Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Dosen Bier oder einer Flasche Schnaps gemacht, um seinen Kummer zu ertränken.
»Wir verstehen, wie schwierig es für einige Schüler sein kann, sich in ihrer neuen Umgebung und auf einer neuen Schule zurechtzufinden, aber wir haben einen gesetzlichen Erziehungsauftrag zu erfüllen, auch bei ihrem Sohn. Abgesehen davon machen wir uns natürlich Sorgen um sein Wohl.«
»Ich melde mich bei Ihnen, sobald er auftaucht.«
»Wäre es vielleicht nicht besser, wenn Sie nach ihm suchen würden? Ist nur so ein Gedanke.« Sie hängt ein. Ich wähle die Nummer von Adams Handy. Es ist ausgeschaltet. Mich erfasst Panik, und ich rufe Guy an.
»Hallo, Jennie«, begrüßt er mich ruhig. »Wo brennt’s?«
Unter normalen Umständen hätte ich das lustig gefunden, doch ich mache mir Sorgen um meinen Sohn. »Hast du Adam heute gesehen?«
»Nein, habe ich nicht. Ich dachte, er ist in der Schule.«
»Da habe ich ihn zwar abgesetzt, aber in seiner Klasse ist er nie aufgetaucht.«
Ich versuche, das Zittern in meiner Stimme in den Griff zu bekommen, aber zu spät, Guy hat es schon bemerkt.
»Mach dir keine Sorgen, Jennie. Wer hat nicht schon mal die Schule geschwänzt? Warum rufst du nicht erst mal seine Freunde an?«
»Weil er keine hat, soweit ich weiß. Was, wenn er wieder irgendwo allein hingegangen ist, um zu trinken? Oder vielleicht hingefallen ist und bewusstlos in einem Graben liegt?«
»Soll ich herüberkommen und dir beim Suchen helfen? Wahrscheinlich ist er unten am Fluss oder im Wald auf dem East Hill. Da verzog ich mich immer hin, als ich so alt war wie Adam.«
»Ich gehe allein«, sage ich. »Und nehme Lucky mit.«
»Meld dich, wenn ich dir irgendwie helfen kann.«
»Danke, Guy.« Ich weiß sein Angebot zu schätzen, denn er hat viel auf seinem Hof zu tun, doch Adam ist mein Sohn, meine Verantwortung. Und die von David. Ich rufe ihn auf der Arbeit an, um zu fragen, ob er etwas von Adam gehört hat.
»Nein, habe ich nicht. Warum?«, fragt er, während ich mit dem Hörer am Ohr die Ställe und die Scheune durchsuche.
»Er hat wieder die Schule geschwänzt«, sage ich und versuche, dabei durchzuatmen.
»So kann das nicht weitergehen. Je eher er bei mir und Alice lebt, umso besser.«
»Meinst du! Aber zuerst muss ich ihn finden.«
»Sag mir Bescheid, sobald er wieder aufgetaucht ist.«
Eine halbe Stunde später, inzwischen bin ich ein völliges Nervenbündel und vor Angst schweißnass gebadet, kommt er mir mit den Händen in den Hosenaschen lässig auf der Auffahrt zu Uphill House entgegen und hört Musik aus seinem iPod.
»Adam, wo bist du gewesen?«, schreie ich ihn an.
»Draußen«, antwortet er und beugt sich kurz nach unten, um Lucky zu streicheln.
»Ach ja? Das hab ich mir irgendwie schon gedacht«, fahre ich ihn an.
»Warum fragst du dann, Mum?«
Ich mag seinen Ton nicht, doch die Erleichterung überwiegt meine Wut über sein gedankenloses Verhalten. Ich glaube, es ist für einen Jungen viel schwieriger mit seiner alleinerziehenden Mutter zu leben und nicht zu wissen, was die Zukunft ihm bringen wird, als für ein Mädchen. Ich stelle mich ganz nah neben ihn, um festzustellen, ob er getrunken hat, doch sein Atem riecht nicht nach Alkohol, und seine Koordination erscheint auch völlig normal. Ich denke kurz darüber nach, ihn eine gerade Linie gehen zu lassen, entscheide mich dann aber dagegen, um ihn nicht noch mehr auf die Palme zu bringen. Ich hole tief Luft, zähle bis zehn und ermahne mich, ruhig zu bleiben.
»Mit wem warst du zusammen?«, frage ich.
»Mit ein paar Leuten«, erwidert er achselzuckend.
»Freunde?«, frage ich hoffnungsvoll nach, denn er hat vorher nie welche erwähnt.
»Nein, hab sie zufällig getroffen«, erwidert er. Das Wort »zufällig« mag er gerne.
»Und?«
»Und was?«
»Was habt ihr gemacht?«
»Abgehangen und so.«
Mit »abgehangen« kann ich noch leben, aber das »und so« macht mir Sorgen.
»Adam, du kannst nicht einfach die Schule schwänzen«, sage ich, und sein störrisches Verhalten lässt meine Wut wieder aufkeimen. »Und helfen kann ich dir auch nicht, wenn du nicht mit mir sprichst.«
»Das kannst du sowieso nicht«, blafft er zurück. »Weil du mein Leben nicht wieder dahin zurückspulen kannst, wo ich noch wirkliche Freunde hatte.«
»Du hast doch immer noch Kontakt mit Josh und siehst ihn alle zwei Wochen …«
»Das ist nicht dasselbe«, entgegnet er mir und stampft mit einem Fuß auf. »Selbst wenn wir wieder bei Dad leben sollten, wird nichts
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