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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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wie beinahe jeden Morgen in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren. Nein, er machte sich umsonst Sorgen.
    Die Türglocke des kleinen Lebensmittelladens läutete, als sie das Geschäft betraten. Ein paar Frauen mit Einkaufskörben steckten zwischen den Regalen die Köpfe zusammen und tauschten wohl gerade den neuesten Dorfklatsch aus.
    »Dein Einsatz, Chef«, sagte Pia leise zu Bodenstein, der die meisten weiblichen Wesen mit seinem unverschämt guten Aussehen und seinem Cary-Grant-Charme üblicherweise problemlos um den Finger wickeln konnte. Aber heute schien Bodenstein nicht in Form.
    »Mach du das besser«, erwiderte er. Durch eine offene Tür konnte man in den Hof blicken, wo ein kräftiger, grauhaariger Mann gerade Steigen mit Obst und Gemüse aus einem Lieferwagen auslud. Pia zuckte die Schultern und steuerte direkt auf die Gruppe der Frauen zu.
    »Guten Morgen.« Sie präsentierte ihren Ausweis. »Kripo Hofheim.«
    Misstrauische und neugierige Blicke.
    »Am Freitagabend wurde die Exfrau von Hartmut Sartorius Opfer eines hinterhältigen Angriffs.« Pia wählte ihre Worte mit Absicht ein wenig dramatisch. »Ich gehe mal davon aus, dass Sie Rita Cramer kennen?«
    Allgemeines Kopfnicken.
    »Wir haben hier ein Foto von dem Mann, der sie von einer Brücke direkt vor ein fahrendes Auto gestoßen hat.«
    Das Ausbleiben entsetzter Reaktionen ließ vermuten, dass die Nachricht von dem Unfall bereits die Runde im Dorf gemacht hatte. Pia zog das Foto hervor und hielt es der Frau mit dem weißen Kittel, offenbar die Ladenbesitzerin, hin.
    »Erkennen Sie diesen Mann?«
    Die Frau betrachtete das Foto kurz mit zusammengekniffenen Augen, dann blickte sie auf und schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte sie und täuschte Bedauern vor. »Tut mir leid. Den habe ich noch nie gesehen.«
    Auch die anderen drei schüttelten nacheinander ratlos die Köpfe, aber Pia war nicht der rasche Blick entgangen, den eine von ihnen mit der Ladenbesitzerin gewechselt hatte.
    »Sind Sie ganz sicher? Schauen Sie noch mal genau hin. Die Bildqualität ist nicht besonders gut.«
    »Wir kennen den Mann nicht.« Die Ladenbesitzerin hielt Pia das Foto hin und erwiderte ihren Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie log. Das war eindeutig.
    »Schade.« Pia lächelte. »Darf ich fragen, wie Sie heißen?«
    »Richter. Margot Richter.«
    In dem Moment polterte der Mann aus dem Hof mit drei Kisten Obst in den Laden und stellte sie geräuschvoll ab.
    »Lutz, das ist die Kriminalpolizei«, ließ sich Margot Richter vernehmen, bevor Pia auch nur den Mund öffnen konnte. Ihr Mann kam näher. Er war groß und korpulent, sein gutmütiges, knollennasiges Gesicht von Kälte und Anstrengung gerötet. Die Art, wie er seine Frau ansah, verriet, dass er unter ihrem Pantoffel stand und wenig zu melden hatte. Er ergriff das Foto mit seiner Pranke, aber bevor er es anschauen konnte, pflückte Margot Richter es ihm aus der Hand.
    »Mein Mann kennt den Kerl auch nicht.« Pia bedauerte den Ehemann, der sicherlich nicht viel zu lachen hatte.
    »Sie erlauben.« Sie nahm Frau Richter das Bild wieder ab und hielt es ihrem Mann, bevor sie dagegen protestieren konnte, erneut vor die Nase. »Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen? Er hat Ihre ehemalige Nachbarin am Freitag vor ein fahrendes Auto gestoßen. Rita Cramer liegt seitdem auf der Intensivstation im künstlichen Koma, und es steht noch nicht fest, ob sie überleben wird.«
    Richter zögerte kurz, schien seine Antwort abzuwägen. Er war kein guter Lügner, aber ein gehorsamer Ehemann. Sein unsicherer Blick zuckte für eine Sekunde zu seiner Frau hinüber.
    »Nein«, sagte er schließlich. »Den kenne ich nicht.«
    »Na gut. Vielen Dank auch.« Pia zwang sich zu einem Lächeln. »Einen schönen Tag noch.«
    Sie verließ den Laden, gefolgt von Bodenstein. »Sie kannten ihn alle.«
    »Ja, ganz sicher.« Bodenstein blickte die Hauptstraße hinunter. »Da drüben ist ein Friseurladen. Lass es uns da versuchen.«
    Sie gingen die paar Meter den schmalen Bürgersteig entlang, aber als sie den kleinen altmodischen Salon betraten, hängte die Friseurin gerade mit schuldbewusstem Gesichtsausdruck das Telefon ein.
    »Guten Morgen«, grüßte Pia und nickte in Richtung Telefon. »Frau Richter hat Sie sicherlich schon über unser Anliegen informiert. Da kann ich mir meine Frage ja sparen.«
    Die Frau guckte dämlich aus der Wäsche, ihr Blick wanderte von Pia zu Bodenstein und blieb an ihm hängen. Wäre ihr Chef heute besser drauf

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