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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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überhaupt um Schmitz? Oder war er nur eine Ablenkung? Das Alibi, das ihn vor anderen, noch viel quälenderen Gedanken bewahrte?
    »Unser Mordopfer hat auch mal als Pfleger in einem Altenheim gearbeitet«, bemerkte er, weil er auf einmal das Gefühl hatte, etwas sagen zu müssen, bevor seine Frau auf die Idee kam, noch mehr Fragen zu stellen. Fragen, die er nicht beantworten konnte. »Und er hat dort drei Männer getötet. Der erste war ein ehemaliger SS -Offizier und schuld an einem Massaker. Der zweite war ein Wohltäter, aber als Familienmensch scheint er auf ganzer Linie gescheitert zu sein.«
    »Und der dritte?«, fragte Silvie.
    »Tja, der dritte …« Verhoeven stieß einen tiefen Seufzer aus. »Der dritte war ein Mensch, den ich zu kennen glaubte.«
    Seine Frau riss überrascht die Augen auf. »Wirklich? Davon hast du mir ja gar nichts erzählt.«
    Es war eine Aufforderung, ganz klar. Doch Verhoeven ging nicht darauf ein. Stattdessen nahm er das Buch und stand auf. »Es ist schon seltsam, wie unterschiedlich die Maßstäbe sind, die man im Laufe seines Lebens so anlegt«, murmelte er, mehr zu sich selbst als an seine Frau gewandt. »Und weißt du was?«
    »Was?«
    »Manchmal frage ich mich, ob wir am Ende nicht doch alle darauf hoffen müssen, dass man gnädig mit uns ins Gericht geht.«
    12
    Das Luigi’s lag in Schierstein und verband das eher düstere Ambiente einer angestaubten deutschen Kneipe mit den exzellenten Kochkünsten seines italienischen Besitzers. Trotzdem hatte Winnie nie recht verstanden, warum ausgerechnet dieses Lokal unter den Beamten des westhessischen Polizeipräsidiums Kultstatus erlangt hatte. Zumindest in gewissen Kreisen. Kreise, zu denen ich nie Zugang hatte, setzte sie in Gedanken hinzu, als sie mit wütender Entschlossenheit die Tür aufstieß.
    Im Gastraum ging es bereits hoch her. Winnie roch Oregano und Knoblauch, Aftershave und Zigarettenrauch. Offiziell durfte zwar nur noch in einem abgeschlossenen kleinen Raum rechts der Theke gequalmt werden. Doch daran schien sich im Luigi’s niemand zu halten. Selbst der Boss, ein drahtiger kleiner Sizilianer, hatte ein Zigarillo zwischen den Lippen, als er sich zu ihr umdrehte.
    Winnie war bislang nur ein einziges Mal hier gewesen, zusammen mit Lübke. Doch Luigi Scolari erkannte sie zu ihrer Überraschung sofort.
    »Ah, Signora Heller!«, rief er erfreut. »Was verschafft mit die Ehre Ihres Besuchs? Und wo ist Ihr Partner?«
    »Er hat heute Abend dienstfrei. Sie wissen schon, das Baby und so …«
    »Oh ja, natürlich!« Scolari sprach nahezu akzentfreies Hochdeutsch, was angesichts seiner ur-sizilianischen Ausstrahlung beinahe schade war. »Was macht denn der kleine Jan?«
    »Dem geht’s bestens«, antwortete Winnie, wobei es sie mehr und mehr fuchste, dass sie so wenig informiert war. Aber sie wäre lieber tot umgefallen, als ihre Unkenntnis einem Mann wie Scolari gegenüber zuzugeben. »Ist ein wonniger kleiner Kerl.«
    »Gut, gut, freut mich zu hören. Was darf’s sein für Sie?«
    »Eine Cola bitte, Zero.«
    Er nickte und kümmerte sich persönlich um den Ausschank, während Winnie sich im Gastraum umsah. Hier und da entdeckte sie ein Gesicht, das sie vom Sehen her kannte. Aber ansonsten hatte sie Glück. Niemand, dem es zugestanden hätte, irgendwelche dummen Fragen zu stellen. Was sie hier wollte. Wo Verhoeven sei. Warum sie plötzlich in King Karls Revier eindrang.
    Direkt vor ihr pflügte eine dralle Bedienung ihren massigen Körper durch das Gewühl. »Zwei Radler, drei Pils und ein Campari Soda«, rief sie dem zweiten Mann hinter dem Tresen zu. »Und irgendwer soll endlich die verdammten Erdnüsse auffüllen. Die Jungs ha’m nichts zum Knabbern.«
    »Erdnüsse sind aus«, gab der Angesprochene wenig freundlich zurück. »Das hab ich dir schon hundertmal gesagt.«
    »Warum bestellst du dann keine?«
    »Weil das dein Job ist.«
    »Leck mich«, murmelte die Dicke und verschwand mit einer anderen Bestellung Richtung Hinterzimmer.
    Luigi Scolari hatte derweil sein Zigarillo entsorgt und stellte ein Glas Cola vor Winnie Heller auf die Theke. »So, Signorina, bitte schön. Möchten Sie auch essen?«
    Winnie dachte an die spärlichen Reste in ihrem Kühlschrank und bejahte.
    »Dann empfehle ich die Tagliatelle mit Pfifferlingen heute.« Scolari knallte eine klebrige Speisekarte neben ihr Colaglas. »Oder vielleicht doch lieber einen knackigen Insalata?« Er zwinkerte ihr zu. »Ihr Freund ist ja neuerdings direkt Weltmeister im

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