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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Landwirtschaft!
    Bertolt erschien in der Stalltür, gefolgt von Christoph Ortmann. Der
war also auch hier, dachte Klara überrascht.
    »Hallo, Bertolt«, rief sie. »Jens hat erzählt, bei dir findet heute
Abend eine Schneeparty statt?«
    »Ja, klar. Ist doch lustig.«
    »Musst du dich denn nicht um deine Kühe kümmern?«
    »Ach, denen geht’s jetzt wieder gut. Die sind gemolken, haben Wasser
und den Trog voller Futter. Nein, nein. Das geht schon.«
    »Wir mussten die Milch in die Güllegrube laufen lassen«, mischte
sich Christoph ein, offenbar beeindruckt von dieser Maßnahme. »Schließlich
funktioniert die Kühlung nicht, und es kommt auch kein Wagen von der Molkerei,
um sie abzuholen. Ist echt ’ne Schande.«
    Hinter dem Stall stand die alte Garage, die Bertolt vor einigen
Jahren zum Partyraum umgewandelt hatte. Die Tür öffnete sich, und Lina trat auf
den Hof.
    »Die Stimme kenn ich doch!«, rief sie und stapfte Klara freudig
entgegen. »Ich war schon oben bei deiner Mutter, doch sie sagte, du wärst in
Stadtlohn.«
    Sie umarmten sich, und die Jungs verschwanden wieder im Stall. Klara
dämpfte ihre Stimme.
    »Ich habe mich mit Jens gezofft. Ist ’ne lange Geschichte. Deshalb
bin ich alleine zurückgelaufen.«
    Lina machte ein erschrockenes Gesicht.
    »Du kannst doch nicht alleine hier draußen rumlaufen. Das ist viel
zu gefährlich. Ist denn alles okay?«
    »Klar. Was sollte schon nicht okay sein? Abgesehen von der Sache mit
Jens.«
    Natürlich wusste sie ganz genau, was Lina meinte. Martin war noch
immer auf freiem Fuß.
    Lina wechselte das Thema. »Gehen wir hoch zu deiner Mutter. Sie
wollte uns etwas zu essen machen. Dafür hat sie sich eigens den Gaskocher von
Lütke-Brüning ausgeliehen. Die Jungs können die Party auch alleine
vorbereiten.«
    Sie hakte sich bei Klara ein und steuerte den schmalen Weg zum Hügel
an.
    Klara betrachtete sie aus dem Augenwinkel. Sie tut, als ob gar
nichts gewesen wäre, dachte sie. Dabei sprechen wir zum ersten Mal miteinander,
seit ich auf dem Dachboden gewesen bin.
    Hinter ihnen ertönte eine laute Stimme. Es war Marc.
    »Hey, Lina, musst du dich gar nicht bei mir abmelden, wenn du
gehst?«
    Ohne sich umzublicken, murmelte sie: »Das hättest du wohl gerne.«
    »Das habe ich gehört!«
    Sie drehte sich um. »Entschuldige, dass ich dir nicht vor die Füße
gefallen bin und dich um Erlaubnis gefragt habe, mein Herr und Meister!«
    »Na also, geht doch.« Er grinste anzüglich. »Dir wird bestimmt etwas
einfallen, um es wieder gutzumachen.«
    Lina zeigte ihm den Mittelfinger, dann legte sie den Arm um Klaras
Schulter und führte sie vom Hof fort.
    »Wie kannst du dir das gefallen lassen?«, fragte Klara, als sie
außer Hörweite waren.
    »Ach, er meint es nicht so. Er ist halt ein Idiot.«
    Damit war das Thema für sie beendet.
    Der Weg zum Hof ihrer Mutter lag noch immer unter einer tiefen
Schneeschicht. Bertolt hatte versprochen, ihn im Lauf des Tages mit dem Traktor
zu räumen, doch bislang war das noch nicht passiert. Gut gelaunt kämpften sie
sich die Anhöhe hinauf. Dabei alberten sie herum, bewarfen sich mit
Schneebällen und schubsten sich gegenseitig in die beinahe mannshohen
Verwehungen am Wegesrand.
    Lina verlor weiterhin kein Wort über die vergangene Nacht. Als sie
irgendwann keuchend nebeneinander standen und sich den Schnee von der Kleidung
klopften, warf Klara ihr einen Seitenblick zu. Und wenn sie tatsächlich nur
über Martin geredet hatten? Vielleicht sah Klara Gespenster. Was, wenn sie ihr
Unrecht getan hatte?
    »Hör mal, Lina, es tut mir leid wegen gestern Nacht. Ich hätte dich
einweihen sollen. Es war nur so, dass ich …«
    »Schon gut. Denk nicht drüber nach.«
    »Aber …«
    »Ich bin dir nicht böse, wenn du das meinst. Zum Glück ist ja nichts
passiert.« Sie lächelte. »Trotzdem, finde ich, solltest du etwas vorsichtiger
sein. Das war schon ein ziemlicher Stunt, den du da abgeliefert hast. Das hätte
auch nach hinten losgehen können.«
    Klara schwieg verwundert. Lina blieb stehen und sah sie an.
    »Ich kann gut verstehen, weshalb du alleine dort hinaufgegangen
bist. Auch wenn es Wahnsinn war.«
    »Du kannst es verstehen?«
    »Es gibt Sachen, da muss man alleine durch. Ich kenne das gut.«
    Dann lächelte sie auf eine Weise, die es Klara verbot, weitere
Fragen zu stellen. Sie drehte sich um und ging davon. Klara lief ihr hinterher.
Zuerst verstand sie überhaupt nichts. Doch dann wurde ihr langsam klar, was
ihre Freundin meinte. Klara

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