Schnupperküsse: Roman (German Edition)
die ganze Zeit in Ordnung bringen, bin aber nie dazu gekommen. Und jetzt ist es zu spät.« Ich versuchte, mich wieder zusammenzureißen. »Ich hoffe, er ist schnell vor Angst gestorben.«
»Wir müssen den Mädchen ja nicht genau erzählen, was passiert ist«, fuhr Adam fort. »Wir sagen einfach nur, dass er in seinem Bett im Schlaf gestorben ist und nicht brutal umgebracht wurde.«
»Oh, Adam«, seufzte ich. »Vielen Dank.«
Er versuchte, mich zu trösten, aber das machte alles nur noch schlimmer, denn zu dem Zeitpunkt hielt ich die traurige Wahrheit vor den Kindern noch geheim, dass ihr Dad und ich uns scheiden lassen würden und unser bisheriges Leben damit aus und vorbei wäre. Ich befand mich bereits auf einer Reise, mit der ich nie gerechnet hatte – genauso wenig wie Der Hamster, als die Nachbarskatze ihn aus seinem Käfig zerrte.
»Der Ärmste«, sagte Georgia, als wir ihr und Sophie die traurige Nachricht überbrachten. »Warum musste er sterben, Mum? Warum nur?«
»Er hat nicht leiden müssen«, tröstete ich sie. Nicht so wie ich. »Er ist im Schlaf gestorben.«
»So wie Grandma Copeland?«, fragte Sophie und beruhigte sich wieder ein wenig, nachdem sie in Tränen ausgebrochen war.
»So wie Grandma Copeland«, bestätigte ich ihr. Grandma Copeland war Davids Mutter. Keines der Mädchen hatte sie je kennengelernt, aber Adam hatte so häufig von ihrem Tod und der anschließenden Einäscherung erzählt, dass sie so taten als ob.
»Werden wir ihn verbrennen wie Grandma Copeland?«, fragte Georgia.
»Ich möchte ihn nicht verbrennen«, weinte Sophie wieder.
»Wir können ihn im Garten begraben«, meinte Adam.
»Das ist eine gute Idee«, warf ich schnell ein.
»Ich wünschte mir, wir hätten das mit Grandma Copeland auch getan«, bemerkte Georgia.
Dieses Gefühl konnte ich jedoch insgeheim nicht mit ihr teilen. Davids Mutter hatte mich bereits verfolgt, als sie noch lebte, und das sollte nach ihrem Tod auf keinen Fall so bleiben. Nachdem sie vor vielen Jahren von Davids Vater geschieden worden war, bestand ihre einzige Lebensaufgabe darin, bei uns zu leben. Sie hatte immer wieder Versuche gestartet. Als sie sich bei einem Sturz auf glatter Straße das Handgelenk brach, blieb sie mehrere Monate. Dann zog sie noch einmal fast ein Jahr bei uns ein, als ein Wasserrohrbruch ihr Haus unbewohnbar machte und daraufhin in großem Umfang repariert werden musste, so wie am Schluss mein Verstand. Sie war Kettenraucherin gewesen, mit einer besonderen Vorliebe zu Sonnenstudios und einer ausgeprägten Abneigung gegen Obst und Gemüse, was all meine Bemühungen untergrub, Adam einen gesunden Lebensstil angedeihen zu lassen.
Warum ich das alles getan habe? Aus Liebe natürlich. Weil David es so wollte. Als seine Mutter starb, verschrumpelt und frühzeitig gealtert durch Krebs, war er am Boden zerstört. Damals hatte er seine erste Affäre beziehungsweise die erste, von der ich wusste.
»Können wir die Asche von Grandma Copeland nicht holen und sie zusammen mit Dem Hamster begraben?«, fragte Georgia, während ich die sterblichen Überreste des Hamsters in ein Stück Küchenrolle einwickelte und es mit Klebeband verschloss.
Ich war mir nicht sicher, wo sich ihre Asche befand. Es gab für sie eine Gedenktafel in der Wand des Krematoriums – David hatte dafür gesorgt, dass sie ganz oben platziert wurde, was seiner Mutter, einer Frau mit Hang zum Größenwahn, sicherlich gefallen hätte.
»So hat sie wenigstens ein Haustier im Himmel«, meinte Sophie.
»Du weißt doch gar nicht, ob sie überhaupt im Himmel ist«, warf Adam ein.
»Es gibt keinen Himmel«, stellte Georgia nüchtern fest.
»Und warum beten wir dann in der Schule morgens in der Andacht ›Vater unser, der du bist im Himmel‹?«, fragte Sophie nach.
»Weiß ich nicht«, lautete Georgias Antwort und sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Außerdem ist Daddy unser Vater. Wir können keine zwei Väter haben. Das ist wissenschaftlich gesehen gar nicht möglich.«
»Doch«, warf Adam ein, »wenn deine Eltern schwul sind.«
»Egal. Das Ganze ist trotzdem ein einziger Scheiß!«
»Georgia«, rief ich. »Ich möchte dieses Wort nicht noch einmal aus deinem Mund hören.«
»Adam sagt es die ganze Zeit«, verteidigte sie sich.
Sophie schaute mich an und neigte ihren Kopf ganz leicht zur Seite. »Mummy, was ist Scheiß?«
»Georgia möchte damit sagen, dass sie nicht an Gott glaubt.« Ich hörte, wie ich einen tiefen Seufzer ausstieß. Wie
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