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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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verbergen ließ.
    Erschöpft von diesen müßigen Träumereien, schlief er fast zwei Stunden, versuchte dann, den Bericht eines Kolloquiums zum Thema Thanatologie zu lesen, das unlängst in Montreal stattgefunden hatte, nahm ein Bad, zog einen schwarzen Trainingsanzug an, in dem er sich gewöhnlich wie ein wilder Ninja-Krieger fühlte, und legte sich wieder ins Bett. Sein Herz war schwer, sein Geist überhitzt.
    Gegen sieben Uhr erschien Gaelle und machte große Augen: »Ist das alles?«
    »Wie >ist das alles<«?
    »Ich weiß nicht, ich hatte mir gedacht, du wärest völlig entstellt in der Art von Die Mumie 2, ich weiß auch nicht, irgendetwas Spektakuläres.«
    »Tut mir echt Leid, dass ich so gewöhnlich bin, nächstes Mal versuche ich, eine ins Herz zu erwischen.«
    »Du scheinst ja nicht gerade gut gelaunt!«, rief sie und sprang aufs Bett.
    »Stimmt«, brummte er, »ich weiß wirklich nicht, worüber ich mich beklagen könnte.«
    »Ich auch nicht«, gab sie zurück, »du lebst und hast nur ein winzig kleines Loch und ein bezauberndes Mädchen, das Krankenschwester spielen möchte. Man könnte sagen, es ist dein Glückstag«, sagte sie und streichelte seine Wange.
    In der Tat. Er lehnte sich an die Wand, Gaelle schmiegte sich an ihn, und er begann, ihr alles zu erzählen. Der anonyme Anruf, bei dem er hörte, wie Elilou missbraucht wurde, das Tonband im Elternschlafzimmer, die Rauferei mit Charles, die Hirngespinste von Dubois, der Zwischenfall mit Eunice und Bunny, der Schuss, den man auf ihn abgegeben hatte und der wie durch ein Wunder an der Stuhllehne abgeprallt war, und zum Schluss der mokante chinesische Schatten. Er verschwieg nur das blasphemisch-koitale Zwischenspiel in der Kapelle, das nichts mit all dem zu tun hatte, nicht wahr.
    Gaelle, die seine Brust streichelte, war so aufgeregt, dass sie ihn beinahe gekratzt hätte.
    »Wir haben ihn, Chib!«
    »Ach ja? Und wer ist es?«
    »Siehst du nicht, dass er immer mehr Fehler macht. Er ist in der Phase, in der er sich erwischen lassen möchte.«
    »Die berühmte Phase auf Seite dreihundert, wenn der Krimiautor das Buch beenden muss?«, spottete Chib.
    »Du bist blöd, die Sache mit dem chinesischen Schatten ist der Beweis dafür, dass er sich zeigen will, er ist stolz auf sich, er hat es satt, anonym zu bleiben.«
    »Offenbar hat er vor allem mich satt.«
    »Nein, du bist nur eine Figur in seinem Spiel. Vergiss nicht, dass er nicht genauso fühlt wie wir.«
    »Hast du einen Kurs in Profiling gemacht?«
    »Du siehst ja, wohin dich deine ständigen Spötteleien geführt haben«, antwortete sie und griff nach seiner Zigarettenschachtel. »Die Beschleunigung der Ereignisse bedeutet, dass der Druck in seinem kranken Hirn ansteigt. Handeln ist für ihn der einzige Weg, den Schmerz zu erleichtern, der ihn quält.«
    »Hast du auch einen Poesiekurs gemacht?«
    Sie warf ihm die Zigarettenschachtel ins Gesicht.
    »Ich würde dich nicht verfehlen, Moreno! Hör zu … ich glaube, dass er sich in die Enge getrieben fühlt und dass ihn das erregt. Ich glaube, wir haben ihn fast!«, schloss sie, »weil er eine große Dummheit begehen wird.«
    »Zum Beispiel, uns alle abzuknallen«, meinte Chib und knetete seine Zigarette.
    »Ich frage mich nur«, fuhr Gaelle nachdenklich fort, »ob ihm manche Taten misslungen sind, weil er nicht wollte, dass sie gelingen, oder weil er weniger gewieft ist, als er selbst glaubt. Er hat Annabelle verfehlt, er hat dich verfehlt .«
    »Costa hat er nicht verfehlt, Elilou und den Hund auch nicht.«
    »Hm. Weil er sich an dem Hund wirklich austoben musste und weil Costa wirklich etwas wusste, was für ihn gefährlich war.«
    Chib stellte die Beine nebeneinander und rieb sich die steifen Knie.
    »Und auf mich hat er just for fun geschossen, willst du das damit sagen?«
    »Ich weiß nicht.«
    Klingeln. Beide schreckten zusammen.
    »Erwartest du jemanden?«
    »Nein.«
    Gaelle drückte auf den Knopf der Videobildschirms. Schwarz.
    »Man sieht nichts.«
    »Doch! Außer, jemand hält die Hand vor die Kamera«, zischte Chib.
    »Wer ist da, bitte?«, fragte sie nervös.
    Keuchender Atem. Chib richtete sich halb auf.
    »Wer ist da?«, wiederholte Gaelle ängstlich.
    »Graf … Beel … Ze … Schwanz!«, dröhnte eine Grabesstimme.
    »Du bist wirklich unmöglich«, rief Gaelle, »nimm die Hand weg!«
    Gregs belustigtes Gesicht erschien auf dem Bildschirm.
    »Ich habe euch Angst gemacht, was?«
    Er lachte noch, als er mit drei Pizzaschachteln beladen ins

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