Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Otter House aufgenommen worden, da er hier untersucht worden sei, bevor er zu ihr gekommen wäre.«
»Ach ja, natürlich.«
»Er ist der Hund, der auf die Autobahn geworfen wurde.«
»Maz hat ihn untersucht – sie wird sich bestimmt an ihn erinnern«, sagt die Rezeptionistin und schaut auf den Bildschirm ihres Computers. »Nehmen Sie Platz.«
Angesichts des riesigen Hunds, der gerade den Warteraum in Beschlag nimmt, bin ich mir da nicht so sicher. Er hat blaugraues Fell und steht mitten im Raum, sein Schwanz wedelt gegen die Auslage, auf der sich Spielzeuge und Hundefutter befinden.
»Sitz!«, raunt seine Besitzerin ihn an, eine Frau in Nylonbluse, einem Rock mit Blumenmuster und flachen Sandalen. Sie versucht, ihn zum Sitzen zu bewegen, indem sie eine Hand flach auf sein Hinterteil legt, doch der Hund bleibt stehen. Die Frau lächelt in meine Richtung.
»Machen Sie sich wegen Nero keine Gedanken«, beruhigt sie mich. »Er ist der sanfteste Hund der Welt, er hat sogar Angst vor seinem eigenen Schatten.«
Ich gehe in Richtung eines freien Platzes und ziehe Lucky hinter mir her. Als wir an Nero vorbeikommen, macht Lucky einen Satz, schnappt und bellt, woraufhin Nero zurückspringt und sein Hinterteil auf den geräumigen Schoß seiner Besitzerin plumpsen lässt.
»Ach, du dummer Kerl«, sagt sie und lacht. »Mummys Baby.«
Und ich denke nur, wie peinlich, und hoffe inständig, nie mit meinem Hund so zu reden.
»Sie sind neu hier, oder?«, fährt sie fort und wendet sich mir zu. »Wohnen Sie auf dem neuen Anwesen?«
»Nein, Jennie hat Uphill House gekauft«, ertönt es von der Dame vom Empfang, »Marys altes Haus.«
So viel zu Vertraulichkeit, denke ich und seufze innerlich. Die Rezeptionistin fährt indes munter fort und lässt uns wissen, dass sie ihre Informationen – und es handelt sich hierbei um eine ganze Menge über mein Leben und meine Einrichtung zu Hause – von dieser Frau, dieser Fifi Green, hat.
»Wir haben uns noch nicht vorgestellt«, sagt die Rezeptionistin. »Ich bin Frances, und das ist Mrs. Dyer, die Frau vom Metzger hier die Straße herunter.«
»Sie können mich Avril nennen. Frances tut das außerhalb der Praxis auch, doch hier ist sie ganz professionell«, sagt sie. »Haben Sie unsere preisgekrönten Würstchen schon probiert? Sie sind zum fünften Mal in Folge zu den besten hier im Südwesten gewählt worden.«
»Danke für den Hinweis, ich werde mir demnächst mal welche kaufen«, antworte ich. Ich krame in meiner Umhängetasche und ziehe einen meiner Handzettel heraus. »Ich backe Kuchen. Wenn Sie möchten, können Sie mich gerne anrufen, wenn eine besondere Gelegenheit bei Ihnen ins Haus steht.«
»Wissen Sie, Jennie«, wirft Frances ein, »es wäre vielleicht feinfühliger gewesen, mit den Leuten, die hier in Talyton bereits ihre Läden haben und Kuchen verkaufen, zu reden und sich zu erkundigen, ob Ihr Geschäft dazu passt, statt es jedem aufzuzwingen. Cheryl, die Besitzerin vom Copper Kettle, ist ziemlich aufgebracht, dass jemand wie Sie in direkte Konkurrenz mit ihr tritt. Das ist nicht sehr fair.«
»Was meinen Sie mit … jemand wie ich?«, frage ich, und mein Gesicht wird heiß vor wachsender Verärgerung.
»Es kann Ihnen ja nicht so schlecht gehen, wenn Sie sich ein Haus wie Uphill House leisten können«, stellt Frances fest.
»Ich muss meine Kinder ernähren«, erwidere ich.
»Das hätten Sie auch da tun können, wo Sie herkommen. Cheryl hat sieben Tage die Woche gearbeitet, das ganze Jahr über, um ihr Geschäft über Wasser zu halten. Das Letzte, was sie braucht, ist Konkurrenz.«
»Und vergiss Fifi nicht«, fügt Avril hinzu. »Sie verkauft auch Kuchen. Im Café und im Gartencenter.«
»Du meinst ja wohl eher, sie hat Leute, die für sie backen und die Kuchen verkaufen«, korrigiert sie Frances. »Fifi behauptet, zu Hause zu backen, aber ich weiß aus sicherer Quelle, dass sie die Kuchen für sich und ihren Mann bei Marks und Spencer kauft.«
»Tja, ich kann meine Pläne aber nicht ändern, denn ich backe nun einmal«, sage ich und komme mir bei dieser Unterhaltung eher wie eine Außenseiterin vor. »Wir können nur hoffen, dass für uns alle Platz ist.«
»Wir werden sehen«, meint Frances. »Die Einwohner von Talyton St. George sind den einheimischen Ladenbesitzern gegenüber sehr treu. Ich denke, es wird für Sie sehr schwierig werden, Fuß zu fassen.«
»Frances«, wirft Avril ein, »gib Jennie eine Chance!« Sie lächelt mich aufmunternd an. »Ich
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