Schneespuren gibt es nicht (German Edition)
Brille rutschte von der Nase. „Voll uff de Bärne“, lachte der verkappte Stürmerstar. „Gut gehalten!“, schmetterte Karl-Heinz aus, um sich sofort wieder nach vorn zu orientieren. Berti schob die Brille zurecht, dann hob er die Fäuste nach oben. Er stand in Siegerpose da. Das war eine bislang undenkbare Figur in seinem Leben. „Jaaaa!“, jubilierte er aus Leibeskräften. Alles hatte sich geändert. Er lebte viel freier als früher. Quatsch! Er erlebte sein Leben. So konnte man es besser ausdrücken. Kurzum. Er war glücklich. Hier würde er nie wieder wegziehen. In diesem Haus waren alle so, wie es überall sein sollte. An diesem Haus sollte sich ganz Deutschland ein Beispiel nehmen. Sogar seinem Erzfeind, dem Sport, bot er zwischenzeitlich Paroli. Ulf bekam den abgeprallten Ball direkt vor die Füße. Er zog ab. Das Leder flatterte in einem Bogen auf Konny zu, schob sich am Torhüter vorbei und landete unhaltbar im Eck. „Tooor!“ Berti freute sich. Ein Unding war passiert. Ein Novum, eine Weltpremiere, die Novität schlechthin. Seine Mannschaft führte! Heute war ein guter Tag. Maik-Robin fluchte. „Nee, du. Dis iss nisch waa!“ Anstoß. Nächster Angriff. Emre stürmte an Ulf vorbei, überlief geschickt Karl-Heinz, der einfach einen Schritt zu langsam war, und ballerte den Ball ins untere Toreck. Berti ließ sich zwar fallen, doch er war chancenlos gegen den platzierten Hammerschuss. „Doooaaaaaa! Emre, des woa duffde. Berti, da Bobbo muss schnella runda! Die Flossn sollns Leeda fang’n!“, verarschte er den geschlagenen Schlussmann. „Eens zu eens!“ Anstoß für Vater und Sohn. Ein Sturmlauf auf das gegnerische Tor folgte. Schuss und … Konny flog. Berti sah seinen Freund in Querlage. Die Hände des Torhüters fassten das Leder. „Gehalten!“, freute sich Emre. Der Gegenangriff lief. Maik-Robin schnappte sich den Ball. Diesmal schaffte er es Karl-Heinz und Ulf auszuspielen. Er lief allein auf Berti zu. Dieser blieb stehen. Der Blick des Keepers war glasklar. Hochkonzentriert beobachtete er Schritt für Schritt des Stürmers. Maik-Robin stoppte den Ball. Ulf kam von hinten angelaufen. Der Ostdeutsche beeilte sich mit dem Abschluss. Er traf nicht richtig. Halbhoch flatterte das runde Leder auf das Tor zu. Berti bewegte sich keinen Zentimeter. Als der Ball genau an der Stelle einschlug, an der es sich kein Mann wünschte, war kein Jubelschrei zu hören. Der Ausruf glich eher einem: „Grpffmmt!“, wie es in der Comic-Sprache häufig vorkommt. Berti verdrehte die Augen. „Ge…hal…ten!“, prustete er aus, und ging in die Knie. „Immer noch unentschieden!“, stellte Karl-Heinz fest. Maik-Robin rannte zu Berti. „Schulldjung! Waa keene Absicht!“ „Egal“, quälte sich Berti raus. „Ich habe zwei dicke Dinger gehalten. Ich war noch nie so gut!“ „He, he“, überkam es dem Schützen, „die zwee dicken Dinger hältste jetzt ooch noch!“ „Beim Unentschieden bleibt es auch! Alle zu Tisch!“, rief Vivien. Während sich die Nachbarn setzten, ging Maik-Robin noch einmal ins Haus. „Schnell Glamoddn tausch’n. Die sinn dreggisch!“ Fünf Minuten später kam er zurück. „Berti und Konny.“ „Was gibt’s?“ „Da stehn zwee Dübbn da. Die such’n euch. Änne breede, lange Ladde un änne Dammfwallse.“ „Bitte wer?“, fragte Konny nach und stand auf. Auch Berti war neugierig. Als beide nach vorn zum Hauseingang, gingen blieben sie plötzlich wie angewurzelt stehen. Vor ihnen hatten sich Eiweiß und Protein aufgebaut. „Hallo Freunde!“, warf ihnen einer der beiden russischen Türsteher entgegen. „Ich grüße euch“, schmetterte der zweite Ringer aus. Dabei schlug er mit der rechten Faust in die offene linke Handfläche. Er ließ die Knöchel hörbar knacken. „Kommt! Rechnung bezahlen. Wo ist der Mittelfinger, den du mir gezeigt hast? Ich werde ihn dir abbeißen!“ Konny drehte sich laut schreiend um und startete einen Sprint zurück in den Garten. „Ahhh! Hilfeeee!“ Berti war leider zu langsam. Die klobigen Hände eines der 160-Kilo-Männer packten zu. Es war derjenige, den Berti in der goldenen Toilette mittels Kopfstoß in die Genitalien ausgeschaltet hatte. Er sah in diesem Moment wieder das schmerzverzerrte Gesicht des am Boden liegenden Türstehers vor sich. „Weißt du, wie lange mir die Klöten geschmerzt haben, Fettsack?“ Er presste Berti an die Hauswand. Dieser schüttelte den Kopf. „Nee? Woher auch, wir sind ja gleich äh ge…gegangen“, stieß
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