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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
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klatschen gegen unsere Windschutzscheibe, dann knallt ein Ast an den Außenspiegel und klappt ihn ein.
    »Da vorn kommen wir nicht weiter, das wird immer enger!«, schimpft Josef. Doch dann bremst der Wagen vor uns ab.
    Zwischen hochgewachsenem Farn leuchtet etwas orange. Ein Autodach. Josef stoppt. Den Notfallkoffer gegriffen sind wir auch schon an der geöffneten Wagentür des rostverbeulten Pkw. Ein lebloser Männerkörper hängt vornüber auf dem Lenkrad, man sieht einen Schlauch, der vom Auspuff ins Wageninnere geleitet wurde.
    »Puls?«, fragt Josef.
    Ich stehe vor dem Mann. Aber ich kann den Mann nicht anfassen … Los Georg, neben dem Kehlkopf den Carotis-Puls tasten … Es geht nicht. Los, Georg!!! Was ist das, das mich blockiert? Dann ein anderer Gedanke, der mir fast wie eine Stimme durch den Kopf schießt. Mörder! Tränen vor mir. Du bist ein Kindsmörder!!! Und dann auch der Gedanke: Wer gibt mir das Recht, diesen Mann zu verurteilen … Gedanken wie Blitze, so schnell, jetzt wie Stimmen von allen Seiten … Mir wird schwindelig.
    Ich schaffe es nicht, den Mann anzusehen. Ihn anzufassen.
    »Den Puls!!! Herrgott noch mal, du sollst den Puls tasten, wird’s bald?!?«, schreit jemand dicht an meinem Ohr.
    Es ist Josef.
    Ich fühle den Puls des Mannes, immer noch, ohne ihn richtig anzusehen, die Hautfarbe nehme ich wahr, das Gesicht blende ich aus. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich wirklich etwas ertastet habe.
    »Los, komm«, sagt Josef, »wir ziehen ihn hier raus.«
    Weitere Fahrzeuge nähern sich. Wir legen den Patienten vor dem Auto ab, und Josef fühlt noch einmal an der Halsschlagader. »Puls ist noch da«, zischt er. Ich öffne den Notfallkoffer, aber da steht der Notarztsani bereits mit dem EKG neben dem Patienten. »Zugang, schnell …«, ruft er schon, bevor er beim Patienten angekommen ist.
    Keine zwanzig Minuten später sind wir mit dem bewusstlosen Mann auf dem Weg in die Augsburger Klinik. Die ganze Fahrt über schaue ich auf das EKG , überwache die Beatmung und vermeide es dennoch, diesem Mann ins Gesicht zu schauen. Dort empfangen uns mehrere Polizisten, die uns mit dem Patienten auf der Trage ins Haus begleiten.
    Als wir kurz darauf wieder herauskommen, ist längst Feierabend.
    »Was für ein Einsatz!«, sagt ein Polizeibeamter, der rauchend auf dem Parkplatz auf seine Kollegen wartet, und schaut uns zu, wie wir die leere Trage im Wagen verstauen. »Ihr habt für heute sicher auch genug …«
    »Man kann es sich nicht aussuchen«, sagt Josef.
    »Ich – ich möchte mal wissen«, beginne ich, »warum der Mann seine Kinder erschossen hat und sich selbst dann mit Autoabgasen umbringen wollte.«
    »Vielleicht war er zu feig dazu«, versucht der Polizist eine Antwort. »Vielleicht braucht’s mehr Mut, sich zu erschießen.«
    Josef zuckt mit den Schultern und gibt mir ein Zeichen, dass wir jetzt fahren.
    »Mich würde noch interessieren, weshalb ihr es geschafft habt, den Mann zu retten?«, sagt der Polizist, es klingt keinesfalls vorwurfsvoll.
    Josef und ich schauen uns kurz an.
    Der Polizist redet wie zu sich selbst weiter.
    »Was für ein Leben auf den noch wartet? Der war doch schon am Ende der Welt angekommen …«, höre ich ihn noch, während Josef mich schon an meiner Jacke fasst und wegzieht.
    »Los, es wird Zeit zu fahren.« Und beim Gehen fügt er hinzu: »Dienstende.«
    Was kann einen Menschen dazu bringen, seine eigenen Kinder umzubringen? Welcher Weg bleibt einem noch, wenn sich die Zukunft so verbaut hat? Wir haben ein Leben gerettet, aber was wird nun daraus werden?
    Als wir die Notaufnahme verlassen, um zurück zur Wache zu fahren, tritt Josef aufs Gas, als ob wir einen neuen Notfall bekommen hätten.
    Weg. Nichts wie weg hier, scheint auch er zu denken.
    Ich versuche zu verdrängen, was ich am Einsatzort gedacht und gefühlt habe. Und auch das, was ich noch am Nachmittag über Josef gedacht hatte, ist mir jetzt peinlich. Ich blinzle zu ihm hinüber. Ob er etwas bemerkt hat?
    »Heute Abend trinke ich ein Weißbier«, sagt er. »Ich freu mich schon auf die Hefe, die immer am Boden schwimmt.«
    Josef. Der ist ein einfacher Mensch.
    Und vielleicht ist das sehr gut so.

Conny
    E in warmer Sommerabend kurz nach einundzwanzig Uhr. Lindenblütenduftende Böen, die hin und wieder kühlend durch meine Dienstkleidung wehen … Es wird bald dunkel.
    Wir stehen mit dem Friedberger Rettungswagen vor dem Meringer Krankenhaus. Eine halbe Stunde ist es her, dass wir eine junge Frau von

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