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Schneestille

Schneestille

Titel: Schneestille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Joyce
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bellte der Hund.
    Jake hielt an und trat aus der Bindung. Er machte zwei Schritte auf den Hund zu, dann blieb er wie angewurzelt stehen. »Ach du lieber Himmel.«
    »Was ist los?« Zoe trat hinter ihn. Der Hund wedelte immer noch mit dem Schwanz und wirkte überglücklich. »Komm her«, rief Zoe, »guter Junge.«
    »Das ist kein Junge«, sagte Jake. »Das ist ein Mädchen. Das ist mein Hund. Das ist Sadie.«
    Sadie war der Hund, mit dem Jake aufgewachsen war. Er hatte sie von klein an gehabt. Sie war gestorben, als er achtzehn war, ein paar Jahre, bevor er Zoe kennengelernt hatte.
    Als hätte der Hund nur darauf gewartet, beim Namen genannt zu werden, flitzte er los und stürzte sich winselnd und schwanzwedelnd auf Jake. Fast außer sich vor Freude, Jake endlich wiedergefunden zu haben, hinterließ sie jedes Mal, wenn sie an ihm hochsprang, kleine gelbe Pipiflecken im Schnee. Jake ging in die Knie, schlang die Arme um seinen Hund und ließ sich das Gesicht ablecken.
    »Was soll das werden?«, fragte Zoe.
    »Das ist mein Hund, das ist mein Hund, das ist mein Hund!«, keuchte Jake und lachte und weinte gleichzeitig. »Ich habe sie so viele Jahre nicht gesehen, sie hat mir so gefehlt, und jetzt ist sie wieder da.« Die Knie tief im Schnee vergraben leckte ihm der Hund die Tränen aus dem Gesicht, und er schaute strahlend zu Zoe auf. »Sie ist wieder da.«
    Zoe hockte sich neben den Hund und ihren Mann. »Jake … bist du ganz sicher, dass das wirklich dein Hund ist?«
    »Sadie, das ist Zoe, Zoe, das ist Sadie. Ich kann es einfach nicht glauben! Ich glaube es einfach nicht!«
    Der Hund leckte Zoe über das Gesicht und wandte sich dann wieder Jake zu. Zoe hätte sich gerne mitgefreut, konnte es aber nicht so recht glauben. Obwohl auch sie sich freute, ein lebendes Wesen zu sehen, war sie einfach kein Hundemensch und hatte keinerlei Erfahrung mit diesen Vierbeinern.
    »Jake, wie kannst du dir so sicher sein, dass das dein Hund ist?«
    Jake lachte. »Hörst du das, Sadie? Hast du das gehört? Liebling, wenn man einen Hund hatte, dann erkennt man ihn unter Tausenden wieder, man weiß es sofort, wenn man ihn wiedersieht. Man weiß es einfach.«
    »Okay. Ich finde bloß, er sieht aus wie hundert andere Hunde auch.«
    »Hör dir das an, Sadie! Sie meint, du siehst wie ein dahergelaufener Straßenköter aus! Liebling, ich könnte dich viele, viele Jahre lang nicht sehen und würde dich doch auf Anhieb wiedererkennen. Mit ihr ist es nicht anders.«
    »Okay. Ich meine bloß … Du machst dir doch nichts vor, weil du dir wünschst, es wäre Sadie, oder?«
    »Pass auf! Ohne hinzusehen, weiß ich, dass sie am linken Ohr innen eine Narbe hat. Damit ist sie mal ganz böse im Stacheldraht hängen geblieben. Komm her.« Er hielt den Hund fest und klappte das Ohr nach hinten. Zoe musste ganz genau hinschauen, um auf der rosaroten zarten Innenseite des Ohres etwas zu erkennen. Tatsächlich, da war eine kleine Narbe. Womöglich auch nur ein Schatten. Vielleicht ist es aber tatsächlich eine Narbe, dachte sie.
    »Puh!«
    »Das ist so toll«, jubelte Jake. Er rappelte sich aus dem Schnee hoch und fiel seiner Frau um den Hals. »Komm, wir nehmen sie mit ins Hotel.«
    Mit dem Hund, der Jake fröhlich folgte, machten sie sich auf den Rückweg zum Hotel.
    »Meinst du, im Hotel sind Hunde erlaubt?«, fragte Zoe.
    Inzwischen machten sie sich gar nicht mehr die Mühe, ihre Ausrüstung im Skisafe zu verstauen; sie ließen sie einfach im Foyer auf dem Teppichboden liegen, genau wie ihre Skistiefel, die Handschuhe und Jacken. Jake ging in die Küche und suchte etwas zu fressen für den Hund. Sein Blick streifte das noch immer rosig schimmernde Fleisch, das gleich neben dem klein geschnittenen Gemüse lag. Doch das ließ er liegen.
    »Heute gibt’s kein olles Steak für dich, Sadie!«
    Stattdessen ging er in den begehbaren Gefrierschrank und holte ein frisches Steak aus dem Regal. Das taute er in der Mikrowelle auf und briet es dann in der Pfanne. Danach ließ er es abkühlen, ehe er es schließlich auf einen Teller legte, den er dem Hund vor die Nase stellte. Sadie wedelte freudig und leckte sich die Lefzen, drehte dann aber naserümpfend den Kopf weg und rührte das Fleisch nicht an.
    »Magst du das nicht, mein Mädchen? Womit haben die dich denn hier gefüttert?«
    Er fragte sich, warum Sadie nicht fressen wollte. Jeder andere Hund hätte sich sofort gierig auf das Steak gestürzt, egal ob er Hunger hatte oder nicht. Jake hockte sich hin und nahm

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