Schneewittchen muss sterben
der Mord nicht.«
»Ich habe Stefanie nicht ermordet!«
»Warum haben Sie Herrn Hasse dann dazu überredet, die Verhörprotokolle zu vernichten?«
»Weil… weil ich … ich … ich dachte, es wäre besser, wenn ich meinen Namen aus allem heraushalte«, gab Lauterbach zu. Er schwitzte so stark, dass ihm der Schweiß über die Wangen lief. »Kann ich etwas zu trinken haben?«
Nicola Engel stand wortlos auf, verließ den Raum und kehrte wenig später mit einer Flasche Wasser und einem Glas zurück. Beides stellte sie vor Lauterbach auf den Tisch und setzte sich wieder. Lauterbach schraubte die Flasche auf, goss sich ein Glas Wasser ein und trank es aus, ohne einmal abzusetzen.
»Wo ist Amelie Fröhlich?«, fragte Pia. »Und wo ist Thies Terlinden?«
»Woher soll ich das wissen?«, fragte Lauterbach zurück.
»Sie wussten, dass Thies damals alles beobachtet hat«, erwiderte Pia. »Außerdem haben Sie erfahren, dass sich Amelie für die Ereignisse von 1997 interessiert. Die beiden stellten eine echte Bedrohung für Sie dar. Da liegt der Gedanke nicht so fern, dass Sie etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben. Sie und Terlinden waren zu der Zeit, als Amelie verschwand, genau dort, wo sie zum letzten Mal gesehen wurde.«
Gregor Lauterbach sah im grellen Licht der Neonröhren aus wie ein Zombie. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß, er rieb nervös die Handflächen an seinen Oberschenkeln, bis sein Anwalt ihm die Hand auf den Arm legte.
»Herr Lauterbach.« Bodenstein stand auf, stemmte seine Hände auf die Tischfläche und beugte sich vor. Sein drohender Tonfall zeigte Wirkung. »Wir werden Ihre DNA mit der vergleichen, die in der Vagina von Stefanie Schneeberger gefunden wurde. Wenn sie übereinstimmt, werden Sie sich wegen Missbrauchs einer minderjährigen Schülerin verantworten müssen, ganz gleich, was Ihr Anwalt hier von Verjährung erzählt. Sie werden aufgrund dieser Vorwürfe ganz sicher die längste Zeit Kultusminister gewesen sein. Ich werde alles daransetzen, Sie vor Gericht zu bekommen, das verspreche ich Ihnen hier und jetzt. Was die Presse mit Ihnen macht, wenn herauskommt, dass wegen Ihres Schweigens ein junger Mann, noch dazu ein ehemaliger Schüler von Ihnen, zehn Jahre unschuldig im Gefängnis sitzen musste, das muss ich Ihnen wohl nicht erzählen!«
Er verstummte, ließ seine Worte wirken. Gregor Lauterbach zitterte am ganzen Körper. Was ängstigte ihn mehr – die zu erwartende Strafe oder eine mögliche öffentliche Hinrichtung durch die Presse?
»Sie bekommen von mir heute Abend noch eine Chance«, sagte Bodenstein nun mit ruhiger Stimme. »Ich werde unter Umständen von einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft absehen, wenn Sie uns helfen, Amelie und Thies zu finden. Denken Sie darüber nach und besprechen Sie sich mit Ihrem Anwalt. Wir machen jetzt eine Pause. Zehn Minuten lang.«
»Dieses Schwein«, sagte Pia und beobachtete Lauterbach grimmig durch die Glasscheibe. »Er war's. Er hat Stefanie umgebracht. Und jetzt hat er sich auch Amelie gekrallt, da bin ich mir ganz sicher.«
Sie konnten nicht hören, was Lauterbach mit seinem Anwalt besprach, denn Dr. Anders hatte darauf bestanden, das Mikrophon auszuschalten.
»Gemeinsam mit Terlinden.« Bodenstein furchte nachdenklich die Stirn und nippte an einem Becher Wasser. »Aber wie ist er darauf gekommen, dass Amelie etwas wissen konnte?«
»Keine Ahnung.« Pia zuckte die Schultern. »Vielleicht hat Amelie Terlinden etwas von den Bildern erzählt? Aber nein, das glaube ich nicht.«
»Ich auch nicht. Da fehlt noch ein Stück. Irgendetwas muss geschehen sein, was Lauterbach Angst gemacht hat.«
»Hasse?«, schlug Nicola Engel aus dem Hintergrund vor.
»Nein, der wusste nichts von diesen Bildern«, widersprach Pia. »Wir haben sie ja erst gefunden, als er nicht mehr dabei war.«
»Hm. Dann fehlt uns tatsächlich eine Verbindung.«
»Moment mal«, sagte Bodenstein. »Was ist denn mit Nadja von Bredow? Sie war dabei, als die Jungen Laura vergewaltigt haben. Und sie ist auch auf einem der Bilder mit Stefanie und Lauterbach im Hintergrund zu sehen.«
Nicola Engel und Pia blickten ihn fragend an.
»Was, wenn sie die ganze Zeit über im Hof war? Sie ist nicht mit den Jungs weggefahren, um Laura zu verstecken. Und Nadja wusste über die Bilder Bescheid. Tobias hat es ihr selbst erzählt!«
Dr. Engel und Pia verstanden gleichzeitig, worauf Bodenstein hinauswollte. Hatte Nadja von Bredow Lauterbach mit ihrem Wissen erpresst und ihn so
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