Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Kuchenformen und Rührschüsseln.
»Mum, kannst du dich daran erinnern, wo wir die Kuchenformen hingetan haben?«
»Ich glaube, in den Schrank rechts neben der Waschmaschine«, antwortet sie. »Es war aber nur eine.«
»Ach ja.« Ich nehme sie heraus und stelle sie auf die Arbeitsplatte. »Ich habe die anderen weggeworfen – sie sahen so ramponiert aus, dass ich mir dachte, sie besser zu ersetzen, jetzt wo ich mit meinem Geschäft durchstarte. Ich muss noch ein paar kaufen.«
»Kauf nicht zu viel«, ermahnt mich Mum. »Ich würde an deiner Stelle abwarten und sehen, was du wirklich brauchst.«
»Wenn ich mir mit dem Backen meine Brötchen verdienen will, brauche ich das richtige Zubehör.«
»Du hast dich doch gar nicht über den Markt hier schlau gemacht und kannst daher gar nicht wissen, was sich verkaufen wird. Es macht keinen Sinn, Backformen für Törtchen zu kaufen, wenn am Schluss dein Hauptgeschäft aus Hochzeitskuchen besteht.« Sie hält inne. »Mach weiter – ich gehe raus und schau nach den Mädchen.«
»Sie sind immer noch in den Ställen.« Gelegentlich schaue ich aus dem Küchenfenster und sehe, wie sie den Stapel Holz aus dem Stall, der zu dieser Seite des Hofs liegt, in den auf der anderen Seite tragen, da sie meinen, das Pony müsse in dem am besten erhaltenen untergebracht werden.
»Ich bringe ihnen noch etwas Fruchtsaft. Sie sind so fleißig.« Mum hält wieder inne, die feinen Linien oberhalb ihrer Lippe werden tiefer, und sie legt die Stirn in Falten. »Jennie, bist du dir mit dem Pony auch sicher? Du weißt selbst, ein riesiger Tierfreund bist du nicht! Du hast Angst vor Spinnen, und mit den Hamstern hattest du in letzter Zeit auch kein großes Glück. Mit so einem Pony gehst du eine Riesenverpflichtung ein, die zu allem anderen noch hinzukommt – dem Haus, den Kindern und deinem Geschäft, das du dir aufbauen willst. Aber versteh mich bitte nicht falsch, mein Kind. Ich möchte mich nicht einmischen«, fügt sie entschieden hinzu. »Ich mache mir nur Sorgen, dass du dir zu viel zumutest.«
»Granny! Granny«, ertönt Sophies Stimme und unterbricht uns. »Komm her und schau dir an, was wir gefunden haben.«
Meine Mutter schaut mich an, den Kopf leicht zur Seite geneigt.
»Ich denke, du gehst besser«, sage ich mit einem Lächeln auf den Lippen. Mums Sorge gilt nicht so sehr der Tatsache, dass ich mir zu viel zumute, sondern dass ich keine Zeit habe, Kontakte zu knüpfen und jemanden kennenzulernen.
Sie glaubt, mir wird bestimmt eines Tages noch einmal der richtige Mann über den Weg laufen, doch ich kann mir nicht vorstellen, mit jemand anderem als David zusammen zu sein. Das Trauma, mich noch einmal zu ver- und dann wieder zu entlieben, stehe ich nicht noch mal durch. Es mag altmodisch klingen, doch als ich heiratete, dachte ich wirklich, es wäre für immer. Meine Eltern haben es geschafft, warum also nicht auch ich?
Es gab für mich hier und da die Gelegenheit, fremdzugehen, doch ich habe mich dagegen entschieden. Warum? Wegen David. Weil ich meinen Mann liebte. Manche mögen vielleicht sagen, warum hast du es nicht getan, als er begann, dich zu betrügen? Warum hast du es ihm nicht heimgezahlt? Weil ich nicht so gestrickt bin. Ich kann erhobenen Hauptes dastehen, weil ich das Richtige tat. Ich habe mir meine Selbstachtung erhalten und niemanden verletzt, und das bedaure ich nicht.
Obwohl ich nach den Monaten bitteren Streits und eingehender Analyse immer noch wütend und aufgebracht bin, fange ich langsam an, in der Lage zu sein, über die Situation zu sprechen, ohne in Tränen auszubrechen. An Weihnachten musste ich weinen, weil Sophie nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubte, so wie ich nicht mehr an die Liebe, und ich meine damit die Liebe zwischen Mann und Frau.
Ich nehme die Küchenwaage vom Fensterbrett und stelle sie auf die Arbeitsplatte neben die Kuchenform. Für den Sultaninenkuchen brauche ich kein Rezeptbuch, ich kenne das Rezept auswendig. Ich wiege Butter und Zucker ab – Butter ist zwar fetter als Margarine, schmeckt aber auch besser – und gebe sie in die Rührschüssel, die ich dann für ein paar Minuten in den warmen Ofen des AGA stelle. Währenddessen wiege ich etwas Mehl und Backpulver ab, das ich nicht siebe – für so etwas ist das Leben zu kurz – aber ich denke darüber nach, Salz hinzuzufügen. Ich schaue nach dem Butterpapier und bemerke, dass es gesalzen ist, also benutze ich es nicht, obwohl es sich meiner Meinung nach nicht lohnt, sich über
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