Schnitzelfarce
Flugzeuges waren wirklich überzeugend.
»Morgen Vormittag erfahren wir, was die
Tatortgruppe in der Wohnung von RA Baltegg alles gefunden hat. Die Kollegen in
Klagenfurt befragen den Anwalt und seine Tochter und beschaffen die
Fingerabdrücke. Und die internationale Fahndung nach Oleg Rybatschow läuft«,
rundete Wallner den aktuellen Stand der Ereignisse ab.
Der Minister zeigte sich beeindruckt. »Das war recht überzeugend,
meine Damen und Herren. Und ich bin sehr froh, dass Sie uns so rasch von einem
offensichtlich falschen Dampfer herunter geholt haben ...« Er hielt inne und
legte eine dramaturgisch beabsichtigte Pause ein.
Wenn Palinski die Politiker um etwas beneidete, dann um ihre
häufig exzellente Rhetorikschulung. Obwohl man diese der Mehrzahl der
Angehörigen dieser Kaste nicht wirklich anmerkte.
»Sie wissen aber, dass wir in etwas unruhigen, ja sogar leicht
instabilen Zeiten leben. Da ist einmal dieser unselige ›Schnitzelkrieg‹, der
gerade abflaut. Übrigens, das war sogar ein Randthema in Brüssel. Die
Kommission hat die Verabschiedung der ›EGR‹, also der ›Europäischen
Gastronomierichtlinie‹ auf den Spätherbst verschoben, um den Verhandelnden noch
etwas Spielraum zu geben .«
Er nahm das vor ihm stehende Glas Wasser und leerte es auf einen
Zug. »Ich möchte wissen, warum die Luft im Flugzeug immer so trocken ist«,
kommentierte er die Löschaktion.
»Dann stehen noch vier Wochen Wahlkampf in Wien bevor, das
heißt, die heiße Phase hat noch gar nicht begonnen. Bevor wir jetzt beginnen,
offiziell gegen einen amtierenden Stadtrat zu ermitteln, benötigen wir absolut
wasserdichte Beweise. Machen Sie weiter wie bisher, aber unter dem offiziellen
Mantel ›Terrorismus‹. Sobald die Ergebnisse der ballistischen und der weiteren
kriminaltechnischen Untersuchungen vorliegen, werden wir weitersehen .«
Palinski weigerte sich, zu glauben, was er da hörte. Nur, um
sich unangenehme Diskussionen in der Öffentlichkeit zu ersparen, sollte ein als
Charade hinlänglich demaskierter Zustand aufrechterhalten werden. »Was
geschieht mit den bereits in Untersuchungshaft befindlichen Personen«, wollte
er wissen, wobei eine gewisse Erregung in seiner Stimme nicht zu überhören war.
»Die beiden Verdächtigen werden nach Abwicklung aller relevanten
Verfahren natürlich freigelassen werden«, antwortete der Minister mit
unschuldiger Miene.
»Verstehe ich das richtig, Herr Minister, dass die beiden
unschuldigen jungen Menschen nur aus, sagen wir einmal, Raison d’etat noch
einige Tage festgehalten werden könnten ?« , ließ
Palinski nicht locker.
»Also zeitmäßig kann ich mich da wirklich nicht festlegen«,
versuchte Dr. Fucheé sich herauszureden. »Und was heißt schon unschuldig? Das
wissen wir doch noch gar nicht .«
Langsam wurde Palinski zornig. »Aber das ist doch unerhört, Herr
Minister. Das ist doch reinste Rechtsbeugung .« Er
stand auf und wollte offensichtlich gehen.
»Meine Damen und Herren, ich erinnere Sie ausdrücklich an die
Amtsverschwiegenheit .« Die Stimme des Ministers hatte
einen eisigen Ton angenommen. »Also kein Wort zu niemandem und schon gar nicht
zur Presse. Und Sie, Herr Palinski«, rief er dem eben den Raum verlassenden
Löcker wider den Stachel nach, »haben gerade vorhin ebenfalls absolute
Verschwiegenheit unterschrieben. Falls Sie nur ein einziges Wort über den Fall
verlauten lassen, ist die Subventionszusage null und nichtig. Darüber hinaus
würde uns aber auch noch das eine oder andere einfallen, um Ihnen das Leben in
Zukunft nicht gerade leichter zu machen .«
So ein Schwein, dachte sich Palinski. Der Minister hatte ihn wie
eine Fliege gefangen. Ein Streifen süßlich-klebriger Masse hatte genügt und
schon zappelte er daran.
»Ich habe es zur Kenntnis genommen, Herr Minister«, stellte er
mit möglichst ruhiger Stimme fest, ehe er stolz erhobenen Hauptes den Raum
verließ.
Auf der Straße wartete er schwer atmend auf die anderen und
versuchte, seinen ohnmächtigen Zorn unter Kontrolle zu bekommen.
Dieses Gefühl der absoluten Hilflosigkeit
erschreckte ihn. Sollte sich der Hurensohn doch den Vertrag sonst wo
hinschieben. Er, Palinski war nicht käuflich. Er war nicht so naiv, zu glauben,
dass Recht und Gerechtigkeit ein und dieselbe Sache waren. Aber hier lagen die
Dinge völlig anders. Die Aufrechterhaltung des inquisitorischen Status quo war
nicht nur ungerecht, sie war auch Unrecht.
»Denk
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