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Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ist ins Haus eingedrungen – was nach Lage der Dinge nicht schwierig war –, irgendein Geistesgestörter wahrscheinlich, jemand, der aus der Nervenheilanstalt nur deshalb entlassen worden ist, weil man sein Bett brauchte. Durchs Fenster konnte man ohne Weiteres sehen, dass hier ein Kinderfest war, und dieser arme Kerl – wenn man für diese Leute wirklich so etwas wie Mitleid empfinden kann, was mir, das muss ich gestehen, manchmal ziemlich schwer fällt – hat das Kind irgendwie weggelockt und umgebracht. Man kann sich nicht vorstellen, dass so etwas passiert, aber es ist passiert.«
    »Vielleicht können Sie mir jetzt zeigen, wo – «
    »Selbstverständlich.«
    Mrs Drake erhob sich. »Die Polizei scheint der Ansicht zu sein, dass es während des Feuerdrachens geschah. Das hat sich hier abgespielt, im Esszimmer.«
    Sie ging durch die Diele, öffnete die Tür und zeigte auf den Esstisch und die schweren Samtvorhänge.
    »Es war natürlich dunkel, bis auf die brennende Schüssel. Und jetzt-«
    Sie führte sie durch die Diele und öffnete die Tür eines kleinen Zimmers mit Sesseln, Jagdszenen und Bücherregalen an den Wänden.
    »Die Bibliothek«, sagte Mrs Drake mit leichtem Schauder. »Der Eimer stand hier. Auf einer Plastikunterlage. Zu sehen ist jetzt nichts mehr. Ich meine, ich kann Ihnen nur zeigen, wo – darum hatten Sie ja gebeten.«
    »Ich nehme an«, sagte Poirot, »dass Wasser da war – sogar eine ganze Menge.«
    »Im Eimer war natürlich Wasser«, sagte Mrs Drake.
    Sie sah Poirot an, als glaubte sie, er sei nicht ganz bei Trost.
    »Und auf der Unterlage war auch Wasser. Ich meine, als der Kopf ins Wasser gedrückt wurde, muss eine Menge übergeschwappt sein.«
    »O ja. Sogar beim Apfelschnappen musste der Eimer ein- oder zweimal nachgefüllt werden.«
    »Und der Täter? Er müsste eigentlich auch nass geworden sein, sollte man annehmen.«
    »Ja, ja, wahrscheinlich.«
    »In der Hinsicht ist nichts aufgefallen?«
    »Nein, nein, der Inspektor hat mich schon danach gefragt. Sehen Sie, gegen Ende waren alle ein bisschen unordentlich oder feucht oder mehlig. In der Hinsicht scheint nicht viel zu holen zu sein. Ich meine, nach Ansicht der Polizei.«
    »Nein«, sagte Poirot. »Der einzige Anhaltspunkt ist das Kind selbst. Ich hoffe, dass Sie mir alles erzählen, was Sie von ihr wissen.«
    »Von Joyce?«
    Mrs Drake sah etwas verblüfft aus. Es war, als wenn Joyce ihren Gedanken inzwischen so fern gerückt wäre, dass es sie überraschte, an sie erinnert zu werden.
    »Das Opfer ist immer wichtig«, sagte Poirot. »Das Opfer nämlich ist sehr oft die Ursache des Verbrechens.«
    »Ach so, ja, ich verstehe«, sagte Mrs Drake, die deutlich nicht im Geringsten verstand. »Wollen wir wieder ins Wohnzimmer gehen?«
    »Und dann erzählen Sie mir alles über Joyce«, sagte Poirot.
    Sie ließen sich wieder im Wohnzimmer nieder. Mrs Drake sah betreten aus.
    »Ich weiß nicht recht, was Sie von mir erwarten, Monsieur Poirot«, sagte sie. »Wahrscheinlich können Sie sich doch am einfachsten bei der Polizei informieren oder bei Joyce’ Mutter. Die arme Frau, es wird sicher sehr schmerzlich für sie sein, aber – «
    »Aber was ich brauche«, sagte Poirot, »ist nicht die Meinung einer Mutter über ihre tote Tochter, sondern ein klares, unvoreingenommenes Urteil von jemandem mit Menschenkenntnis. Ich würde meinen, Madame, dass Sie selbst schon bei vielen sozialen Vorhaben aktiv mitgewirkt haben. Ich bin sicher, dass niemand besser den Charakter einer Person erfassen kann als Sie.«
    »Es ist ein bisschen schwierig. Kinder in dem Alter – sie war dreizehn, glaube ich, zwölf oder dreizehn – sind sich alle ein bisschen ähnlich.«
    »Aber nicht im Geringsten«, sagte Poirot. »Es gibt da große Unterschiede im Charakter. Mochten Sie sie?«
    Mrs Drake schien diese Frage peinlich zu sein.
    »Ja, natürlich, ich – ich mochte sie schon. Das heißt, na ja, ich mag eigentlich alle Kinder.«
    »Ich finde manche Kinder äußerst unattraktiv.«
    »Nun ja, da mögen Sie Recht haben, heutzutage werden sie nicht besonders gut erzogen. Man überlässt alles der Schule, und sie dürfen grundsätzlich alles. Dürfen sich ihre Freunde selbst aussuchen und – «
    »War sie ein nettes Kind oder nicht?«, fragte Poirot hartnäckig. Mrs Drake sah ihn tadelnd an.
    »Bitte, Monsieur Poirot, das arme Kind ist tot.«
    »Tot oder nicht, es ist trotzdem wichtig. Wenn sie nett war, hätte vielleicht niemand den Gedanken gehabt, sie

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