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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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ihn ausgelacht. Da wurde er fuchsteufelswild.« Nadja von Bredow lachte gehässig. »Er hatte eine Riesenpanik vor seiner Frau, immerhin hatte die ja die Kohle, und ihr gehörte das Haus. Er war nur ein mickriger, kleiner, geiler Lehrer, der sich vor seinen Schülern wie der große Mann aufgespielt hat. Zu Hause hatte er nichts zu sagen!«
    Bodenstein musste schlucken. Das kam ihm alles bekannt vor. Cosima hatte das Geld und er nicht viel zu sagen. Und heute Morgen, als ihm das bewusst geworden war, hätte er sie am liebsten umgebracht.
    »Irgendwann ist Stefanie sauer geworden. Sie hatte sich das wohl alles romantischer vorgestellt und merkte, was für ein ängstlicher Spießer ihr großartiger Liebhaber in Wirklichkeit war. Sie schlug vor, seine Frau zu holen, damit sie ihm beim Suchen hilft. Das war natürlich als Spaß gemeint, aber Lauterbach verstand keinen Spaß mehr. Stefanie glaubte wohl, sie hätte die Situation im Griff. Sie reizte ihn immer mehr und drohte ihm, ihre Affäre bekannt zu machen, bis er durchdrehte. Als sie die Scheune verlassen wollte, hielt er sie fest. Sie haben miteinander gekämpft, sie hat ihn angespuckt, er hat sie geohrfeigt. Da wurde Stefanie böse, und der Lauterbach checkte, dass sie es tatsächlich fertigbringen und zu seiner Frau marschieren würde. Er griff sich den erstbesten Gegenstand, den er in die Finger bekam, und schlug zu. Dreimal.«
    Pia nickte. Die Mumie von Stefanie Schneeberger wies drei Schädelfrakturen auf. Allerdings war es noch kein Beweis für Nadjas Unschuld, denn es konnte sich auch um Täterwissen handeln.
    »Dann rannte er los, wie von der Tarantel gestochen. Übrigens in einem grünen T-Shirt. Das coole Jeanshemd hatte er beim Vögeln ausgezogen. Ich habe den Schlüsselbund gefunden. Und als ich aus der Scheune rauskam, hockte Thies neben Stefanie auf dem Boden. ›Dann pass mal schön auf dein teures Schneewittchen auf‹, hab ich zu ihm gesagt und bin gegangen. Den Wagenheber habe ich in Lauterbachs Mülltonne geworfen. Genau so war es und kein bisschen anders.«
    »Sie haben also gewusst, dass Tobias weder Laura noch Stefanie getötet hat«, stellte Pia fest. »Wie konnten Sie zulassen, dass er ins Gefängnis gehen musste, wenn Sie ihn doch so sehr geliebt haben?«
    Nadja von Bredow antwortete nicht sofort. Sie saß stocksteif da, ihre Finger spielten mit einem der Fotoabzüge.
    »Ich war damals stinkwütend auf ihn«, sagte sie schließlich leise. »Jahrelang musste ich mir anhören, was er mit der und der geredet und gemacht hat, wie verliebt er war oder auch nicht mehr. Er ließ sich von mir Ratschläge geben, wie er seine Tussis am besten ins Bett kriegen oder loswerden konnte. Ich war seine
beste
Freundin, pah!«
    Sie lachte bitter auf.
    »Als Frau war ich für ihn uninteressant. Ich war eine Selbstverständlichkeit für ihn. Dann war er mit Laura zusammen, und die wollte nicht, dass ich dabei bin, wenn sie ins Kino gegangen sind oder ins Schwimmbad oder auf Feten. Ich war das fünfte Rad am Wagen, und Tobi hat das überhaupt nicht gemerkt!«
    Nadja von Bredow presste die Lippen aufeinander, ihre Augen schwammen in Tränen. Plötzlich war sie wieder das gekränkte, eifersüchtige Mädchen, die Lückenbüßerin, die als Vertraute des coolsten Jungen im Dorf keine Aussicht darauf hatte, ihn jemals für sich zu gewinnen. Trotz aller Erfolge, die sie seitdem gefeiert hatte, hatten diese Enttäuschungen Narben auf ihrer Seele hinterlassen, die sie ihr ganzes Leben mit sich herumtragen würde.
    »Und plötzlich war diese bescheuerte Stefanie da.« Ihre Stimme war tonlos, aber ihre Finger, die eines der Fotos in kleine Fetzen rissen, zeigten, wie es in ihrem Innern aussah. »Sie drängte sich in unsere Clique, schnappte sich Tobi. Alles war plötzlich anders. Und dann verdrehte sie auch noch Lauterbach den Kopf und bekam die Schneewittchen-Rolle, die er mir versprochen hatte. Mit Tobi war nicht mehr zu reden. Er wollte von niemandem mehr etwas wissen, für ihn gab's nur noch Stefanie, Stefanie, Stefanie!«
    Nadjas Gesicht verzerrte sich vor Hass, sie schüttelte den Kopf.
    »Niemand von uns konnte ahnen, dass die Polizei so blöd sein und man Tobi wirklich verknacken könnte. Ich dachte, ein paar Wochen U-Haft würden ihm nur recht geschehen. Als ich kapiert habe, dass man ihm den Prozess machen würde, da war es längst zu spät, um noch etwas zu sagen. Wir alle hatten schon zu viel gelogen und verschwiegen. Aber ich habe ihn nie im Stich gelassen. Ich

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