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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Handy. Ich frage mich, wozu wir die monatliche Telefonrechnung eigentlich abdrücken.« Sie wühlte in einer bauchigen Handtasche herum.
    »Ja, mobil telefonieren ist teuer«, stimmte Katinka zu. »Aber Sie sagten doch gerade, es sei niemand mehr hier?«
    »Udo musste bloß seine Krankmeldung reinreichen. Die Polizei hat alle vernommen! Alle Kollegen, stellen Sie sich das vor.«
    »Das ist hart.«
    »Sein Herz macht das nicht mit. Besser, sich krankschreiben zu lassen, bei seinen Cholesterinwerten.«
    Uff, dachte Katinka. Wieder ein vollgefressener Hypochonder, der die Kosten des Gesundheitswesens in die Höhe treibt.
    Die Dame stieg die Treppen zur Eingangstür hoch und klingelte. Es dauerte geraume Zeit, bis eine junge Frau mit einer Staubsaugertüte in der Hand öffnete und ängstlich hinauslugte.
    »Lisa, ich bin’s.«
    Katinka trat ein paar Schritte näher.
    »Ich wollte bloß schauen, ob Udo noch da ist.«
    »Ist niemand da«, sagte Lisa. Katinka fiel der slawische Akzent auf.
    »Hat er seine Krankmeldung vorbeigebracht?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Lisa und sah unglücklich drein. »Ich habe niemand gesehen. Ich muss Tür zumachen. Entschuldigung.«
    Sie rammte die Tür ins Schloss, der Schlüssel wurde zweimal umgedreht.
    Katinkas Abendbekanntschaft seufzte.
    »Es wundert mich nicht, dass sie alle Angst haben und Gespenster sehen«, sagte sie. »Ach, verzeihen Sie, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Edith Hartmann.«
    »Katinka Palfy«, entgegnete Katinka und drückte den Lederhandschuh ihres Gegenübers.
    »Es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als morgen wiederzukommen. Wie gesagt, die fangen hier sehr früh an zu arbeiten.«
    »Ich bin eigentlich keine Kundin. Ich … kannte Frank Mendel von früher. Kaum zu glauben, was passiert ist.«
    »Nicht wahr!« Edith Hartmanns Augen funkelten. »So ein anständiger Mensch. Was für eine Tragödie. Und seine arme Frau …«
    »Eben«, bestätigte Katinka. »Und die Kinder.«
    »Wie ich sage, eine Tragödie.«
    Edith Hartmann zögerte einen Augenblick, dann fragte sie:
    »Wenn Sie Frank gekannt haben … sollten wir nicht einen Kaffee trinken? Gleich dort drüben, im Kongresshaus, ist ein Restaurant.«
    »Gerne, natürlich«, sagte Katinka. Sie war durchgefroren und müde, musste aufs Klo und sehnte sich nach einer Atempause.
    Edith Hartmann marschierte vor ihr her, lotste Ka-tinka durch das Seitentor in den Rosengarten und plauderte dabei unaufhörlich.
    »Alles sieht so tot aus um diese Jahreszeit. Ich lamentiere schon seit November, mein Mann kann’s nicht mehr hören. Wie ich mich nach Blumen und Farbe sehne, das können Sie sich gar nicht vorstellen.«
    »Doch!«, rief Katinka nach vorne. Sie kam kaum nach. »Mir geht es genauso.«
    »Ich meine, vor Weihnachten ist ja noch alles im Rahmen, alle sind abgelenkt, Weihnachtsgeschenke besorgen, Menüs ausarbeiten und was weiß ich. Aber jetzt … bedenken Sie, Frau Palfy, das geht noch so bis April!«
    Davon wollte Katinka lieber nichts hören. Dankbar betrat sie hinter Edith Hartmann das Restaurant.
    »Kommen Sie, wir setzen uns ans Fenster. Zwar sehen Sie jetzt nicht besonders viel. Sie müssen sich vorstellen, im Frühling sprudelt hier ein Springbrunnen, man kann seinen Kaffee auf der Terrasse nehmen und all die herrlichen Rosen bewundern.«
    Katinka schlüpfte aus ihrem Mantel, legte ihn achtlos über eine Stuhllehne und setzte sich. Sie war mit Edith Hartmann so gut wie allein in dem riesigen Raum, ein Pärchen saß weiter hinten, still und ausgelaugt wie am Ende eines zu lange währenden, monotonen Streits. Sie bestellte einen Milchkaffee, Edith Hartmann orderte zwei Cognacs. Sie kannte den Kellner anscheinend, die beiden blinzelten sich zu.
    »Nur zum Aufwärmen«, sagte Edith freundlich. »Sie sehen ganz schön durchgefroren aus.«
    »Bin ich auch«, gab Katinka zu. »Aber ich muss noch fahren.«
    »Sie stammen nicht aus Coburg?«
    »Nein. Ich bin nur wegen Frank Mendel hergekommen. Er war doch ganz beliebt in der Agentur, oder?«
    Edith Hartmann legte die Getränkekarte beiseite, rückte an ihrer Brille und sagte:
    »Beliebt? Es würde ja ins Bild passen, wenn er Ihnen gegenüber alles so hingestellt hätte, als wäre er der geschätzte Kollege. Aber dem ist nicht so.«
    Sie begann, in ihrer Handtasche zu kramen. Ein Modell wie aus den Fünfzigern, dachte Katinka, die werden jetzt wieder modern.
    »Nicht?«
    Edith Hartmann verzog das Gesicht zu einem spöttischen, ironischen

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