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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
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hat wunderschöne olivgrüne Augen, eine schmale, zierliche Nase.
    »Das stimmt nicht ganz«, sagt sie. »Außer man akzeptiert, dass Augsburg in der Nähe von Straßburg liegt.«
    Peinlich, dass ich mich so vertan habe.
    »So …? Und wo liegt Linz?« Mit meiner Frage versuche ich meine Unwissenheit zu überspielen.
    »Eher wenn man Richtung Salzburg und Passau fährt, Richtung Wien.«
    Jetzt bin ich nicht viel schlauer …
    »Du weißt doch wohl, wo Salzburg liegt?«, hakt Conny nach.
    »Ja, klar«, antworte ich rasch. »Irgendwo in der Nähe von Wien.«
    Conny und meine beiden Kollegen lachen.
    »Genau«, sagt sie, »man merkt gleich: Du kennst dich richtig gut aus.«
    Im Hintergrund geht die Eingangstür der Klinik wieder auf.
    »Mann, so ein Scheiß!« Der junge Mann, der auf uns zukommt, schaut genervt.
    »Das ist Moritz.«
    »Hi«, grüßt Moritz lässig in die Runde.
    Er durchsucht die Taschen seiner Jeansjacke. »Ach komm, nee, gibt’s doch nicht«, jammert er. »Hab die Kippen vergessen. Oder im Auto?«
    »Lass gut sein.« Sebastian bietet ihm eine Zigarette an. »Du bist Connys Freund?«, fragt er.
    »Nee. Ich bin der Freund von Alexandra. Die ihr gerade hergebracht habt. Danke übrigens. Aber es ist echt voll übel, ich hab die ganze Woche mit ihrer Mutter verhandelt, dass sie mitfahren darf. Wir haben noch gar nicht zu Hause Bescheid gegeben. Wenn ihre Eltern das erfahren, darf Alex das nächste Mal sicher nicht mehr mit.«
    »Wieso?«, meint Sebastian. »Das hätte ihr zu Hause genauso passieren können.«
    »Oh Mann, ja klar, aber – erzähl das mal ihrer Mom.«
    »Ich rede schon mit ihr«, mischt sich jetzt Conny ein. »Ich kann ganz gut mit ihr.«
    »Ach, wenn Alex morgen früh aus der Klinik kommt, dann müssen wir ihr jetzt eigentlich noch gar nichts sagen.«
    »Mo, mach dir keine Gedanken. Ich telefoniere morgen mit Alex’ Mutter. Da kann ja wirklich keiner von uns was dafür.«
    Conny trägt ein graues T-Shirt in solch einem verwaschenen Look, der gerade in ist, und eine dieser dunkel- und hellgrau gestreiften Hosen. Um den Hals hat sie eine lederne Kette mit kleinen geschnitzten Holzelementen. In der Mitte ist ein Kreuz. Als ich es betrachte, bemerkt Conny meinen Blick und sagt: »Hat Mo gemacht. Der kann so was.«
    Wir unterhalten uns noch eine Weile über den Schmuck, über das Kreuz und dann auch über den Glauben. Sie sagt, dass sie nicht in die Kirche gehe. Aber das Kreuz habe sie sich von Mo gewünscht.
    »Einfach so …« Sie lacht. Conny strahlt etwas Unbeschwertes aus, und mir gefällt ihre Schlagfertigkeit.
    »Ich meld uns schon mal frei«, sagt Sebastian und verschwindet kurz im RTW .
    Es kommt uns nicht ungelegen, dass die Leitstelle uns zur ›Gebietsabdeckung‹ für die nächste halbe Stunde hier in Mering stehen lassen will.
    »Ihr könnt ja nachher noch auf unserer Party vorbeischauen«, schlägt Conny vor und sieht mich dabei an. »Nach eurem Dienst.«
    »Das wird leider nichts, unsere Schicht dauert bis in den Morgen.«
    »Was hört ihr denn für Musik?«, fragt Andreas, der anscheinend hofft, dass die Party auch so lange geht.
    »Reggae«, sagt Moritz, »aber auf der Party läuft auch anderes.«
    »Zum Tanzen«, sagt Conny. »Am liebsten höre ich aber die alten Songs der Stones.« Sie erzählt, dass sie Klavier spielt und auch klassische Musik liebt. »Bei Bach muss ich oft heulen«, sagt sie und lacht wieder dabei, aber ihre Augen sind für den Hauch einer Sekunde von Traurigkeit erfüllt.
    Immer wieder begegnen sich unsere Blicke.
    Conny bastelt gern selbst Schmuck, was sie von Mo gelernt habe, der sich damit nebenbei ein wenig verdiene. Und sie fliege gern Drachen, erzählt sie.
    »Drachenfliegen?« Ich kann mein Erstaunen nicht unterdrücken. »Ist das nicht gefährlich?«
    »Ach was«, sagt sie und zupft mir etwas von meinem Hemd.
    Es ist ein kleines Pusteblumenschirmchen.
    »Ich bin einmal mitgeflogen. Du fühlst dich so frei … Das gibt es in keinem Flugzeug. Du fliegst einfach so durch die Luft. Und fühlst den Luftstrom, der dich trägt, in deinem Gesicht. – Und überhaupt, anderswo kann dir ja auch etwas passieren.«
    »Jetzt müssen wir aber mal wieder los«, sagt Mo.
    Conny will ihm widersprechen, aber dann kommt eine Frau an uns vorbei, die völlig verweint aussieht, und unser Gespräch verstummt für einen Augenblick.
    Durch die halb offene Fahrzeugtür dringt der Leitstellenfunk zu uns herüber. Wir bekommen die Order, demnächst zurück zur Wache zu

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