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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
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genervt.
    »Ja, sicher! Wir haben die Kollegen noch vor uns reingehen sehen.«
    »Moment.«
    Ich warte, dann sehe ich, wie eine Pflegerin zum Eingang kommt. Ich laufe zurück.
    »Na, das hat aber gedauert«, mault Fabian sie gleich zur Begrüßung an, während wir mit der klappernden Trage in Richtung Aufzug laufen.
    »Tut mir leid«, sagt sie, »ich habe gerade Ihre Kollegen nach oben gebracht. Die Klingel tut nicht, ich hab es dem Hausmeister schon gesagt, aber der kann sich erst morgen kümmern.«
    »Aha«, sagt Fabian.
    Das Zimmer des Patienten ist nicht sehr geräumig, und ich bleibe erst einmal in der Tür stehen. Fabian hat sich gegenüber von Bertram, dem Notarzt, und Uli ans Bett des Patienten gestellt. Neben ihm steht eine Altenpflegerin.
    Uli kommt kurz zu mir, drückt mir ein Opiat und eine Spritze in die Hand: »Da. Aufziehen.«
    Der Patient hat schon eine Sauerstoffmaske vor dem Gesicht, und die Infusion, die der Arzt angelegt hat, läuft ebenfalls.
    »Sie bekommen gleich etwas gegen die Schmerzen«, erklärt Bertram dem Patienten, dessen Gesicht schneeweiß ist.
    Der alte Mann nickt schwach.
    Als ich ihm gerade das Opiat reiche, öffnet sich die Tür vom Nebenzimmer und ein älterer Herr mit weißgrau melierten Haaren tritt heraus und schaut mich lächelnd an. Offenbar auch ein Mitbewohner.
    »Guten Abend«, sagt er freundlich. »Ich dreh mal kurz noch meine Runde.«
    »N’Abend«, entgegne ich knapp. Der ältere Herr bleibt neben mir stehen und schaut mir zu.
    »Geht’s ihm nicht so gut?«, will er wissen.
    »Schauen Sie«, sage ich, »wir versuchen gerade, ihm zu helfen. Aber wir dürfen nicht erzählen, was unsere Patienten haben.«
    »Ja, schon gut«, sagt der Herr und lächelt gelassen. »Nur gut, dass Sie so schnell gekommen sind.«
    »Ein 12-Kanal- EKG «, fordert Bertram, »und einen Betablocker.«
    Ich hole mir eine Ampulle Metoprolol aus dem Koffer. »Betablocker mache ich«, sage ich.
    »Kannst du dann schon mal ein Protokoll anfangen?« Uli legt das Schreibzeug auf eine schmale Kommode, die zusätzlich den Eingangsbereich verstellt und gibt mir noch ein paar Informationen.
    »Der Puls war initial bei 115, der Druck bei 100, die Sauerstoffsättigung bei 88.« Initial: Er meint, bei seiner ersten Messung, noch bevor jemand etwas unternommen hat.
    »Ist es mit dem Atmen und den Schmerzen schon ein wenig besser?« Bertram spricht laut und deutlich.
    »Ein wenig«, haucht der Patient geschwächt.
    »Gut. Jetzt mal kurz nicht reden und möglichst nicht bewegen.«
    Aus dem EKG kommt ein Papierstreifen, den er abreißt und ansieht.
    »Na«, sagt er, »das ist eindeutig. Schauen wir, dass wir loskommen.«
    »Nur gut, dass Sie da sind«, sagt der Herr aus dem Nebenzimmer, der immer noch neben mir steht, wieder.
    Ich blicke, mehr in Gedanken, an ihm herunter, nehme wie nebenbei diesen herben Duft des Rasierwassers wahr, er erinnert mich an das meines Großvaters. Eine graue Hose, wie die älteren Herren sie hier alle tragen, Hosenträger und ein weißes Hemd, er sieht sehr gepflegt aus, und in seiner fast schüchternen Art liegt etwas Unbeholfenes.
    »Ja«, antworte ich ihm.
    Am besten wäre es, wenn dieser Mann wieder in seinem Zimmer verschwinden würde. Es irritiert bloß, dass er so dasteht, nicht zur Seite weicht.
    »Hören Sie«, sage ich zu ihm, »möchten Sie nicht zurück in Ihr Zimmer oder ein wenig in den Aufenthaltsraum?« Während ich mit ihm spreche, ziehe ich die schmale Kommode mit einer Porzellanvase darauf vorsichtig zur Seite: Hier müssen wir gleich mit der Trage durch.
    »Oh, ich wollte nicht stören«, sagt der ältere Herr und tritt einen Schritt zurück. »Es ist ja nur, weil ich den Herrn Markovics schon so lange kenne«, sagt er. »Wir waren früher mal Nachbarn, auch wenn es schon lange her ist.« Er zwinkert mir freundlich zu.
    »Ja, schon gut«, gebe ich nach. Eigentlich tut er mir ja nichts.
    Zu dritt heben wir den Patienten auf die Trage.
    »Das ist der erste Infarkt?«, will Bertram wissen.
    »Ja, sicher. Der war bisher immer völlig fit«, höre ich den älteren Herrn, der immer noch im Weg steht.
    Guter Mann, jetzt geh doch endlich , denke ich.
    Bertram übergeht den Kommentar einfach und wendet sich der Schwester zu. »Also, der erste?«
    »Moment, ich bin mich nicht ganz sicher, aber soweit ich weiß, ja, Herr Doktor«, sagt die Altenpflegerin und schaut noch einmal in die Akte des Patienten.
    »Ja«, sagt sie dann. »Er hatte bisher noch keinen.«
    Wir hängen

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