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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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unvorhergesehene Gewitter über sich ergehen zu lassen und sich anschließend umzuziehen. Das Seil hatte eine rote Spur auf seinem Oberkörper hinterlassen, die Haut war zum Teil abgeschürft. Er tupfte sie mit Toilettenpapier und kaltem Wasser ab und schlüpfte in den viel zu großen Jogginganzug. Er musste die Ärmel und die Beine mehrmals umschlagen und die Kordel im Bund so eng wie möglich binden, damit ihm die Hose nicht über die Hüften rutschte. Er sah sich in dem antiken Spiegel an, der über dem Waschbecken hing. Fehlte nur noch die spitze Mütze, und er sähe aus wie ein Teufelchen nach einem Napalmangriff.
    Annabelle hatte die Augen geöffnet, war jedoch noch immer an ihre Mutter geschmiegt, die sie sanft wiegte. Cordier beugte sich über sie, untersuchte ihre Pupillen und fühlte ihr den Puls. Er schien schlecht gelaunt und müde, das Gesicht war verquollen und unrasiert. Durch das nasse, ungekämmte Haar sah man den kahlen Schädel schimmern. Er seufzte: »Es geht ihr bestens. Sie hat nur große Angst gehabt. Eine gut durchgeschlafene Nacht, und alles ist wieder in Ordnung. Geben Sie ihr vor dem Zubettgehen etwas Sirup.«
    Er griff nach seiner Tasche und wollte schon gehen, als sein Blick auf Chib fiel und sich sein Gesicht zu einem breiten Lächeln verzog: »Seien Sie mir nicht böse, mein Junge, aber ehrlich .«
    Blanche folgte seinem Blick, aber sie lachte nicht. Chib war nicht einmal sicher, dass sie ihn überhaupt sah. Er widerstand der Versuchung, seine Hand vor ihren Augen hin und her zu bewegen, während Cordier, noch immer lachend, hinausging.
    »Haben Sie Annabelle gefragt, wie das passiert ist?«, wollte Chib wissen und deutete mit dem Kinn auf das Mädchen.
    »Sie sagt, sie könne sich nicht erinnern. Sie ist gelaufen und dann hingefallen«, sagte Blanche mit eigenartig abwesender Stimme.
    »Der Brunnenrand ist fünfzig Zentimeter hoch!«
    »Wahrscheinlich ist sie gestolpert.«
    Immer noch dieselbe eintönige Stimme.
    »Haben Sie Ihrem Mann Bescheid gesagt?«
    »Ich will ihn nicht unnötig beunruhigen.«
    Chib seufzte. In der Tat war es nicht nötig zu übertreiben. Annabelle war heil und gesund. Aber er war fest davon überzeugt, dass jemand versucht hatte, sie zu töten. Ihre Überzeugung interessiert uns einen Dreck, Moreno! Bringen Sie Beweise!
    Er streckte die Hand aus und strich dem Mädchen über den Kopf, das sich noch fester an seine Mutter schmiegte.
    »Annabelle …«
    Keine Antwort.
    »War jemand bei dir?«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Blanche erstarrte.
    »Was .«
    »Psst. Annabelle, hörst du mich?«
    »Es ist nicht meine Schuld!«, stammelte sie unter Tränen.
    »Nein, mein Liebling, es ist natürlich nicht deine Schuld«, sagte Blanche.
    »Ich habe sie nicht gestohlen!«
    Sie sprach sicher von der Pistole.
    »Du hast sie gefunden, nicht wahr?«
    »In Elilous Zimmer! Sie hat sie gestohlen.«
    Blanche schluckte. Chib legte die Hand auf Annabelles geballte Faust.
    »In Annabelles Zimmer? Warst du dort?«
    »Ja! Weil sie mir meine Pokemons geklaut hatte, sie gehören mir, und sie . sie hat sie genommen!«
    »Ah, natürlich. Und dann hast du die große Pistole gefunden?«
    »Sie lag in ihrer Spielzeugkiste. Ich wollte sie meinem Papa wiedergeben. Elilou war eine Diebin!«
    »Sag so etwas nicht, mein Herzblatt! Oh, sag so etwas nicht .«
    Blanche hatte die Augen geschlossen und drückte das Mädchen so fest an sich, dass Chib Angst hatte, sie könnte es ersticken.
    »War Elilous Zimmer nicht abgeschlossen?«, fragte er.
    »Nein. Warum? Damit sie nicht zurückkehren kann?«, stöhnte sie mit geschlossenen Augen.
    Er antwortete nicht. Wer hatte die Pistole in Elilous Spielzeugkiste versteckt? Und warum? Er stellte sich plötzlich vor, wie Andrieu nachts in ein Schlafzimmer nach dem anderen dringt, den Blick vernebelt vom Wahnsinn. Die Kinder schlafen ihren tiefen Kinderschlaf, manchmal ein Speichelbläschen auf den Lippen oder ein Seufzer. Er betrachtet sie mit unendlicher Traurigkeit, richtet die Waffe auf sie und drückt ab, explodierende Schädel, letzte erstaunte Blicke unschuldiger Wesen, Hirnmasse, die auf die makellose Kopfkissen spritzt, dann steckt er den Revolver in den Mund und .
    Andrieu oder Blanche?
    Das Szenario schien wesentlich realistischer mit Blanche in der Rolle der Verrückten.
    »Trink deine Schokolade, mein Liebling«, sagte diese, »solange sie warm ist.«
    »Die will ich nicht! Ich will Cola!«
    Na gut, es schien ihr besser zu gehen.
    Schritte.
    Er richtete

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