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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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und feucht.
    Tagsüber fiel mattes graues Licht herein, und er konnte in einem der
Bücher lesen, die seine Mutter ihm heruntergebracht hatte. Doch wenn es dunkel
wurde, gab es nichts für ihn zu tun, als untätig in der Dunkelheit zu sitzen
und zu warten. Dann war er allein mit seinen Gedanken.
    Klara. Alles nur wegen ihr. Ihretwegen waren sie damals aus
Birkenkotten weggezogen, und ihretwegen saß er jetzt schon wieder in der
Klemme. Hätte sie seine Entschuldigung angenommen, dann würde er nicht hier
unten herumhocken. Dann wäre alles wieder in Ordnung gekommen. Doch sie brachte
wieder einmal alle gegen ihn auf. Mit ihrer Opferhaltung sorgte sie dafür, dass
er keine Chance bekam.
    Lange würde er es nicht mehr aushalten. Er musste hier raus, sonst
würde er wahnsinnig werden. Er musste sich abreagieren und den aufgestauten
Druck loswerden. Aber genau das durfte er nicht. Er hatte sich fest
vorgenommen, dem Druck standzuhalten.
    Diese blöde weinerliche Kuh!, dachte er. Vielleicht … wenn du darauf achtest, sie nicht zu
verletzen, dann ist es nicht so schlimm. Du darfst sie nicht schlagen und ihr keine
Wunden zufügen. Dann kann dir keiner etwas vorwerfen.
    Die Tür öffnete sich, und der flackernde Schein einer Kerze fiel in
den Kellerraum. Es war seine Mutter, die einen Teller mit Schnittchen brachte.
    »Ich habe dir etwas zu essen gemacht«, sagte sie. »Wie geht es dir?«
    »Nicht so gut.«
    Er hatte das Gefühl, dass sie mit einem Blick erkannte, mit welchen
Dämonen er gerade kämpfte. Sie wusste, was in seinem Kopf passierte.
    Mit einem schwachen Lächeln stellte sie Teller und Kerze ab und
setzte sich zu ihm auf die Luftmatratze.
    »Die beiden Polizisten sind abgelöst worden«, sagte sie. »Unten an
der Auffahrt steht jetzt ein neues Auto. Ich habe keine Ahnung, wer das Haus
observiert. Sie haben sich nicht vorgestellt.«
    Sie reichte ihm die Brote, und er griff zu. Dann stellte sie den
Teller beiseite und sah ihm in die Augen.
    »Martin, ich muss dich etwas fragen. Du musst mir versprechen, die
Wahrheit zu sagen.«
    Er mühte sich, den Bissen hinunterzuschlucken.
    »Hast du etwas mit dem Tod von Sandra zu tun?«
    »Nein, natürlich nicht! Wie kannst du das denken!« Er warf das
angebissene Brot zurück auf den Teller und sprang auf.
    Sie blickte ihn prüfend an. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich
musste das fragen.«
    Es war ihm wichtig, dass seine Mutter ihm glaubte. Er musste alles
tun, um sie zu überzeugen. Wenn sie an ihm zweifelte, dann würde sie zur
Polizei gehen.
    »Ich mochte Sandra. Sie war immer nett zu mir. Ich habe kurz vor
ihrem Tod noch mit ihr gesprochen.«
    Ihre Augen verengten sich. »Du hast mit ihr gesprochen?«
    Sie stand auf und trat zu ihm an die Heizungsanlage.
    »Ich habe sie in Münster angerufen. Die Nummer stand im Telefonbuch.
Ich wollte mit ihr reden und sie fragen, wie es Klara geht. Ob sie noch
darunter leidet, was ich ihr angetan habe.«
    Seine Mutter wirkte erschöpft. »Junge …«
    »Es ist doch schon so lange her«, verteidigte er sich. »Ich wollte
Sandra fragen, ob sie es für eine gute Idee hält, Klara um Entschuldigung zu
bitten.«
    Aber Sandra hatte ihn nur abgewimmelt. Sie hatte ihn behandelt wie
einen lästigen Störenfried. Seine Idee, sich bei Klara zu entschuldigen, war
bei ihr überhaupt nicht gut angekommen. Sie hatte ihm abgeraten, und als er
sich damit nicht zufrieden geben wollte, hatte sie irgendwann einfach
aufgelegt.
    »Es ist doch schon so lange her«, wiederholte er. »Irgendwann ist es
auch mal gut!«
    »Nein, Martin, verstehst du das nicht? Es ist nicht gut!«
    Er kam sich vor wie ein Trottel. Wie ein vollkommener Versager.
    »Ich habe gehört, dass Sandras Handy in deinem Besitz war«, sagte
seine Mutter. »Hast du es im Straßengraben gefunden?«
    Im gleichen Moment erstarrte sie. Sie schien etwas verstanden zu
haben.
    »Du hast es beobachtet, habe ich recht? Du hast gesehen, wer Sandra
ermordet hat. Du musst es mir sagen, Martin. Du musst mir sagen, wer das getan
hat.«
    Er wünschte sich weit weg. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig,
als ihre Fragen zu beantworten.
    »Ich war im Bus eingeschlafen«, sagte er. »Ich war auf dem Weg
hierher. Der Bus fuhr gerade wieder an, als ich aufgewacht bin. Ich laufe also
nach vorne zum Fahrer, und der lässt mich hinter der Kurve nach Stadtlohn raus.
Sandra muss auch im Bus gewesen sein, aber ich habe sie nicht gesehen.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Es hat in Strömen geregnet. Da habe

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