gegenschlag vorbereitet worden. Planänderung. Mit gekünstelter, snobistischer Stimme stellte er sich vor. „Guter Herr, ich möchte gar nicht Mitglied werden. Mein Name ist Wels. Konny Wels. Sie haben sicher schon von mir gelesen. Ich bin Autor.“ „Njet! Kenne ich nicht!“, kam es gefühlslos zurück. Berti begriff sofort, was Konny vor hatte. Also gut, dann gehen wir eben in den Ring, dachte er sich und schaltete von Rückzug auf Angriff um. „Herr Wels, Sie glauben doch nicht, dass dieses Individuum liest, und erst recht nicht Ihre Romane. Sein Verstand ist sein Vermögen, und Armut ist keine Schande.“ Der Schwarzenegger-Verschnitt stutzte, konnte die Worte nicht richtig einordnen. „Das wird den Bürgermeister, den Ministerpräsidenten und auch Dr. Kleefuß brennend interessieren, dass Konny Wels an der Pforte abgewiesen wurde. Ich habe Ihnen gleich gesagt, wir sollen die Einladung von Herrn Putin annehmen.“ „Bester Herr Schmadtke, wir wurden zuerst hier eingeladen. Ein Gentleman hält sich an seine Vereinbarungen. Wir warten exakt fünfzehn Sekunden, dann gehen wir. Rufen Sie schon einmal den Herrn Minister an!“ „Was soll ich sagen?“, zuckte Berti mit den Schultern. „Sagen Sie, dass ich die Lesung für den Tennis-Vorstand nicht im Club vorbereiten konnte, da uns ein ungehobelter Klotz von Mensch nicht einmal ins Foyer eingelassen hat!“ „Sofort, Herr Wels. Sie können versichert sein, dass ich dafür sorgen werde, dass ab morgen jemand anderes an der Tür steht!“ Beide drehten sich um und täuschten ein Weggehen vor. „Entschuldigung! Ich wusste nicht, wer Sie sind. Hier kommen täglich Leute, die einfach nur …“, presste der Hüne hervor, wurde aber von Konny unterbrochen. „Danke! Es reicht! Ich würde mich schrecklich gern geistig mit Ihnen duellieren, doch ich trete nicht gegen Unbewaffnete an.“ Der Muskelberg runzelte erneut die Stirn. „Na was ist jetzt?“, schob Konny nach. Die klobige Hand, groß wie ein Suppenteller, ging nach oben. Er läutete. Das Sichtfenster wurde geöffnet. Der zweite Türsteher musterte Konny und Berti. Der Fleischberg vor dem Club bellte ein paar russische Wortfetzen, dann ging die Tür auf. „Entschuldigung, meine Herren, unsere Gästeliste ist wohl nicht auf dem neuesten Stand. Ich werde kurz im Büro anrufen und nachfragen.“ Der zweite Security-Mann nahm das Haustelefon ab, warte, legte genervt auf und entschuldigte sich nochmals. „Geht keiner ran! Treten Sie bitte ein.“ Die größte Hürde war genommen. Beide schoben sich an den Türstehern vorbei. Sie hatten es geschafft. „Edler Schuppen. Schon im Flur sieht es großkotzig aus“, entfuhr es dem Detektiv. Ein ausgestopfter Tiger fletschte die Zähne. In einer Vitrine waren Trophäen sportlicher Erfolge ausgestellt. Zähne von Narwalen, der Panzer einer Riesenschildkröte, und ein paar ausgestopfte Tierköpfe ließen den Rückschluss zu, dass neben dem Tennis-Spielen die Großwildjagd auch sehr beliebt war. „Wie kommst du auf den Bürgermeister und Dr. Kleefuß? Die kann man doch nicht in einem Atemzug mit dem Ministerpräsidenten und Putin nennen.“ „Mir ist nichts anderes eingefallen.“ „Und der Ministerpräsident verdient keine Million
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