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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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nicht, sondern starrte wieder aus dem Fenster, wo der Nachmittag allmählich dem Abend und damit der unausweichlichen Dunkelheit wich. Wahrscheinlich hätte er sich inzwischen in der Luft zerreißen können, dass er sich überhaupt auf sie und dieses für ihn zunehmend unbequeme Gespräch eingelassen hatte.
    Winnie betrachtete seine feisten Züge, in denen man selbst mit allergrößtem Wohlwollen nichts Attraktives ausmachen konnte. »Na schön, lassen wir die Gerüchte beiseite«, beeilte sie sich, das Thema zu wechseln, bevor Olivier einfiel, dass er sie jederzeit rauswerfen konnte. »Und Sie erzählen mir einfach noch ein bisschen mehr über Mario und sein Leben, ja?«
    Keine Reaktion. Vielleicht wurde er auch allmählich müde. Immerhin war er sehr krank.
    »Was war so schlimm an seiner Familie?«, startete Winnie trotzdem einen neuen Versuch, Kaspar Olivier zum Reden zu bringen.
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Skrupellos waren sie. Skrupellos und absolut eiskalt.« Seine Augen verschwammen. »Nicht dass ich so was nicht bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen könnte. Ich meine, letztlich ist sich doch jeder selbst der Nächste, nicht wahr?« Er lachte wieder. Ein sehr vertrauliches Lachen dieses Mal. »Aber die Beltings … Die waren schon ’ne Nummer für sich. Der alte Belting, also Marios Großvater, hatte durch den Krieg ein Vermögen gemacht, und er war klug genug, alles, was Wert hatte, noch rechtzeitig vor dem großen Zusammenbruch in Sicherheit zu bringen.«
    Sein Arm sank langsam auf die Sessellehne zurück. Der Handrücken war weiß und bemerkenswert heil für einen Mann in seinem Zustand. Unwillkürlich suchten Winnies Augen den Tropf, der hinter dem Sessel stand, und erst jetzt registrierte sie, dass Olivier über einen Portkatheter versorgt wurde. Eine kleine, kreisförmige Gummimembran, die irgendwo unterhalb seines rechten Schlüsselbeins saß.
    »Die waren wie ein Haufen Fettaugen, die Beltings«, fuhr der Anwalt, dem ihr Blick dieses Mal entgangen waren, sinnend fort. »Sie schwammen immer und überall obenauf.«
    Winnie lachte, weil sie das Gefühl hatte, dass ihr Gesprächspartner genau das von ihr erwartete.
    »Als Deutschland in Trümmern lag, besaß die Familie ein Anwesen am Genfer See, ein Ferienhaus in Spanien und eine ganze Reihe von prallgefüllten Bankkonten.«
    Winnie überlegte, worin für Mario Belting vor diesem Hintergrund die Faszination gelegen haben mochte, einer Organisation wie Pique Dame beizutreten. Bereicherung im engeren Sinne kam da wohl eher nicht in Frage. Oder doch?
    Zweihunderttausend, wenn’s hoch kommt …
    Falls Olivier mich nicht belügt, dachte Winnie.
    »Mario wuchs also im Luxus auf«, resümierte sie in der Hoffnung, dass Olivier weiterreden würde.
    Der Anwalt nickte, soweit seine Schläuche dies zuließen. »Und auch sonst war der Gute vom lieben Gott verdammt reich beschenkt worden, das muss man neidlos anerkennen.« Er machte ein Gesicht, mit dem er Winnie plötzlich an einen dicken und trotzigen kleinen Jungen erinnerte. »Den südländischen Teint, der die Weiber so verrückt machte, hatte er natürlich von seinem Vater, diesem anmaßenden Mistbock. Aber seine …«, Olivier suchte eine Weile nach den passenden Worten, »seine Brillanz und diese kühle Intelligenz, die dahintersteckte, die kam wohl eher von Seiten seiner Mutter.«
    »Sie mochten Mario nicht, oder?« Winnie hatte es ganz bewusst als Frage formuliert, aber eigentlich war es eine Feststellung. Die Quintessenz dessen, was sie in der vergangenen halben Stunde von Olivier gehört hatte.
    Erwartungsgemäß stimmte ihr der Anwalt umgehend zu. »Nee, gemocht hab ich ihn nie«, knurrte er. »Aber beneidet. Wie praktisch jeder, der ihm begegnete.«
    »Beneidet?« Winnie lehnte sich ein Stück vor. »Worum?«
    »Um seine Wirkung, schätze ich.« Olivier dachte einen Moment nach, als habe er sich plötzlich dazu entschlossen, seine eigene Aussage einer nochmaligen Überprüfung zu unterziehen. »Doch, ja«, sagte er nach einer Weile, deutlich sicherer, »ich denke, es war in erster Linie das. Wissen Sie, Mario verfügte über die bemerkenswerte Fähigkeit, jedem, der ihm begegnete, weiszumachen, einen extrem erfolgreichen Menschen vor sich zu haben. Dabei war er ein Blender, wie er im Buche steht.« Er sah Winnie an und fing wieder an zu lachen. »Sie glauben mir nicht, stimmt’s? Aber das ist genau das, was ich eben meinte. Er hat es immer verstanden, die Leute für sich

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