Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Aspekt.«
Ich weiß, was David damit meint – er möchte seinen Sohn im Kreis der Macher dieser Welt sehen.
»Freunde kann man nicht kaufen …«, sage ich.
»Aber«, unterbricht mich David, »man kannEinfluss kaufen. Ich möchte das Beste für ihn, Jennie. Warum, Herrgott noch mal, willst du das nicht einsehen? Sieh doch einmal über unsere Scheidung und deine Vorurteile mir gegenüber hinweg, und denk an unseren Sohn und was das Beste für ihn ist.«
»Ich weiß, was das Beste für ihn ist«, erwidere ich dickköpfig. »Ich bin seine Mutter.«
»Und ich sein Vater«, sagt David selbstgefällig. Sein Kiefer spannt sich an. »Warum erfahre ich als Letzter, dass Adam auf dem Hof nebenan jobbt? Warum hat es niemand für nötig gehalten, mich zuerst davon zu unterrichten?«
»Ich sah keinen Grund dazu.«
»Wir haben uns geeinigt, dass du das alleinige Sorgerecht für die Kinder hast, aber wir gemeinsam die Entscheidungen für sie treffen.« Er macht eine strategische Pause, um dann mit seiner Einschüchterungstaktik fortzufahren, und ich spüre, wie langsam Wut in mir hochsteigt. »Was ist mit seinen Schulaufgaben?«
»Die wird er schon machen – dafür werde ich sorgen. Außerdem wird er durch diesen Job Verantwortungsbewusstsein lernen und sich freuen, sein eigenes Geld zu verdienen – Geld, für das er gearbeitet hat und das ihm nicht einfach nur gegeben wurde.« So wie mir, geht es mir durch den Kopf. »Ich verstehe nicht, warum du ein solches Theater machst, David?«
»Was ist mit meinen Wochenenden? Wie soll das laufen?«
»Das wird kein Problem sein. Guy hat klargestellt, dass er flexibel ist.«
»Abgesehen davon möchte ich auch nicht, dass mein Sohn denkt, er würde eines Tages Bauer werden«, erklärt mir David. »Er kann mehr als das.«
»David, es gibt unterschiedliche Wege, sein Leben zu leben. Sein Job hat nichts mit seiner zukünftigen beruflichen Laufbahn zu tun. Würde er Zeitungen austeilen, gingst du auch nicht automatisch davon aus, dass er irgendwann Journalist wird. Deine Argumentation ist lächerlich.«
Ich kann nicht glauben, dass wir uns wieder streiten. Ich hatte gedacht, dies würde nach der Scheidung aufhören, doch das genaue Gegenteil ist eingetroffen, es ist noch schlimmer geworden.
»Was weißt du über diesen Kerl, diesen Guy?«, wettert David weiter.
»Schluss jetzt – er ist ein anständiger Mann.« Ich verstumme. Das hatte ich auch einmal von David gedacht. Vielleicht bin ich aber nicht gut im Beurteilen des Charakters anderer, doch ich mag Guy, und was David hier andeuten will, mag ich gar nicht. Ich bin mir sicher, ich hätte gewiss über die Gerüchteküche schon erfahren, wenn etwas mit ihm nicht stimmen würde. Hier geht es nur um David, nicht um Guy. Er hat ein Problem damit, keine Kontrolle mehr zu haben. »Adam wird es bei ihm gut gehen«, sage ich bestimmt.
Auf dem Weg nach Hause versuche ich, mit Adam und den Mädchen zu reden, aber Lucky will nicht aufhören zu bellen. Außerdem ist Sophie so müde, dass sie einschläft, währenddessen es Georgia vom Autofahren schlecht wird. Adam ist voll und ganz damit beschäftigt, Lucky abzulenken, der auf seinem Schoß sitzt, doch keines seiner Ablenkungsmanöver zeigt Wirkung auf die Häufigkeit oder Lautstärke seines Protests.
»Dieser verdammte Hund«, sage ich gereizt.
»Ich denke, er hat Angst, du wirst ihn wieder abgeben«, erwidert Adam beschützerisch.
Ich verkneife es mir zu sagen, dass ich das am liebsten tun würde, sollte er nicht in der nächsten Sekunde damit aufhören, weil das die Kinder nur beunruhigen würde.
Als wir zu Hause ankommen, ich das Auto im Hof parke, den Motor abstelle und den Hund hinauslassen kann, fällt die Anspannung von mir ab. Endlich wieder Ruhe und Frieden.
»Geht noch nicht ins Haus«, ruf ich den Kindern zu. »Ich habe eine Überraschung, nein, zehn Überraschungen für euch. Schaut mal in den Stall ganz am Ende.«
»Sind da Hühner drin?«, fragt Sophie, saust zur Tür, wo sie sich abmüht, den Riegel oben wegzuschieben. »Ich hoffe, es sind Hühner.«
»Guy hat sie vorbeigebracht«, sage ich.
»Ach«, erwidert Adam, und ich frage mich, ob da ein Hauch von Missbilligung in seiner Stimme zu hören ist.
»Das war sehr nett von ihm«, unterstreiche ich. »Er wollte auch wissen, ob du morgen bei ihm anfangen kannst.«
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Ich habe natürlich zugesagt.«
»Wusste ich’s doch!« Adams Augen blitzen verärgert auf. Diesen Gesichtsausdruck
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